Flug

Patrick Heymann in den neuen Büroräumlichkeiten von Edelweiss im Circle: «Zu den bereits angekündigten neuen Zielen Bergen, Bilbao, Cork und Newquay kommen noch lässige Überraschungen hinzu.» Bild: TN

«Wir werden mehr neue Kurzstrecken-Destinationen für den Sommer 2022 ankündigen»

Jean-Claude Raemy

Edelweiss Air steigt mit stark erhöhten Flugprogramm ins Sommergeschäft 2022. Wie geht es der Airline aktuell und was darf man in den kommenden Monaten noch erwarten? Travelnews hat bei Patrick Heymann, Chief Commercial Officer der Edelweiss, nachgefragt.

Herr Heymann, unser letztes formelles Interview liegt fast genau zwei Jahre zurück – damals begann sich die Pandemie erst abzuzeichnen und war noch kein Interviewthema. Wie würden Sie jetzt, zurückblickend, die beiden letzten Jahre beschreiben?

Es gibt nur eine Beschreibung: Es war eine Achterbahnfahrt. Nicht nur eine Runde, sondern eine permanente, wiederholte Achterbahnfahrt. Wir sind jetzt in einer ruhigeren Phase, aber wir bleiben vorsichtig. Bislang war es immer «drei Schritte vor, zwei zurück». Wir hoffen, dass sich dieses Verhältnis nun verbessert.

Gab es auch Positives in der ganzen Misere?

Sehr erfreulich war sicherlich die Zusammenarbeit im Team, in sämtlichen Unternehmensteilen wie auch innerhalb der Geschäftsleitung. Wir sind stark zusammengewachsen. Es war für alle eine neue Erfahrung.

Gibt es ein «Learning», das Sie mitnehmen?

Ich habe gelernt, dass man auch aus kleinen Gelegenheiten einen Erfolg einzufahren versucht. Die Chancen und Risiken waren ganz anders als üblich verteilt. Wenn sich eine Gelegenheit für Geschäft ergab, musste man diese sogleich packen.

Können Sie hierfür ein Beispiel geben?

Im letzten Jahr hat das Vollcharter-Business deutlich zugelegt. Es gab also mehr Interessenten, welche gleich ganze Flugzeuge für sich beanspruchen wollten, was es zuletzt nicht mehr so oft gab. Ein Beispiel, das wir diesbezüglich kommunizierten, war die Zusammenarbeit mit Sauber Motorsports, für welche wir nun «Airline Priority Partner» für die Reisen zu Formel-1-Events sind.

«Der Direktvertriebs-Anteil von Edelweiss, das heisst Verkauf auf flyedelweiss.com, hat zuletzt deutlich zugelegt.»

Hat sich also der Verkaufsmix mehr hin zu Vollchartern bewegt?

Nein, das wollte ich damit nicht sagen. Es gab einfach diesbezüglich mehr Gelegenheiten. Aber man kann sagen, dass sich das Allotment-Geschäft mit den Prioritätspartnern verändert hat. Diese gehen im Flugbereich – analog zum Hotelbereich – weniger Risiken ein.

Ist folglich der Anteil Direktverkauf gestiegen?

In der Tat hat der Direktvertriebs-Anteil von Edelweiss, das heisst der Verkauf auf flyedelweiss.com, zuletzt deutlich zugelegt. Von früher etwa 10-15 Prozent ist dieser Kanal im Vertriebsmix auf 25-30 Prozent angewachsen. Das gab uns auch Anhaltspunkte, wonach die Schweizerinnen und Schweizer weiterhin reisen wollen.

Ich möchte aber betonen, dass wir mit den Trade-Partnern nicht viel weniger Geschäft haben; es hat sich einfach der Kanalmix verändert. Das hängt auch damit zusammen, dass die Trade-Partner verstärkt auf «Direct Connect» setzen und über solche Kanäle buchen. Das geht wie gesagt zulasten des Allotment-Geschäfts, aber es wird vor allem auch weniger über die GDS-Kanäle gebucht. Das Wachstum im Bereich Direct Connect strebten wir schon seit langem an, und dieser Prozess hat sich nun etwas beschleunigt.

