Flug

Annullierungen - auch wenn sie rechtens erfolgen - lösen immer viel Frust und Folgearbeit aus. Bild: AdobeStock

Spürbare Auswirkungen des Personalmangels

Die Ostersaison steht an, und es grassiert nochmals eine Krankheitswelle. Wie akut ist die Gefahr, dass die Wartezeiten am Flughafen länger werden und auch Flüge kurzfristig annulliert werden? Und welche rechtliche Handhabe hat man da?

Die Fragezeichen werden grösser, inwiefern an Ostern und im Hochsommer die zu erwartenden hohen Passagierströme bewältigt werden können. Denn es zeichnet sich in diesen Tagen ein unvorteilhafter Cocktail ab.

Nach zwei pandemiegeprägten Jahren ist die Reiselust überaus gross, die Reisehürden an viele Ferienziele sind gefallen, Reisebüros verzeichnen in diesen Tagen einen hohen Buchungseingang. Gleichzeitig fahren die Airlines ihre Flugpläne wieder hoch, bauen diesen deutlich aus - und bewerben das grosse Angebot mit Salesaktionen, wie die Swiss am vergangenen Wochenende.

Doch die Frage ist: Kann das alles bewältigt werden? Denn die Personalengpässe sind weiterhin gross, wie Travelnews berichtet hat. Flughäfen, Airlines, Hotels und Reisebüros haben sich in den letzten zwei Jahren von vielen Mitarbeitenden getrennt. Nach dem touristischen Restart wieder genügend Personal im Einsatz zu haben, lautet die Herausforderung der Stunde. Und am übernächsten Wochenende ist Ostern.

Was sagt der Flughafen Zürich zur Herausforderung Ostern? Dazu Sprecherin Elena Stern: «Grundsätzlich sind genügend Mitarbeitende bei Swissport für den Check-in-Bereich vorhanden und werden über Ostern eingesetzt. Nichts desto trotz erwarten wir während den Abflugspitzen über Ostern und in den Frühlingsferien verlängerte Wartezeiten. Die Kontrolle der Covid-Reisebestimmungen und -Dokumente führt dazu, dass am Check-in rund viermal mehr Zeit benötigt wird, was in Kombination mit dem höheren Passagieraufkommen ein grösserer Aufwand als vor der Pandemie bedeutet.»  Als Passagier könne man mithelfen, die Wartezeiten zu verkürzen, indem man sich vorab gut über die geltenden Bestimmungen im Zielland informiert und die erforderlichen Dokumente am Check-in bereithält.

Was hohes Passagieraufkommen bei fehlendem Personal an Flughäfen und bei Airlines bewirken kann, zeichnet sich in diesen Tagen in England ab - dort kommt erschwerend hinzu, dass kurzfristig viele Angestellte wegen Corona ausfallen. Am Wochenende stauten sich nun die Passagiere in Manchester, viele verpassten ihre Flüge. Und auch Easyjet musste nun die Reissleine ziehen. Der britische Billigflieger hat wegen einer Corona-Infektionswelle in der Belegschaft seit dem Wochenende mehr als 200 Flüge gestrichen. 60 weitere Flüge wurden am Montag annulliert. Auch heute Dienstag ist noch mit Problemen zu rechnen.

Vor allem wurden Easyjet-Flüge zu Zielen gestrichen, die mehrmals am Tag angeflogen. Somit könnten betroffene Passagiere in den meisten Fällen noch am selben Tag einen neuen Flug buchen, versichert die Airline. Möchten die Passagiere nicht umbuchen, haben sie auch die Möglichkeit, einen Gutschein oder eine Rückerstattung zu beantragen.

Von einer interessanten Entwicklung berichtet die Zeitung «Independent». Sie schreibt von enorm angehobenen Ticketpreisen auf gewissen Airline-Kurzstrecken. Damit sollten Passagiere offensichtlich von Buchungen abgehalten werden. Eine neue Entwicklung.

Passagiere im Stich gelassen

Unschön ist aber vor allem die Vorgehensweise einiger Airlines im Fall von Annullierungen. Da erhält man einfach eine Mail mit dem Inhalt «Ihr Flug XY123 wurde gestrichen. Bitte prüfen Sie nachfolgend, was Sie selbst tun können.» Während ein Reisebüro in solch einem Fall eine kostenfreie Umbuchung als «involuntary rebooking» hinkriegt, laufen viele Direktbucher in die Falle und buchen eigenhändig ihr Ticket um, wofür möglicherweise deutlich höhere Kosten auf dem Alternativflug anfallen.

Ein Umstand, den auch Philipp Strässle vom Fluggastportal Airhelp bekannt ist: «Airlines brillieren hier im Vertreten ihrer eigenen Interessen und der Kundenservice bleibt auf der Strecke. In der Regel wird bezüglich Rescheduling streng nach Buchungstarif gehandelt, was in der Praxis bedeutet, dass die allermeisten Passagiere kein Recht haben auf ein kostenfreies Umbuchen. Normalerweise sind solche Umbuchungen nur bei entsprechend teureren Tickets möglich.» Es ist nämlich so, dass Airlines bis 14 Tage vor Abflug rechtmässig annullieren können und in diesem Fall dem Passagier lediglich einen vollständigen Refund schulden. In der Praxis werden aber die meisten Passagiere nicht einfach verzichten, sondern eine Umbuchung anstreben, weil sie gebuchte Leistungen am Zielort wie Unterkunft, Mietwagen, Transfer oder Ausflüge absagen müssen, und zuhause organisatorische Schritte (Betreuung von Haustieren, Pflanzen, Kindern; Annullierung Ferieneingabe etc.) bewältigen müssen. Da nimmt man die 300 Franken Aufpreis für die unfreiwillige Umbuchung schnell mal hin. «Leider sind die Passagiere solchen Annullierungen mehr oder weniger ausgeliefert», erklärt Strässle, «es gibt keine Möglichkeit, dieser Praxis zu entkommen, ausser dass vielleicht auch für einen Ferienflug ein Linienflug gewählt wird, welcher tagtäglich so oder so stattfindet und nicht zusätzlich ins Programm aufgenommen wurde wegen der erwarteten hohen Nachfrage.»

Sollte die Annullierung innerhalb von weniger als 14 Tagen vor Abflug kommuniziert werden - was im Falle kurzfristiger Personalengpässe bei einer Airline infolge von Krankheiten durchaus möglich ist - hätte der Passagier zumindest Anrecht auf eine Entschädigung zusätzlich zum Refund. Dies gilt übrigens auch, wenn der Flug umgebucht wird, die An- und Abflugszeit aber nicht innerhalb von einem Zeitfenster von wenigen Stunden liegt im Vergleich zum ursprünglichen Flug. In vielen Fällen ist der Passagier somit anspruchsberechtigt, obwohl er einen Ersatzflug erhalten hat.

Vorerst wird sich weisen, wie das Ostergeschäft mit der erhöhten Flugnachfrage läuft. Strässle selber hat auch bereits Erfahrungen gemacht, am Flughafen Genf, wo jüngst beim Sicherheitscheck ganze Kontrollzeilen inmitten der Stosszeit nicht besetzt waren, angeblich aus Personalmangel...

(JCR/GWA)