Flug

Rund 100 Flüge ab Zürich und Genf wurden am Mittwoch annulliert, viele weitere mussten wegen der Skyguide-Panne umgeleitet werden. Bild: flightradar24

Der folgenschwere Ausfall der Flugsicherung

100 Flüge und 7000 Passagiere blieben nach der Skyguide-Panne am Boden. Wie kam es dazu? Und wird Fliegen immer stressiger? Eine Nachbetrachtung.

Über vier Stunden lang war der Schweizer Luftraum gestern komplett gesperrt, von 4 Uhr bis 8.30 Uhr. Die Panne bei Skyguide lähmte den morgendlichen Luftverkehr komplett. Rund 100 Flüge wurden annulliert, viele weitere mussten umgeleitet werden. Über 7000 Passagiere blieben verärgert am Boden stehen, viele weitere landeten mit dickem Hals in München, Mailand oder Wien statt in Zürich.

Eine Hardwarekomponente soll den Geist aufgegeben haben, heisst es seitens Skyguide, die Abklärungen laufen auf Hochtouren, wie es zu diesem Komplettausfall kommen konnte. Die vereinfachte Erläuterung von Skyguide, dies sei wie bei einem Auto, wenn die Zündung oder Batterie defekt ist, schliesst künftige Ereignisse solcher Art nicht gerade aus.

Pannenanfälliger Flickenteppich

Klar, vernetzte Systeme sind pannenanfällig. Und wie immer, wenn es zu Problemen bei der Flugsicherung kommt, weisen Airline-Experten darauf hin, dass eine vertiefte Zusammenarbeit der Länder und europäischen Flughäfen für Abhilfe vieler Probleme sorgen könnte. Doch der Himmel über Europa ist und bleibt seit Jahrzehnten ein Flickenteppich. Daran wird sich aus Hoheitsgründen auch künftig nichts ändern.

Unbedingt vorwärts treiben sollte Skyguide nun aber das Projekt «Virtual Centre», bei dem es um die Harmonisierung der operationellen Verfahren geht. Der ganze Luftraum der Schweiz soll dabei ortsunabhängig überwacht werden können. Am Projekt getüftelt wird seit 2011. Gemäss dem Skyguide-Jahresbericht dürfte sich die Umsetzung des Projekts aber noch bis 2027 hinziehen. Zu hoffen ist, dass nach dem gestrigen Chaos einen Gang hochgeschaltet wird.

Alles wie am Schnürchen?

Nachdem in den beiden Coronajahren 2020 und 2021 insgesamt nur noch rund ein Drittel der Flugbewegungen am Himmel erfolgten, haben wir in diesem Frühsommer das Rekordlevel des Jahres 2019 schon fast wieder erreicht. Der Nachholbedarf bei Reisenden ist riesig. Und die Erwartung ebenso, dass nun wieder alles wie am Schnürchen klappen sollte wie in Vor-Coronazeiten.

Doch in diesem Jahr sollten sich Reisende mehr denn je bewusst sein, dass die internationale Fliegerei komplex, verzahnt und fragil ist. Ob bei Flugsicherung, Flughäfen, Airlines, Reiseveranstaltern, Reisebüros: überall galt es die Systeme und Personaleinsätze von 100 auf 0 bis 30 runterzufahren, um sie dann mehr oder weniger über Nacht wieder auf Hochtouren laufen zu lassen. Dass da beim Hochfahren eine Zündkerze ausfällt oder sich Lücken in den Personaleinsatzplänen zeigen, ist absehbar. Entsprechend abenteuerlich ist die Erwartungshaltung, dass das Herumfliegen, wie man es sich über Jahre hinweg gewohnt war, wie am Schnürchen klappen sollte.

(GWA)