Inzwischen gibt es vielerorts, gerade auch in der Schweiz, Lockerungen der Covid-Massnahmen und man kann wieder etwas optimistischer vorwärts blicken. Spüren Sie diesbezüglich bereits deutliche Effekte?

Ich sagte schon während der Pandemie, dass die Nachfrage mit den Reisebeschränkungen steht und fällt. Je weniger es davon gibt, desto mehr wird gereist; jede neue Reisebeschränkung – ob Test bei Heimreise, Quarantäne oder was auch immer – schaffte sofort Unsicherheit. Ja, wir haben schon einen grossen Effekt festgestellt, als die Testpflicht vor Rückreise in die Schweiz fallen gelassen wurde. Wenn noch weitere Beschränkungen fallen, wird dies sicher einen sofortigen Impact haben. Das sind übrigens keine Annahmen: Wir sehen immer bei solchen Lockerungs-Ankündigungen einen sofortigen Zulauf bei den Buchungen.

Das beschränkt sich zudem nicht auf kurzfristige Buchungen für die nächsten Wochen. Es wird auch für die Sommerferien schon wieder fleissig gebucht. Die Kundschaft fasst wieder Vertrauen.

Werden nun die Annahmen für die bevorstehende Sommersaison angepasst?

Wir beobachten die Lage sehr genau, aber es wäre verfrüht, schon jetzt die Annahmen anzupassen. Die Lockerung des Testregimes vor Rückreise wurde vor weniger als drei Wochen kommuniziert.

«Die Kundschaft fasst wieder Vertrauen.»

Die Anzahl Flüge auf der Kurz- und Mittelstrecke werden im Sommer 2022 laut Ihrer Ankündigung von Ende November im Vergleich zum Sommer 2021 um 16% erhöht, das Langstrecken-Programm gar um 185%. Stimmen diese Zahlen noch?

Diese Zahlen treffen immer noch zu und sie unterstreichen, wie ambitiös unser Sommerprogramm ist. Wir haben in unseren Hauptverkehrsgebieten, allen voran in Richtung Kanaren und Griechenland, deutlich an Kapazität zugelegt. Wir rechnen, wie bereits schon im Vorjahr, mit einem starken Sommergeschäft.

Wäre es denn möglich, bei stark steigender Nachfrage «noch eine Schippe obendrauf» zu stellen, also das Angebot weiter auszubauen?

Zusätzliche Kapazitäten stehen im Moment nicht zur Diskussion. Wir sind auf der Kurzstrecke gut aufgestellt, bieten mehr Kapazität als 2019 an. Anders als in den beiden letzten Jahren fliegen wir diesen Sommer auch wieder in die USA und nach Kanada – nach Las Vegas, Tampa, Denver, Vancouver und Calgary. Das Langstreckengeschäft wird also auch deutlich anziehen. Zuerst einmal wollen wir dies alles sauber durchführen.

Ich darf allerdings verraten, dass wir, voraussichtlich noch im Februar, mehrere neue Kurzstrecken-Destinationen für das Sommerprogramm ankündigen werden. Sprich, zu den bereits angekündigten neuen Zielen Bergen, Bilbao, Cork und Newquay kommen noch «lässige Überraschungen» hinzu. Mehr darf ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht verraten. Klar ist jedoch: Diese werden nicht etwa mit neuen Flugzeugen bedient, sondern mit bestehenden Kapazitäten.

Sie haben also doch noch Reserve in der Kapazität, um für solche Überraschungen zu sorgen…

Wir können opportunistisch sein und sind flexibel genug, da und dort, wie sie sagen, «noch eine Schippe obendrauf» zu legen.

