Flug

Ein elektrisch betriebenes Passagierflugzeug mit Platz für bis zu 9 Personen, erbaut von Tecnam und Rolls-Royce, soll 2026 auf norwegischen Inlandstrecken in Betrieb gehen. Bild: Widerøe

«Passagierflüge mit Elektro-Flugzeugen können profitabel sein»

2026 soll es erstmals eine reguläre Flugverbindung per Elektroflugzeug geben. Die norwegische Airline Widerøe glaubt, auf diese Weise die Strecke Stavanger-Bergen nachhaltig und profitabel betreiben zu können.

Norwegen wollte in Sachen Umweltfreundlichkeit schon immer etwas voraus sein. Im Strassenverkehr mit der konsequenten Förderung von Elektroautos, und im Flugverkehr ebenfalls mit der Förderung von Elektroflugzeugen. Nun geht man dort noch einen Schritt weiter und spricht von der ersten Linienflugverbindung per Elektroflugzeug, und dies bereits ab 2026.

Aktuell hört man vor allem, dass Elektroflugzeuge wegen dem Gewicht der Batterien kaum eine vernünftige Alternative sind. Das ist auf Langstrecken sicherlich noch so. Auf Kurzstrecken hingegen gibt es bereits gangbare Lösungen, wenn auch erst für kleines Passagieraufkommen. Jüngstes Beispiel: Das Industrieunternehmen Rolls-Royce und die italienische Tecnam haben neulich ein 9-sitziges vollelektrisches Passagierflugzeug namens «P-Volt» präsentiert, welches mit der norwegischen Fluggesellschaft Widerøe bereits einen ernsthaften Interessenten gefunden hat. Widerøe hat es sich zum Ziel gesetzt, grosse Teile der eigenen Flotte bis 2030 zu elektrifizieren, und damit zumindest Kurzstrecken innerhalb Norwegens zu bedienen. Mit dem neuen Flugzeug könnte dies bereits ab 2026 möglich sein.

Unterstützung erhält Widerøe von staatlicher Seite. Das norwegische «Transportøkonomisk Institutt» hat jüngst eine Studie vorgelegt, gemäss welcher die Bedienung der Route Stavanger-Bergen mit einem vollelektrischen Flugzeug sowohl nachhaltig als auch profitabel gestaltet werden könnte. Man hat es sogar quasi zum Ziel gemacht, als erstes Land eine vollelektrische Passagierroute anzubieten. Im Fall der quasi benachbarten, aber auf dem Landweg nur umständlich miteinander verbundenen Städte Stavanger und Bergen würde das passen: Die Städte sind auf dem Luftweg lediglich 160 Kilometer voneinander entfernt, wegen der komplizierten Wege mit Strasse/Fähre gibt es hier aber einen Flugpassagiermarkt von rund 550'000 Personen jährlich. Und gemessen an den Alternativen wären vollelektrische Flüge durchaus konkurrenzfähig. Kommt hinzu, dass die norwegische Bevölkerung zum Thema «Elektrifizierter Verkehr» durchaus aufgeschlossen und positiv eingestellt ist.

Harald Minge vom Wirtschaftsverband der Region Stavanger glaubt jedenfalls felsenfest an das Potenzial der Elektroflüge, wie er gegenüber dem Portal E24 ausführt: «Der öffentliche Nutzen solcher umweltfreundlicher Flugverkehrslösungen wird durch die Studie klar aufgezeigt. Zur Machbarkeit gibt es keine Zweifel mehr, zumal die Flughäfen Bergen-Flesland und Stavanger-Sola klar signalisiert haben, dass bis 2026 die nötige Infrastruktur für Elektroflugzeuge vorhanden sein wird. Noch vor zwei Jahren schüttelten viele Menschen die Köpfe, als man von Elektroflugzeugen sprach; das Umdenken, vielleicht von der Pandemie befeuert, ist markant. Nun hoffen wir, dass der Staat zur Entwicklung dieses neuen Zweigs beiträgt, wie er es bei den Elektroautos getan hat. Ich denke hierbei an eine Befreiung der Elektroflugzeuge von Start- und Landegebühren.»

Aber lassen sich mit 9-plätzigen Maschinen grosse Passagiernachfragen sinnvoll befriedigen? Zu Beginn wird es wohl so sein müssen. Aber es sind bereits grössere Elektroflugzeuge in Entwicklung. Die schwedische Hart Aerospace hat ein 19-plätziges Elektroflugzeug für 2026 in Aussicht gestellt. Vielleicht wird dieses zum Handkuss kommen auf der Route Stavanger-Bergen. Sicher ist, dass während andere Länder über Flugverbote auf Kurzstrecken (zum Vorteil des Zugs) diskutieren, im grossen, topografisch komplexen Norwegen Flugverbindungen das A und O sind, und diese nun aber konsequent zu Nullemissions-Flügen umgewandelt werden. Eine spannende Entwicklung.

(JCR)