Flug

Airlines sehen sich deutlich höheren Kosten ausgesetzt: ob bei Kerosin, Personal, Flughafenhandling oder Zulieferern. Bild: TN

Gute Frage Was ist bloss mit diesen Flugtarifen los?

Gregor Waser

Ob Kurz-, Mittel- oder Langstrecke: in den nächsten Monaten kosten Flugtickets so viel wie noch nie in den letzten 20 Jahren. Wieso ist das so? Bleibt das so?

Im letzten Jahrzehnt sind die weltweiten Flugtarife in den Keller gefallen: ab Zürich nach Barcelona oder Berlin für 79 Franken, nach Palma oder Las Palmas für 199 Franken, nach New York oder Bangkok für 590 Franken, nach Sydney für 1090 Franken. Solche Flugtarife in den tiefsten Buchungsklassen fand man haufenweise in den Jahren 2017, 2018, 2019.

Und wie teuer ist das Fliegen heute? Wer aktuell bei Airlines oder Flugticketshops nach den günstigsten Flügen in den kommenden Monaten sucht, erhält solche Preisbeispiele (ab Zürich, in Franken):

  • Berlin, Easyjet, 14. bis 21. August, 267.-
  • Palma, Helvetic Airways, 9. - 16. Oktober, 422.-
  • Las Palmas, Edelweiss, 7. bis 21. Oktober, 635.-
  • New York, United, 1. - 15. September, 962.-
  • Lima, KLM, 1. - 15. Oktober, 1381.-
  • San José, Edelweiss, 7. - 28. Oktober, 1373.-
  • Bangkok, Swiss, 1. - 15. November, 838.-
  • Sydney, Emirates, 1. - 15. November, 1649.-

Unter dem Strich lässt sich sagen: die günstigsten verfügbaren Flugtarife liegen aktuell um 30 bis 50 Prozent höher als vor der Pandemie.

Wieso ist das so? Bleibt das so? Was ist davon zu halten? Travelnews hat mit zwei Airline-Managern über die publizierten Tarife gesprochen und sich das Preisbild erklären lassen.

Hohe Kosten, grosse Nachfrage

Die Flugpreise werden von zwei Elementen bestimmt: von der Kostenseite und von der Ertragsmöglichkeit (Angebot/Nachfrage). Beide Faktoren treiben die Preise aktuell nach oben.

Die Produktionskosten sind sehr hoch wegen dem teuren Kerosin, wegen höheren Personalkosten, Flughafenhandling und Zulieferungskosten, etwa beim Catering. Diese Kosten sind signifikant höher als noch 2018 und 2019, das muss zu einer Verteuerung führen.

Bei der Ertragsseite gilt es vorab einen wichtigen Umstand zu berücksichtigen: in den letzten 12 Monaten haben unzählige Reisende einen Flug gebucht, konnten diesen aber wegen Einreiserestriktionen nicht antreten, dafür gratis für ein späteres Reisedatum umbuchen, auch in den tiefsten Buchungsklassen. Die Airlines haben nun das Problem, dass diese zu Tiefstpreisen eingegangen Buchungen nun auch in der Hochsaison und trotz deutlich höheren Produktionskosten abgeflogen werden.

Somit sind die tiefsten Buchungsklassen (Economy Light, Saver, Smart, Basic oder wie sie heissen) oft schon ausgebucht, zugepflastert von «alten» Buchungen. So kämpft nun die Airline mit dem Problem, dass bis zu einem Drittel der Passagiere viel zu günstig fliegt.

Die Zeche zahlen nun jene Passagiere, die neu buchen. Wer spät bucht, zahlt erheblich mehr. Der Umstand, dass die Nachfrage aktuell sehr gross ist, lässt die Airlines von dieser Mischrechnung nicht abkommen.

Je früher buchen, desto besser

Heisst das, dass die Airlines die Leute abzocken? Nein. Sie haben mit deutlich höheren Kosten zu kämpfen und müssen diese absorbieren. Und sie sehen sich eben diesem Grundstock an Tickets, die sie in der Covidzeit verkauft haben, ausgesetzt. Sie können gar nicht anders und sehen sich angesichts der enormen Nachfrage auch nicht gezwungen, dass nun deutlich höhere Preisgefüge zu ändern.

Doch wie entwickeln sich die Flugtarife weiter? Der Herbst, wie wir von Reiseveranstaltern und Airlines hören, ist noch nicht übermässig gut gebucht. Aktuell lassen sich noch vereinzelt Tiefpreise finden. Unsere Empfehlung: je früher buchen, desto besser. Denn kurzfristig dürften sich die Herbstpreise Richtung Mittelmeer und die Langstreckentickets an Hochsaison-Daten im Winter deutlich nach oben bewegen.

Die Zeiten der absoluten Tiefpreise scheint jedenfalls vorbei. Sogar Preisdumper und Ryanair-Chef Michael O'Leary hat jüngst eingeräumt, dass die Flugtarife raufgehen werden. Und von einer anderen preisaggressiven Airline, Wizzair, hört man, dass diese kaum einen Tropfen Kerosin abgesichert habe und somit in den nächsten Monaten die hohen Treibstoffkosten 1:1 in die Preisgestaltung übernehmen müsse.

So what! Mögen sich Berlin-, Amsterdam- und Palma-Vielflieger derzeit die Augen reiben, ob doppelt so hoher Flugtarife wie noch vor wenigen Jahren. Unter dem Strich ist das Fliegen auch auf dem neuen Level immer noch günstig. Ein Blick zurück in die 90er-Jahre und auf die damaligen Flugtarife zeigt: Zürich - Berlin kostete um die 350 Franken, Zürich - New York 1290 Franken, Zürich - Bangkok 1590 Franken und Zürich - Sydney 2290 Franken.

In Zeiten von Overtourism, angespannter CO2-Situation und knappen Verdienstmöglichkeiten der Airlines und des Vertriebs, bewegen sich die aktuellen Flugtarife jedenfalls in Richtung eines gesünderen Niveaus – und dürften vorerst dort bleiben. Der Reisende wird das mit einem Schulterzucken zur Kenntnis nehmen, sein Reisebudget neu sortieren – und die nächste Reise planen.