Sprechen wir mal über die aktuelle Wintersaison. Auf dem Flughafengelände, das man aus den neuen Edelweiss-Büros wunderschön sieht, stehen einige Edelweiss-Maschinen herum…

Das Wintergeschäft war bzw. ist, Omikron-bedingt, sehr schwierig. Am 26. November kündigte das Bundesamt für Gesundheit quasi über Nacht die Wiedereinführung der Quarantäneliste an, welche sich rasch massiv ausweitete. Schon wenige Tage später wurde die Quarantäneliste zwar wieder aufgehoben, doch dieser Schritt hatte zur Konsequenz, dass wir im Dezember praktisch keine Neubuchungen verzeichneten und lediglich mit den jeweiligen Füllständen flogen. Anfangs Januar war dann weiterhin «Saure-Gurken-Zeit». Seit der Aufhebung der Testpflicht vor Rückreise sind wir aber, wie bereits angetönt, wieder ordentlich unterwegs.

Bis Ende März wird das Wintergeschäft aber wohl nicht mehr gerettet…

Wir hoffen schon, dass jetzt während den Sportferien noch viele auf die Kanaren oder nach Ägypten wollen! Klar, bislang waren die Vorausbuchungen für Februar sehr niedrig, aber wir rechnen noch mit sehr vielen Kurzfristbuchungen. Der März entwickelt sich dafür ganz schön; es ist aber ein Übergangsmonat, zwischen den Sportferien im Februar und den Frühlingsferien im April.

«Seit der Aufhebung der Testpflicht vor Rückreise sind wir wieder ordentlich unterwegs.»

Muss Edelweiss proaktiv werden, marketingseitig, oder kommt die Kundschaft von alleine zurück?

Wesentlich als Ferienfluggesellschaft ist primär das breite Angebot. Das ist unser stärkstes Argument. Wir wollen reisewilligen Personen möglichst viele Optionen anbieten, weshalb wir die Flugpläne nun hochfahren und beispielsweise Heraklion, Antalya oder Larnaka bereits ab März wieder bedienen. Wir eröffnen also sozusagen die Sommersaison schon früh, bieten aber parallel dazu noch klassische Winterziele wie eben die Kanaren und Ägypten oder auch die Karibik und Südafrika. Natürlich werden wir das im Frühling nochmals mit Marketing- und Kommunikationsmassnahmen unterstützen. Leider war das Timing unserer letzten grossen Kampagne für die US-Ziele im Dezember 2021 wegen den bereits erwähnten plötzlichen Omikron-bedingten Massnahmen unglücklich.

Kommen wir zu den Trendzielen. Was läuft bereits gut?

Im Sommer sind es vor allem die Klassiker, Griechenland sowie die Kanaren. Weiterhin stark laufen auf der Langstrecke Cancun und Costa Rica, ebenso die Malediven. Wir haben festgestellt, dass die Schweizer auch im Sommer gerne auf die Malediven reisen. Viel Freude bereiten uns auch einige neue Destinationen, beispielsweise Keflavik in Island, aber auch Liberia in Costa Rica.

Das klingt doch gut. Ist der «Omikron-Kater» vorbei?

Wir sind da vorsichtig, es hat schon noch Unsicherheiten. Das Vertrauen muss nachhaltig wiederhergestellt werden. Die Signale gehen in die richtige Richtung, aber 2022 wird noch kein normales Jahr sein. Das wäre übertrieben optimistisch. Zumindest in der ersten Jahreshälfte werden wir den «Corona-Kater» noch spüren. Aber die Normalisierung wird voranschreiten.

Angesichts der grossen Sommerkapazitäten muss der Sommer ja gut sein.

Das wird er auch sein. Wobei gerade das Nordamerika-Geschäft nach dem zweijährigen Unterbruch wie einen «Neuanfang» erleben wird. Beim ersten Flug nach Tampa am 2. März werde ich gemeinsam mit unserem CEO Bernd Bauer gleich persönlich mitgehen und die Kundschaft auf diesen «Restart» einstimmen.

«Ich bin jetzt sehr gespannt, wie sich das Nordamerika-Business entwickeln wird.»

Meinen Sie wirklich, dass die Kundschaft so ein kurzes Gedächtnis hat? Viele haben doch ungeduldig auf die Öffnung gewartet und werden jetzt zuschlagen.

