Flug

Airbus fürchtet einen Boykott von russischem Titan, das beim Triebwerksbau benötigt wird. Bild: adobe stock

Die Sorgen der Flugzeugbauer

Der Ukraine-Krieg setzt der Luftfahrbranche zu. Airbus fürchtet einen Boykott von russischem Titan. Boeing bangt um Aufträge für mehr als hundert Flugzeuge.

Der US-Luftfahrtkonzern Boeing strich im ersten Quartal 141 bestellte Jets aus seinem Orderbuch. Grund dafür sei einem Sprecher zufolge der Ukraine-Krieg und die damit zusammenhängenden westlichen Sanktionen gegen Russland. Die Bestellungen seien laut eines Sprechers noch nicht verloren. Doch Aufträge von Kunden in der Region seien nun ungewiss. Boeing ist laut cash.ch dennoch auf Jahre ausgebucht. Im März erhielt das Unternehmen 38 neue Aufträge für Flugzeuge und übergab 41 fertige Jets an seine Kunden.

Airbus braucht russisches Titan

Konkurrent Airbus lieferte im März 63 Verkehrsflugzeuge aus. Konzernchef Guillaume Faury warnt derweil westliche Staaten davor, Titan auf die Boykottliste zu setzen. Was für Russland nur ein Nadelstich sei, wäre für die europäische Luftfahrtindustrie ein schwerer Schlag. Titan ist ein Schlüsselmaterial im Flugzeugbau. Gemäss aero.de deckt Europas Luftfahrtindustrie die Hälfte ihres Bedarfs in Russland. Das Leichtmetall ist temperatur- und korrosionsbeständig. Es wird beim Flugzeugbau dort gebraucht, wo grosse Belastungen entstehen, zum Beispiel bei Triebwerksaufhängungen, Fahrwerken, Tragflächen und Motoren.

Russland ist ein wichtiger Titan Lieferant, von denen es weltweit nur wenige gibt. Airbus-Manager hatten schon während der Krim-Besetzung durch die Russen 2014 gemahnt, man müsse sich von der Abhängigkeit befreien. Für die kommenden Monate habe das Unternehmen noch einen ausreichenden Lagerbestand als Reserve. Airbus bezieht vom russischen Lieferanten VSMPO-Avisma rund die Hälfte des benötigten Titans.

Boeing setzt Titan Käufe aus Russland aus

Boeing hingegen bezieht seit Kriegsbeginn Anfang März kein Titan aus Russland mehr. Sein Versorgernetz habe das Unternehmen in den vergangenen Jahren breiter aufgestellt. «Unser Bestand und die Vielfalt der Titanquellen bieten eine ausreichende Versorgung für die Flugzeugproduktion», erklärte ein Konzernsprecher. Boeing und VSMPO-Avisma betrieben das Gemeinschaftsprojekt Ural Boeing Manufacturing. Im November 2021 hatten sie noch vereinbart, dass die Russen auf Jahre der grösste Titan-Lieferant für Boeing-Verkehrsflugzeuge bleiben sollen.

VSMPO-Avisma ist der weltweit grösste Titan Lieferant und gehört zum staatlichen Rostec-Konglomerat. Rostec-Chef Sergej Tschemesow soll Russlands Präsident Wladimir Putin nahestehen und ist persönlich mit US-Sanktionen belegt. Andere Titan Lieferanten neben VSMPO-Avisma sind Timet, ATI und RTI aus den USA sowie Toho Titanium aus Japan. Doch den Bezug aus Russland innerhalb der kommenden Monate vollständig durch andere Quellen zu ersetzen, gilt in Luftfahrtkreisen als schwierig.

(ISR)