Flug

Einmal voll bitte: Das kostet im PKW ebenso wie im Flugzeug derzeit deutlich mehr. Bild: AdobeStock

Fliegen wird wohl teurer

Eine der spürbaren Konsequenzen des Ukraine-Kriegs sind die steigenden Ölpreise. Die Airlines müssen sich auf happige Mehrkosten einstellen - die möglicherweise auf die Konsumenten überwälzt werden müssen. Eine Scope-Analyse hat sich mit diesem Thema beschäftigt.

Das menschliche Leid steht beim Ukraine-Krieg klar im Vordergrund. Aber direkt spürbar ist für andere Länder primär der steigende Ölpreis. Dies wiederum schafft für die Airlines und die Tourismusbranche, welche sich erst gerade langsam aus dem Pandemie-Tief bewegen, neue Probleme.

Die Treibstoffpreise sind aktuell so hoch wie seit 2014 nicht mehr. Das ist vor allem für jene Fluggesellschaften, welche keine nennenswerten Absicherungen (Hedging) abgeschlossen haben, ein grosses Problem. Da Russland einer der weltweit grössten Öl- und Gas-Produzenten ist, reagieren die Märkte nervös, d.h. die Rohstoffpreise dürften längerfristig hoch bleiben. Für Airlines ist derweil Treibstoff nebst den Löhnen der klar grösste Kostenfaktor. Vereinfacht gesagt: Je höher der Treibstoffpreis, desto niedriger die Rentabilität. Denn alles kann, gerade in einem harten Konkurrenzumfeld, nicht auf die Konsumenten überwälzt werden.

Airlines sichern sich üblicherweise gegen Schwankungen des Ölpreises mit dem erwähnten Hedging ab. Dabei werden bestimmte Menge Kerosin zu vorher festgelegten Preisen mit Hilfe von Swaps, Termingeschäften und Kaufoptionen eingekauft. Der übliche Zeithorizont beträgt ein, manchmal auch zwei Jahre oder länger. Während der Pandemie nun wurde, wegen der niedrigeren betrieblichen Auslastung vieler Flugzeuge, nicht benötigter Treibstoff vergleichsweise teuer eingekauft. Deshalb änderten einige Fluggesellschaften ihre Strategien und setzten verstärkt Optionen ein bzw. nahmen nur noch quartalsmässige Fuel-Absicherungen wahr.

Jüngste Daten der Berliner Scope Group zeigen nun, dass die europäischen Fluggesellschaften, die ihre Absicherungsgeschäfte offenlegen, einen beträchtlichen Teil ihrer Treibstoffkosten kurzfristig abgesichert haben, aber deutlich weniger für später in diesem Jahr und für 2023. Einige Fluggesellschaften wie Wizz Air oder Norwegian haben die Absicherung gar ganz aufgegeben, und sind demnach potenziell deutlich höheren Treibstoffkosten ausgesetzt. Wenn die Ölpreise nicht bald wieder sinken, können diese Airlines ins Wanken kommen, oder müssen aber deutlich höhere Ticketpreise bzw. Treibstoffzuschläge verlangen, was für Low-Coster natürlich suboptimal ist.

Längere Flüge mit teurerem Treibstoff

Ein weiteres Problem sind die Flugverbotszonen. Das Umfliegen des ukrainischen Luftraums sorgt auf gewissen Strecken bereits für höheren Treibstoffverbrauch, dazu kann die Schliessung des russischen Luftraums - für gewisse Airlines bereits Realität - ebenfalls für Probleme, etwa im Verkehr mit Fernost, sorgen. In Europa haben die EU, das Vereinigte Königreich und die skandinavischen Länder bereits russische Flüge aus ihrem Luftraum verbannt. Russland wird dies wohl vergelten. Wer also viel über russischen Luftraum flog, muss folglich bald längere Strecken wählen. Russland ist das grösste Land der Welt, die Ukraine (Rang 45) auch nicht gerade klein. Mehr Treibstoffverbrauch bei gleichzeitig höheren Treibstoffkosten schafft einen unschönen Kosten-Cocktail für global aktive Airlines.

Nicht zuletzt weist Scope darauf hin, dass bei diversen europäischen Fluggesellschaften die unterschiedlichen staatlichen Unterstützungen auslaufen, welche über die Covid-Krise hinweghalfen. Ob neue Hilfe wegen steigender Treibstoffpreise gewährt wird, ist sehr fraglich. Gleichzeitig werden infolge einer seit längerem einsetzenden Inflation in vielen europäischen Ländern die Flughafengebühren wohl auch steigen.

Gut aufgestellt ist jetzt also, wer hohe Auslastungen auf einem vorsichtig geplanten Flugplan verzeichnet und gleichzeitig über treibstoffeffiziente Flugzeuge verfügt, die mit gut abgesichertem Treibstoff fliegen. Wer die gestiegenen Kosten direkt an die Konsumenten weiterleiten muss, riskiert derweil, Marktanteile zu verlieren. Martin Ebner hatte es im Rahmen der Medienkonferenz von Helvetic Airways gestern bereits angedeutet: Einige Airlines und auch Leasinggesellschaften könnten demnächst verschwinden. Denn der europäische Luftverkehrsmarkt leidet - immer noch - unter Überkapazitäten und einer langsamen wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie.

(JCR)