Es gab einfach in den zwei Jahren, in denen wir die USA und Kanada nicht angeflogen haben, diverse andere Optionen, an welche sich zumindest ein Teil der Kundschaft gewöhnt hat. Dieses Nordamerika-Geschäft muss nun wieder in die Gänge gebracht werden, da gibt es keine Automatismen. Wir haben aber ein gutes Angebot, die richtigen Verkehrsträger und die USA sind, für mich wie für viele andere, unbestritten eines der tollsten Reiseländer.

Sie haben doch einige dieser Alternativen selber geboten…

Das ist schon so. Aber das Nordamerika-Geschäft konnte nie ganz kompensiert werden. Ich bin jetzt sehr gespannt, wie sich die USA und Kanada entwickeln werden. Auch da sind wir sehr zuversichtlich.

Kommen wir kurz auf die vielen Flugzusammenlegungen zu sprechen, welche es zuletzt im Edelweiss-Angebot gab. Kann man davon ausgehen, dass es nun immer weniger sein werden?

Wir müssen hier zwischen zwei Arten von Multi-Leg-Flügen unterscheiden. Es gibt solche, welche im Voraus klar publiziert sind. Im Februar/März beispielsweise wird es auf den Kanaren solche Flüge geben, beispielsweise für Flüge nach La Palma, wo die Nachfrage infolge des Vulkanausbruchs noch spärlich ist, oder in Ägypten, wo wir Hurghada mit dem noch relativ neuen Ziel Luxor zusammenlegen; sowie Catania zusammen mit Lamezia und Agadir mit Marrakesch, zumindest für den Saison-Start. Auf der Kurzstrecke sind sonst für den Frühling keine weiteren Multi-Leg-Flüge geplant. Auf der Langstrecke wird es noch etwas länger solche geben. Publiziert sind hier beispielsweise San Jose/Liberia, Puerto Plata/Montego Bay oder Mauritius/Seychellen. Das hat damit zu tun, dass einige dieser Ziele noch neu sind und während der Pandemie lanciert wurden, um eben die angesprochene Angebotsbreite bieten zu können, welche aber von der Nachfrage her noch keine eigenen Rotationen hergeben. Wichtig: Es sind Direktflüge, aber keine Nonstopflüge. Man steigt nicht um. Solange das im Voraus publiziert ist, und das haben wir auf mehreren Kanälen gemacht, sehe ich kein Problem.

Dann gibt es aber noch die kommerziell bedingten kurzfristigen Zusammenlegungen von Flügen. Die Prämisse ist da, alle Passagiere am gewünschten Tag an das gewünschte Ziel zu bringen. Da aber einige Flüge so schwach ausgelastet sein können, dass sich deren Durchführung nicht rechnet, werden einzelne Flüge kurzfristig so gut wie möglich zusammengelegt. Ich gehe allerdings klar davon aus, dass sich solche Fälle in nächster Zeit deutlich reduzieren werden.

Es gab aber auch technische Probleme, nicht?

Einige Multi-Leg-Flüge können nicht wie gewünscht im GDS abgebildet werden. Das ist ärgerlich für Reisebüros. Wir arbeiten hier an einer Systemlösung und sind hoffnungsvoll, dies im Laufe des kommenden Sommers einführen zu können. Damit ist diese Thematik auf Systemseite dann erledigt.

«Einige Multi-Leg-Flüge können nicht im GDS abgebildet werden. Wir arbeiten hier an einer Systemlösung.»

Das Verhältnis mit der Reisebüro-Branche war während der Pandemie angespannt. Wie zuversichtlich sind Sie hier hinsichtlich einer «Normalisierung»?

Nochmals zu diesen Multi-Leg-Flügen: Das war anfangs ein Kommunikationsthema und wir mussten zugegebenermassen eine Lernkurve durchmachen. Wir mussten besser, breiter und mit mehr Vorlauf kommunizieren. Ich denke, das ist uns inzwischen gelungen. Im Rahmen eines Meetings neulich mit Präsident Martin Wittwer und Geschäftsführer Walter Kunz vom Schweizer Reise-Verband konnten wir dieses Thema nochmals diskutieren und erhielten auch von deren Seite eine Zusage, dass die Mitgliederkommunikation verbessert und der Austausch zwischen uns und der Branche intensiviert wird.

