Flug

Die Kommunikation zwischen Edelweiss und der Reisebranche ist in diesen Tagen angespannt. Bild: TN

Kommentar Ein Schildbürgerstreich von Edelweiss?

Gregor Waser

Die grosse Umbuchungswelle, ausgelöst durch veränderte Flugtage bei Edelweiss, zehrt den Reiseprofis am Nervenkostüm – und lässt sie am Vorgehen der Airline zweifeln.

Bei der Erstellung des aktuellen Winterflugplans stand Feriencarrier Edelweiss im Sommer vor vielen Fragezeichen. Welche Destinationen werden mehr oder weniger problemlos bereisbar sein? Wie wird sich die Nachfrage entwickeln? Eine Herkules-Aufgabe.

Kann sich die Airline zu Normalzeiten auf den Vorjahres-Flugplan berufen und punktuell da und dort ein bisschen schrauben, war die diesjährige Planung ein reiner Blindflug. Ein gängiger Kniff, um später noch kurzfristig reagieren zu können: Lass uns den Teneriffa- und Gran-Canaria-Flug auf den selben Tag legen oder jener nach Havanna und Cancun, so lassen sich dann im Notfall – etwa bei einer Auslastung von nur 30 Prozent beim Teneriffa-Flug und 50 Prozent auf jenem nach Gran Canaria – die Flüge kurzerhand zu einem Dreiecksflug kombinieren. Das Angebot kann somit aufrechterhalten werden – und die freigespielte Maschine wird andernorts eingesetzt.

Was aus Airline-Sicht clever ist, stellt für Passagiere, die einen Nonstopflug nach Havanna gebucht haben – dann aber zwei Wochen vor Abreise von einem mehrstündigen Umweg via Cancun erfahren, eng sitzend in der Economy –, einen grossen Frust dar.

Umbuchungen gar nicht möglich

Frustriert und verärgert sind derzeit auch viele Reiseprofis, die sich mit Edelweiss-Umbuchungen abrackern müssen, wir haben gestern darüber berichtet. Nachdem die Airline bekanntgab, dass ihr in Male Slots entzogen wurden, mussten zahlreiche Rotationen Richtung Indischer Ozean angepasst werden. Die neuen Flugtage lösten sogleich hunderte Änderungen bei den dazugehörenden Hotelbuchungen aus. Doch viele Umbuchungen sind derzeit gar nicht möglich, denn in den nächsten Wochen sind die Resorts und Lodges im und um den Indischen Ozean äusserst gut gebucht – auch aus anderen Märkten ist die Nachfrage nach eineinhalb Jahren Reiseflaute riesig.

Endlich haben die Fernreise-Spezialisten wieder alle Hände voll zu tun und können damit beginnen, die entstandenen Löcher in der Kasse zu füllen. Doch statt neue Buchungen entgegenzunehmen, mühen sie sich bis in die Nacht mit Umbuchungen ab. Statt erfreute Kunden an der Strippe zu haben, gilt es schon wieder verärgerte Passagiere zu beruhigen, die sich nach zweimaliger Umbuchung seit Frühling 2020 nun so sehr auf reibungslose Ferien unter der Palme gefreut haben – schliesslich handelt es sich nicht um Schnäppchenangebote.

Reiseprofi spricht von Schildbürgerstreich

Musste all dieser Ärger sein, der nun das Verhältnis zwischen Feriencarrier und Reisebranche belastet? Wie gesagt, einfach war die Planung für Edelweiss nicht. Doch damit lassen sich die Fernreisespezialisten nicht beruhigen. Im Gespräch mit ihnen zeigt sich: zwei von ihnen äussern Zweifel an der Edelweiss-Version der entzogenen Slots auf Male. «Ich habe noch nie davon gehört, dass einer Airline die Slots so kurzfristig entzogen werden», sagt der eine. Der zweite fragt sich: «Kann das sein? Da soll der Edelweiss der Mo/Di- und der Mi/Do-Slot entzogen worden sein, gleichzeitig haben sie neue Landerechte für die viel lukrativeren Fr/Sa- und So/Mo-Flüge erhalten? Wo es doch auf den Malediven insbesondere an den Wochenenden enorm abgeht...»

Dieser Verdacht lässt sich nicht erhärten, die Kontaktaufnahme mit dem Male Airport läuft ins Leere. Und die Edelweiss – auf die Zweifel der Reiseprofis angesprochen – teilt lediglich mit: «Der Flughafen Male hat die Mindestzeit zwischen den Landungen von internationalen Flügen verlängert. Durch diese Massnahme fällt eine Vielzahl an Slots am Male International Airport weg. Wir wurden erst kurzfristig informiert, dass an den publizierten Flugtagen keine Slots verfügbar sind und wir auf Alternativtage ausweichen müssen.»

Mit dieser Antwort will sich Reiseprofi Nr. 2 nicht zufriedengeben: «Das ist doch ein Schildbürgerstreich», wirft er der Airline vor. «Durch die Streichung der EDW-Flüge füllt man jetzt leere Plätze von Lufthansa und Austrian und verschiebt gleichzeitig die wieder leeren EDW-Maschinen aufs viel lukrativere Weekend und füllt diese erneut zu horrenden Preisen.»

Reputationsschaden ist da

Ob dem so sei oder nicht: die verärgerten Reisebüro-Aussagen verdeutlichen den derzeit schiefen Haussegen zwischen den Partnern. Ein Reputationsschaden ist jedenfalls da.

Die angespannte, teils feindselige Stimmung in der Reisebranche musste auch Urs Limacher, Head of Commercial Distribution, während der SRV-GV in Ras al Khaimah feststellen und sich einiges anhören. Immerhin zog er sich an einem der Abende elegant aus der Affäre. «Next round’s on me», wendete er sich Richtung Bar und lud die anwesenden Touristiker zu einer Runde ein. Ein erster guter Schritt, um sich wieder näherzukommen.