Flug
Gute Frage Sind nachträgliche Treibstoffzuschläge überhaupt zulässig?
Nina WildAuf bereits ausgestellte und bezahlte Flugticktes von diversen Flugpartnern des Reiseveranstalters Hotelplan Suisse werde zukünftig kein nachträglicher Treibstoffzuschlag erhoben, kündigte das Unternehmen kürzlich in einer Mitteilung an. Diese Ankündigung erfolgte, nachdem der Erdölpreis in den vergangenen Wochen seit des Ukraine-Konflikts und den verhängten Sanktionen von westlichen Staaten gegen Russland in die Höhe schellte.
Die nachträgliche Erhebung von Treibstoffzuschlägen sorgt nun auch für Verunsicherung in der Branche. Ist eine Nachzahlung für bereits gebuchte und bezahlte Flugtickets überhaupt zulässig? Oder müsste die Fluggesellschaft allfällige Teuerungen nicht in ihrer Risikoplanung berücksichtigen, wenn sie die Tarife festlegt?
Hotelplan-Mediensprecherin Bianca Gähweiler erklärt auf Anfrage zu den Beweggründen der Mitteilung: «Der Erdölpreis ist aktuell äusserst volatil. Die Beförderungsbestimmungen der Airlines lassen Interpretationsspielraum offen bezüglich der nachträglichen Treibstoffzuschläge. Wir sahen uns deshalb verpflichtet, im Sinne unserer Kundinnen und Kunden die Abklärungen zu treffen.» Auch bei TUI Suisse und DER Touristik Suisse werden nachträglich keine Zuschläge erhoben, wie beide Unternehmen auf Anfrage von Travelnews sagen.
«Grundsätzlich gilt zwischen bereits ausgestellten Tickets und Reservationen (ohne Ticket) zu unterscheiden», erklärt Nick Gerber, Head of Procurement bei Globetrotter Travel Service AG, «wurde ein Flugticket ausgestellt und bezahlt, ist das die Garantie für den Preis und die Bedingungen. Nachträgliche Zuschläge für den Treibstoff sind also nicht zulässig.» Wurde im System nur eine Reservation gemacht, aber noch keine Tickets dazu ausgestellt, gibt die Fluggesellschaft in den meisten Fällen eine Frist für den definitiven Kaufentscheid und Ticketausstellung. Kommt es innerhalb dieser nicht zum definitiven Kauf, kann die Airline den Tarif, die Zuschläge und den Preis anpassen. Wichtig zu beachten sei auch, dass nach dem Kauf eines Tickets bei Umbuchungen die höheren Tarife verrechnet werden können.
«Ein steigender Treibstoffpreis hat keinen Einfluss auf bereits bestehende Verträge»
Die Stiftung für Konsumentenschutz der Schweiz hat eine klare Meinung zum Thema. Lucien Jucker ist Jurist bei der Stiftung und erklärt auf Anfrage: «Die Fluggesellschaften sind in ihrer Preisgestaltung frei – das beinhaltet die Kalkulation von Risiken wie steigende Treibstoffkosten. Versäumen sie das oder verkalkulieren sie sich, hat ein steigender Treibstoffpreis keinen Einfluss auf bereits bestehende Verträge. Nachdem der Vertrag abgeschlossen wurde, ist die Fluggesellschaft an den Vertrag gebunden. Denn: Grundsätzlich müssen Verträge eingehalten werden. Eine gesetzliche Grundlage für eine Abänderung des Vertrages gibt es nicht. Auch eine richterliche Anpassung des Vertrags wird nicht gelingen – dafür sind die Zusatzkosten zu gering und eine Veränderung von Treibstoffpreisen zu vorhersehbar. Somit ist das Einfordern eines nachträglichen Treibstoffzuschlags durch Airlines unzulässig.»
Dies gelte übrigens auch dann, wenn die Airline ihre Route anpassen muss - zum Beispiel wegen des Flugverbotes über Russland bei Reisen nach Südostasien. «Auch beim Routing ist unserer Meinung nach kein Zuschlag zulässig. Es ist klar, dass längere Flugzeiten auch mehr Kerosinverbrauch bedeuten. Dennoch: Es kommt im Flugverkehr immer wieder zu Umleitungen oder Verzögerungen an Flughäfen, die zu einem höheren Kerosinverbrauch führen. Solche Risikofaktoren muss eine Airline unserer Meinung nach in ihren Preisen einkalkulieren», hält Jucker fest.
Und was können betroffene Passagiere tun, wenn die Airlines trotzdem einen nachträglichen Treibstoffzuschlag geltend machen wollen? «Betroffenen Konsumentinnen und Konsumenten raten wir dringend, solche nachträglichen Treibstoffzuschläge nicht zu bezahlen und die Airline auf den abgeschlossenen Vertrag hinzuweisen. Eine Grundlage für die Einforderung solcher Zuschläge gibt es nicht», so Jucker.