An dieser Stelle will ich festhalten: Ja, wir wollen weiterhin mit den Reisebüros zusammen arbeiten. Diese sind für uns wichtig, insbesondere die grossen drei Prioritätspartner, welche wiederum mit vielen anderen Reisebüros kooperieren, etwa als Consolidator. Gemeinsam mit Urs Limacher habe ich den Austausch mit vielen Branchenvertretern gesucht; dieser ist gut.

Was nehmen Sie aus diesen Gesprächen mit?

Den eingangs erwähnten Allotment-Verkauf müssen wir überdenken und uns überlegen, wie das künftig aussehen könnte. Gehen wir wieder mehr in die Breite oder machen wir mehr Allotment-Geschäft in Spezialisten-Segmenten? Wir haben beispielsweise ein grosses Allotment an zwei Reiseveranstalter gegeben, welche bereits ab Februar Golfferien in der Region Kalamata bieten. Da sind wir wieder bei den «Opportunities»: Es scheint, als ob auf Seiten von Spezialisten wieder etwas mehr Risikobereitschaft vorhanden ist und sich diese Plätze und Hotelkapazitäten für ihre Nischen frühzeitig sichern wollen.

Was ist denn mit dem Massengeschäft?

Die Ausgangslage ist unverändert: Allotments sind Garantieplätze, die man nicht zurückgeben kann. Als Alternative kann man über Direct Connect zubuchen. Das haben wir den Veranstalterpartnern klar so kommuniziert und es wird jetzt spannend sein zu beobachten, wohin sich der Markt bewegt. Manche Priopartner sind bei Direct Connect schon sehr weit, manche gar nicht, wieder andere suchen vielleicht andere Lösungen mit NDC.

Neues Themenfeld: Inzwischen ist die Eurowings Discover flügge, also sozusagen die «deutsche Edelweiss». Gibt es mit dieser Konzern-intern Berührungspunkte oder gar Synergien? Inwiefern kann man voneinander profitieren?

Swiss ist im Konzern unsere Schwester, Eurowings Discover ist die beste Freundin. Wir haben einen regen Austausch, das funktioniert gut. Wenn Eurowings Discover nun auch nach Tampa fliegt, ist der Schweizer Markt, der ohnehin ganz anders funktioniert als der deutsche, nicht betroffen. Es gibt keinerlei Animositäten, wir haben dieselben Interessen und Themen.

Natürlich nehmen die euch in Zürich keine Passagiere weg – aber vielleicht im Zielgebiet. Edelweiss wollte doch internationaler werden, also mehr Passagiere im Ausland gewinnen, welche mit Edelweiss in die Schweiz und zurück in ihr Heimatland fliegen. Da nimmt Euch eine Eurowings Discover doch Passagiere weg.

Ja, aber das hat man ja überall, an jedem Flughafen. Was entscheidet sind Preis, Flugzeit und Produkt – diese sind attraktiv und aufeinander abgestimmt.

«Ich habe den Austausch mit vielen Branchenvertretern gesucht; dieser ist gut.»

Edelweiss hat sich kurz vor der Pandemie die Möglichkeit gegeben, innerhalb des Lufthansa-Konzerns Codeshares einrichten zu können. Wie wichtig war dies für die Entwicklung der Airline?

Das ist ein spannendes Thema. Zum einen muss ich vorausschicken, dass wir den Swiss-Code ja schon viel länger auf unseren Flügen haben. Ein grosser Teil unseres Vertriebsmixes läuft über die Swiss, also die LX8000-Flugnummern. Wir haben damals den Lufthansa-Code implementiert – dort wo wir diesen einsetzen, läuft das ganz ordentlich. Ich wünschte mir eigentlich, dass wir den Lufthansa-Code auf all unseren Flügen haben könnten. Das funktioniert auf einigen Strecken, etwa nach Havanna oder Male, infolge von Einschränkungen der Verkehrsrechte nicht. Am liebsten hätte ich auch gleich den 4Y-Code von Eurowings Discover auf all unseren Flügen drauf!

