Flug

Es lohnt sich, bei den Flugtarifen genau hinzuschauen - und frühzeitig zu buchen. Bild: AdobeStock

«Längerfristig lassen sich durchaus vernünftige Flugpreise finden»

Die Flugpreise sind in diesem Jahr aus unterschiedlichen Gründen deutlich gestiegen. Doch wird das hohe Flugpreis-Niveau längerfristig bestehen? Travelnews befragte hierzu Schweizer Consolidators.

Der nie um pointierte Aussagen verlegene Ryanair-Chef Michael O'Leary machte vor wenigen Tagen Schlagzeilen, als er festhielt, dass die Zeit der Ultra-Billigtickets auf mehrere Jahre hinaus «abgelaufen» sei. Dies, verbunden mit einem klar nachweisbaren Preisanstieg bei den Flugtarifen in diesem Sommer, mit einer anhaltenden «Zukunftsangst» infolge Krieg und Inflation sowie den anhaltend hohen Treibstoffpreisen verleitet die Öffentlichkeit dazu, auch längerfristig mit hohen Flugpreisen zu rechnen.

Doch ist dem wirklich so? Liest man genau, so sieht man etwa bei O'Leary, dass er nur vom Ende der 1-Euro-Flüge spricht; der durchschnittliche Tarif bei Ryanair werde von aktuell 40 auf wohl 50 Euro steigen. Das ist noch nicht gerade Wucher... Und liest man beispielsweise den Geschäftsreise-Report von CWT (Travelnews berichtete) genau durch, merkt man, dass die stark steigenden Flugtarife eigentlich nur die Preissenkung der Pandemiejahre wettmachen, im Schnitt aber wohl noch unter dem Niveau von 2019 verbleiben dürften.

Am nächsten verfolgen die Consolidators die Entwicklung der Flugtarife. Travelnews hat bei einigen nachgefragt, wie sie die mittelfristige Entwicklung sehen.

Keine Rückkehr zu anhaltend hohen Ticketpreisen

«Die Flugtickets waren in diesem Sommer im Schnitt um 20 Prozent teurer, wegen weiterhin eingeschränkten Destinationen, hoher Nachfrage und gestiegenen Ölpreisen», hält Andreas Gantenbein (Geschäftsführer Aerticket Suisse AG) fest. Grob gesagt gehe aus den eigenen Zahlen hervor, dass die durchschnittlichen Passagierzahlen global noch deutlich unter dem Niveau von 2019 seien, die Revenue jedoch teilweise klar darüber: «Das Yield-Wachstum pro Passagier betrug in diesem Sommer teils 25 Prozent oder mehr», so Gantenbein.

Vor allem auf Europastrecken, aber auch auf Strecken nach Nordamerika seien die Preissteigerungen spürbar gewesen. Bei vielen anderen Langstreckenzielen habe es aber keine spürbare Veränderung der Tarifstruktur gegeben. Gantenbein denkt, dass das aktuelle Kundenverhalten den Airlines in die Hände spielt: «Es wird weiterhin kurzfrist gebucht und die stets etwas teurerer Nonstopflüge werden bevorzugt, ebenso wird mehr Premium - etwa Premium Economy - gebucht.» Dadurch steigt der durchschnittliche Erlös und aufgrund der hohen kurzfristigen Nachfrage können auch höhere Preise verlangt werden. Sobald aber die volle Kapazität bei allen Airlines zurück ist, und sofern der Ölpreis weiterhin wieder sinkt, erwartet Gantenbein eine Entspannung bei der Flugticket-Teuerung. «Das Vertrauen in den stabilen Flugplan ist noch nicht ganz vorhanden, doch wenn diese Angst weicht und wieder längerfristig gebucht wird, lassen sich durchaus auch vernünftige Flugpreise finden», so Gantenbein. Allerdings sei noch mit regionalen Unterschieden zu rechnen: Wer bereits jetzt Flüge im kommenden Frühling bucht, wird beispielsweise nach Namibia oder Punta Cana aktuell höhere Preise als gewohnt zahlen, für viele asiatische Ziele derweil eher tiefere. «Clever antizipieren» ist gefragt.

Sven Geissbühler, General Manager Ticketshop & Carshop bei DER Touristik Suisse, sieht auch keine generelle langfristige Rückkehr zu höheren Flugtarifen: «Die aktuell weltweit überdurchschnittlichen Flugpreise dürften nicht kurz-, aber mittelfristig wieder etwas sinken. Meiner Einschätzung nach ist dieser Schritt seitens Fluggesellschaften ab einem gewissen Zeitpunkt notwendig, um die Nachfrage hochzuhalten.» Auf das eingangs erwähnte Beispiel von Ryanair angesprochen, ergänzt er: «Wenn Ryanair darauf verzichtet, Flüge zukünftig zu Tiefstpreisen anzubieten, begrüsse ich das.»

Bei Hotelplan Suisse erklärt Mediensprecherin Tanja Pöll: «Die Flugpreise für das Jahr 2023 werden nach unserer Einschätzung tiefer sein als in diesem Jahr, denn wir gehen davon aus, dass die Flugkapazitäten erhöht werden. Zudem hat sich auch der Kerosinpreis wieder eingependelt. Dennoch raten wir unseren Kundinnen und Kunden, die Planung und auch die Buchung ihrer Ferien lieber frühzeitig zu tätigen. Bei Hotelplan Suisse ist es bereits jetzt möglich, die kommenden Sommerferien zu buchen.»

Was tun?

Man kann also festhalten, dass die aktuellen Preissteigerungen (Travelnews berichtete) reine «market economy» sind und nicht etwa künstlich erzeugt sind. Auch die Profis rechnen mit einer Entspannung bei den Flugtarifen, wobei sie selber Flugpreiserhöhungen nicht kritisch sehen. Von höheren Preisen können letztlich viel mehr Glieder der Wertschöpfungskette leben, angefangen bei fairen Löhnen für die Airline-Mitarbeitenden bis hin zu vernünftigen Entschädigungen für den Vertrieb. Doch die Realität dürfte die sein, dass mit steigendem Konkurrenzdruck die Preise wieder sinken. Hoch bleiben sie da, wo Monopolstellungen bestehen.

Auch eine Ryanair bewegt sich nicht in einem Vakuum und wird die Preise möglichst tief halten, wenn auch vielleicht nicht gerade bei 1 Euro. O'Leary glaubt zudem, dass die Konsumenten weiterhin oft fliegen werden - hat hier jemand etwas von nachhaltigem Reisen gesagt? - und dass sie deshalb etwas preisbewusster werden, sprich, wieder verstärkt auf Low-Coster achten werden. Man könnte auch sagen, dass die Schere weiterhin bestehen bleiben wird: Je mehr Convenience (Nonstop, Umbuchbarkeit, Bord-Annehmlichkeiten), desto höher der Preis, doch wird es auch künftig für den «blutten» Flug Tiefstangebote geben. Ein Blick auf die Ryanair-Website bringt jedenfalls keine nennenswerten Preissteigerungen zutage.

Wer am meisten aus seinen Ferien herausholen möchte, der sollte also bald schon wieder die nächste Sommerreise planen. Zumindest für Langstreckenziele lohnt sich das bereits jetzt. Ob jemand allerdings jetzt schon seinen Heraklion-Flug für den Sommer 2023 bucht, ist eher zweifelhaft. Den besten Zeitpunkt für eine Reise zu einem bestimmten Ziel zu finden, ist schwierig - eigentlich Sache von Profis, welche wissen, wie das Yield-Management von Airlines funktioniert.  

(JCR)