Flug

Die Anzahl beförderter Swiss-Passagiere beläuft sich im dritten Quartal 2021 auf die Hälfte des 2019er-Niveaus. Bild: LX

Auf halber Flughöhe angekommen

Gregor Waser

Mit dem Sommergeschäft ist Swiss-Kommerzchef Tamur Goudarzi Pour zufrieden. Doch die Baustellen der Airline sind weiterhin zahlreich.

Bei 55 Prozent der 2019er-Kapazität ist die Swiss heute angekommen. «Mit dem Sommergeschäft sind wir zufrieden, wir konnten auf rund 50 Prozent der Passagiere im Vergleich zu 2019 zählen», blickt Swiss-CCO Tamur Goudarzi Pour bei einem Treffen mit Journalisten auf die letzten Monate zurück.

Mit einer soliden Entwicklung rechnet er auch für September und Oktober. Im weiteren Gespräch fällt mehrmals das Wort «Stabilität». Diese will die Airline nämlich nach dem historischen Krisenjahr nun unbedingt beibehalten.

In den kommenden Tagen wird die Swiss den definitiven Winterflugplan absegnen und dabei rund 50 Prozent der einstigen Flüge fixieren respektive rausnehmen. «Wir schauen uns den gesamten Winter an und versuchen dabei mehr Planungsstabilität reinzubringen», sagt Goudarzi Pour. Im Vorjahr musste die Swiss oft kurzfristig reagieren und Umbuchungen vornehmen, was viel Arbeit bescherte und bei Passagieren und Reisebüros schlecht ankam.

Will weiterhin für Stabilität sorgen: Tamur Goudarzi Pour, Chief Commercial Officer der Swiss. Bild: TN

Mit einer grösstmöglichen Planungssicherheit will die Swiss nun also fortfahren. Doch die Fragezeichen sind weiterhin gross, welche Destinationen in den kommenden Monaten wirklich bereisbar sein werden und wie einschneidend die Einreisebestimmungen ausfallen. Hinzu kommt: es wird weiterhin sehr kurzfristig gebucht. Für die Wintermonate liegen noch kaum Buchungen vor.

Das so wichtige USA-Geschäft, das der Airline in normalen Zeiten einen dreistelligen Millionenbetrag jährlich einträgt, bleibt vorerst praktisch ein reines Inboundgeschäft – Amerikaner, die in die Schweiz fliegen. Jüngste Gespräche mit der Schweizer und der US-Regierung wiesen noch nicht auf eine erleichterte Einreise von Europäern in den USA hin, muss der Swiss-Kommerzchef feststellen. Auch Asien gibt noch wenig Hoffnung her. Den Travel Bubble zwischen Deutschland und Singapur gelte es nun zu verfolgen, ob sich daraus auch für die Schweiz weitere Öffnungen ergeben.

Gespannt blickt die Swiss-Führungscrew heute Nachmittag auf die bundesrätliche Entscheidung, welches Einreiseregime neu eingeführt wird. «Wir unterstützen Variante 1», sagt Goudarzi Pour – Ungeimpfte müssten sich dabei vor der Einreise in die Schweiz und einige Tage nach der Einreise testen, nicht aber in Quarantäne gehen.

Flexible Planung

Diese immensen Fragezeichen deuten für Aussenstehende auf einen Planungshorror hin. Doch Tamur Goudarzi Pour zeigt sich positiv: «Wir haben einen flexiblen Plan je nach Nachfrageveränderung infolge von Reiserestriktionen. Wir können die Kapazitäten entsprechend schnell der Situation anpassen und flexibel reagieren». Weiterhin stehen zum Beispiel sieben Maschinen in der Wüste Jordaniens, die schnell reaktiviert werden können.

Ein weiterer Punkt auf der aktuellen To-do-Liste der Swiss: die Pünktlichkeit soll wieder besser werden. Diese hatte zuletzt gelitten, sei es wegen Verzögerungen ob des langatmigen Dokumentenchecks, der nun automatisiert werden soll oder auch wegen Personalengpässen bei der europäischen Flugraumkontrolle. Ebenso soll die Performance in den Call-Centern verbessert werden. Da türmten sich jüngst die Anfragen informationsbedürftiger Passagiere und damit die Wartezeiten. Mit einem Travel Tracker sowie einer digitalen Travel Map reagiert die Swiss auf das Bedürfnis nach mehr Informationen, was die Einreise in einzelnen Ländern betrifft.

On track befindet sich die Swiss auch bei der Personalplanung respektive -reduktion. 1700 Vollzeitstellen wird die Swiss bis Ende Jahr abgebaut haben, zwei Drittel davon über freiwillige Massnahmen durch natürliche Fluktuation. Das sind 22 Prozent des bisherigen Bestandes.

Fun fact oder in diesem Fall viel eher «sad fact»: auch der SRV hat am Dienstag bei einer Hochrechnung für die Schweizer Reisebranche identische Zahlen genannt: 22 Prozent der Stellen fielen seit Krisenbeginn weg, total 1700 Stellen.

Mit einem weiteren Stellenabbau rechnet Tamur Goudarzi Pour aber nicht. «Im Jahr 2023 kehren wir wieder zu 85 Prozent der Kapazität von vor Corona zurück und rechnen mit einer Nachfrage von 80 Prozent. Hierzu benötigen wir die aktuelle Anzahl Mitarbeitende.»

Unverkaufte Lebensmittel im Angebot

Zahlreiche weitere Neuigkeiten aus dem Hause Swiss waren in dieser Woche zu erfahren. Neben der neuen Anbindung an Travelport+ hat die Swiss einen Test angekündigt, der sich gegen die Lebensmittelverschwendung richtet.

Die Swiss will es künftig vermeiden, frische Lebensmittel wegzuwerfen, die an Bord ihrer Flugzeuge nicht verkauft wurden. Nun hat die Airline beschlossen, gemeinsam mit dem Partner «Too Good To Go» alle unverkauften frischen Produkte zu einem reduzierten Preis anzubieten. Um die Akzeptanz dieses neuen Konzepts bei den Fluggästen zu ermitteln, wird im August und September eine Testphase auf den letzten Tagesflügen ab Genf im europäischen Streckennetz durchgeführt.

Und so geht das: Über eine Durchsage in der Kabine werden die Fluggäste über die Verfügbarkeit unverkaufter frischer Lebensmittel informiert. Interessierten Passagieren wird dann eine Tüte mit einem, zwei oder drei frischen Produkten zu einem Drittel des regulären Preises angeboten. Der Inhalt wird nicht vorab mitgeteilt und bleibt für die Fluggäste eine Überraschung.

«Die Steuerung des Abfalls an Bord ist ein wichtiger Bestandteil unseres Engagements für mehr Nachhaltigkeit. Wir hoffen, mit der Einführung dieses Angebots ungenutzte Lebensmittel an Bord unserer Flugzeuge erheblich zu verringern», sagt Tamur Goudarzi Pour hierzu. Die ersten Ergebnisse der Testphase seien vielversprechend.

Der Inhalt der Tüte mit unverkauften Lebensmitteln bleibt für die Fluggäste eine Überraschung. Bild: LX