Warum eigentlich?

Jeder Codeshare gibt mehr Reichweite bzw. Sichtbarkeit in den Vertriebssystemen. Jede vergleichsweise kleine Airline wie wir möchte möglichst viele Codes haben. Übrigens haben wir dieses Thema mit Eurowings Discover bereits angesprochen, also um perspektivisch die jeweils gegenseitigen Codes auf den Flügen zu haben. Ebenso streben wir an, den Code von United auf unsere Flüge zu kriegen. Das würde für uns und die Kundschaft viele neue Möglichkeiten eröffnen.

Und wo stehen diese Diskussionen?

Aktuell ist es ein Systemthema. Diese müssen wir etwas weiterentwickeln. Die Herausforderung liegt darin, dass wir ein anderes Inventory haben als andere Lufthansa-Airlines, die beispielsweise im Gegensatz zu uns Amadeus-basiert sind. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Es geht darum, Anschlussfähigkeit innerhalb der Lufthansa Group zu generieren, und auch darüber hinaus, wie im Fall des Projekts mit United.

Die volle Integration innerhalb des Konzerns.

Es ist gar vorstellbar, dass eines Tages konzernintern nur noch ein Code verwendet wird, sofern dafür auch genügend Nummern vorhanden sind. Die unterschiedlichen Marken würden aber natürlich bestehen bleiben. United ist derweil ein Partner aus der Star Alliance und dem Atlantic Joint Venture.

«Swiss ist im Konzern unsere Schwester, Eurowings Discover ist die beste Freundin.»

Sie haben gesagt, die Marken würden bestehen bleiben. Sie hatten früher auch gesagt, Edelweiss wolle «internationaler werden». Wo stehen Sie in den Bemühungen, Edelweiss auch ausserhalb der Schweiz bekannter zu machen?

Zum Beispiel steht unsere Website flyedelweiss.com bereit, um auch im Ausland aufgeschaltet zu werden. Man könnte dann zum Beispiel in den USA Edelweiss-Tickets zu Dollar-Preisen kaufen. Aktuell gilt es noch ein Kreditkarten-Sicherheitsthema zu lösen. Wenn dieses gelöst ist, können wir loslegen, sind dann also auch international zugänglich.

Dies wird uns auch als «Premium-Ferienfluggesellschaft» stärken. «Leisure» und «Ferienflug» verbinden immer noch viele Personen mit Charterflügen und nicht inkludierten Leistungen. Edelweiss bietet aber sowohl ein Premium-Produkt im Flugzeug selber wie auch «rundherum», also etwa im Buchungsprozess und auf der Website. Letztes Jahr schalteten wir beispielsweise rund 250 neue Reisetipps auf unsere Website, die regelmässig aufdatiert werden. Das Angebot muss nicht nur breit sein, sondern auch in der Breite gut.

Gemessen wird aber die Premium-Leistung oft daran, wie mit dem Kunden umgesprungen wird, wenn etwas nicht wie gewünscht funktioniert…

Im Einklang mit der Feststellung, dass wir nun deutlich mehr Direktverkäufe generieren, und somit mehr direkte Kontaktpunkte mit unserer Endkundschaft bestehen, haben wir unsere Ressourcen im Call-Center nochmals deutlich ausgebaut. Wir haben sowohl bei der Anzahl Personal als auch bei dessen Schulung viel investiert. Unser Ziel ist es, «Best in Class» zu sein.

Wo liegt dieses B2C Call-Center?

In Südafrika und an anderen Standorten. Es ist dank Schichtbetrieb 24/7 erreichbar. Wir können damit unsere Kundschaft schnell und zuverlässig bedienen.

Wurde auch im Bereich B2B-Service aufgestockt?

Wir stehen in intensivem Kontakt mit unseren Vertragspartnern, das läuft über das Team von Urs Limacher. Sobald man über GDS oder Farelogix/LX8000 bucht, läuft das über den B2B-Support von Swiss.

«Es ist vorstellbar, dass eines Tages konzernintern nur noch ein Code verwendet wird.»

Nochmals zurück zur Internationalisierung. Wenn ich bislang einen Edelweiss-Flug aus dem Ausland in die Schweiz buchen wollte, lief dies über die Swiss. Warum eigentlich?

Das ist so, wird sich nun aber ändern. Flyedelweiss.com konnte das bislang nicht leisten Wir werden nun absehbar, via der internationalen Website, auch technische «Points of Sale» im Ausland haben im Online-Vertrieb.

Eine physische Präsenz mit Verkaufsstellen im Ausland ist aber nicht vorgesehen?

Nein. Da sind wir mit unseren Vertriebspartnern der Lufthansa-Gruppe und über die GDS bereits bestens aufgestellt. Es geht ja auch nicht nur um den eigentlichen Abverkauf – das natürlich auch –, sondern auch darum, dass wenn beispielsweise eine Person in Tampa unser Flugzeug sieht und dann «Edelweiss» googelt, aktuell irgendwo im Web landet, bloss nicht bei uns. Schon bald wird man auf flyedelweiss.com/US landen und unser Angebot auf Englisch sehen, mit Preisen in Dollar und Hinweisen auf das touristische Angebot in der Schweiz. Hier arbeiten wir eng mit Schweiz Tourismus zusammen.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Schweiz Tourismus?

Diese gibt es schon eine Weile, das wird nun noch intensiviert, und ich finde, Schweiz Tourismus macht einen super Job. Es ist eines der besten und professionellsten CVBs, die ich kenne, und aktuell unser wichtigster Marketingpartner.

Noch ein Wort zu den Preisen: Bislang konnte Edelweiss dank den Nonstopflügen jeweils etwas mehr verlangen. Die Wichtigkeit oder Beliebtheit von Nonstopflügen hat während der Pandemie noch deutlich zugenommen. Heben jetzt die Preise ab?

Unsere Preise orientieren sich zunächst am Vorjahr, und werden dann entsprechend der Nachfrage gesteuert. Sprich: Bei Angebotsknappheit können die Preise steigen, aber wir werden nicht aufgrund von Annahmen einfach so mal die Preise erhöhen. Wir können und wollen nicht einfach mit den Preisen «obenaus schiessen», der Markt würde das nicht akzeptieren. Ich will aber auch sagen: Wir sind kein Low-Cost-Carrier, unser Ziel ist nicht die Preisführerschaft, sondern das bestmögliche Produkt. Dafür bieten wir einen attraktiven Preis.

«Das Angebot muss nicht nur breit sein, sondern auch in der Breite gut.»

Was ist mit dem Megatrend «Nachhaltigkeit»? Edelweiss hat schon in der Vergangenheit viel im Bereich Umweltschutz gemacht. Wurde das jüngst nochmals verstärkt ins Auge gefasst?

Wir sind seit langem den UN-Klimazielen, wo möglich, sowie dem Corsia-System verpflichtet. Wir haben die CO2-Kompensation schon seit einiger Zeit im Buchungsablauf. Und hohe Priorität räumen wir den Themen «Foodwaste» und Abfall-Management im regulären Flugbetrieb ein. Nicht zuletzt darf man festhalten, dass wir mit unseren Fluggrössen pro Passagier einen vergleichsweise guten CO2-Abdruck hinterlassen. Wobei wir diesen Abdruck natürlich weiter überall zu reduzieren versuchen. Das spielt auch in unsere Partnerschaften hinein: Bei der vorhin angesprochenen Partnerschaft mit Sauber Motorsports wurde beispielsweise definiert, dass deren Flüge und sämtliche anderen logistischen Schritte allesamt vorweg kompensiert werden.

Abschliessend: Wo steht Edelweiss anfangs Februar 2022?

Wir haben nun die Omikron-Baisse hinter uns und ich freue mich insbesondere darauf, dass es bald wieder mit unseren USA-Flügen losgeht. Wir haben ein attraktives Sommerprogramm und werden hier noch mit weiteren News kommen, die uns wieder Aufmerksamkeit bescheren. Insofern blicken wir optimistisch vorwärts.