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Das Konsultationsverfahren und die Evaluationsphase werden voraussichtlich Mitte Juni abgeschlossen sein. Im Anschluss daran wird Swiss den Beschluss kommunizieren. Bild: HO

Swiss plant Restrukturierung: Kleinere Flotte und weniger Mitarbeitende

Die Swiss sieht aufgrund resultierenden strukturellen Veränderungen im Markt eine Restrukturierung beim Unternehmen als unumgänglich. Davon betroffen ist nicht nur die Flottengrösse der Fluggesellschaft, sondern auch die Mitarbeitenden der Swiss.

Auch ein Jahr nach Ausbruch der weltweiten Corona-Pandemie verharrt der Flugverkehr noch immer auf sehr tiefem Niveau. Auch Swiss International Air Lines (Swiss) sieht sich noch immer mit der grössten Herausforderung in der Unternehmensgeschichte konfrontiert. Kostensparmassnahmen wurden bereits eingeleitet, um die Krise und den drohenden Liquiditätsengpass bewältigen zu können. So wurden unter anderem nicht betriebsnotwendige Projekte gestoppt, Investitionen verschoben und die Einflottung von neuen Flugzeugen verzögert.

Da es weiterhin kaum Erholung in der Luftfahrt gibt, seien Restrukturierungen über die bereits eingeleiteten Kostensparmassnahmen hinaus unumgänglich. Dazu Dieter Vranckx, CEO von Swiss: «Es zeichnete sich immer klarer ab, dass sich der Markt strukturell verändern wird und trotz frühzeitig eingeleiteter Massnahmen unsererseits eine Restrukturierung von Swiss leider unumgänglich zu sein scheint.» Mittelfristig erwartet Swiss bei der Gesamtnachfrage einen strukturellen Rückgang von 20 Prozent. «Mit unserem neuen strategischen Programm reaCH richten wir uns auf die veränderte Marktsituation aus. Dies beinhaltet unter anderem eine Redimensionierung und Transformation, wodurch nachhaltig insgesamt rund 500 Millionen Franken eingespart werden sollen. Ziel ist es, den Bankenkredit zeitnah zurückbezahlen und unsere Wettbewerbs- und Investitionsfähigkeit nachhaltig sicherstellen zu können», so Vranckx weiter.

Flugfrequenzen werden reduziert

Die Flotte von 90 eigenen und den im Auftrag für Swis operierenden Flugzeugen von Helvetic Airways (sogenannter Wetlease) wird an den Nachfragerückgang angepasst und voraussichtlich um 15 Prozent gegenüber 2019 verkleinert. Auf der Kurz- und Mittelstrecke würde sich die Anzahl Flugzeuge durch die Ausflottung von Maschinen der Airbus A320-Familie und der Reduktion im Wetlease-Bereich demnach von 69 auf 59 reduzieren. Im Langstreckenbereich beabsichtigt Swiss die Flotte von 31 auf 26 Flugzeuge zu verkleinern. Dabei würden fünf Flugzeuge aus der Airbus-Familie ausser Betrieb genommen werden.

Infolge der rückläufigen Nachfrage müssen sowohl auf der Kurz- und Mittelstrecke als auch im Langstreckenbereich die Frequenzen gegenüber 2019 voraussichtlich reduziert werden. Zudem würden einzelne interkontinentale Direktverbindungen vorerst nicht mehr aufgenommen werden können. Die vom Bund im Zusammenhang mit dem verbürgten Bankenkredit eingeforderte standortpolitische Auflage, das Flugangebot von SWISS proportional zu demjenigen der Lufthansa Group Airlines zu entwickeln, würde dabei eingehalten.

20 Prozent weniger Vollzeitstellen

Durch die Verkleinerung der Flotte und die Einleitung weiterer Massnahmen würden sich natürlich auch etwas am Personalbestand der Swiss ändern. Bis Ende 2021 wird Swiss bereits mehr als 1'000 Vollzeitstellen (FTE) durch natürliche Fluktuation und freiwillige Massnahmen abgebaut haben, ein weiterer Personalabbau ist aber voraussichtlich dennoch nicht zu vermeiden.

Im Rahmen der beabsichtigten Reduzierung könnten bis zu 780 Mitarbeitende (650 Vollzeitstellen (FTE)) betroffen sein, davon rund 200 beim Bodenpersonal, 60 in der Technik, 400 beim Kabinenpersonal und 120 im Cockpit (Stand 2019 vor Pandemiebeginn: 7’550 Vollzeitstellen (FTE), 9'500 Mitarbeitende). Die allfällige Reduktion dieser insgesamt rund 1’700 Vollzeitstellen (FTE) würde einem Minus von über 20 Prozent gegenüber 2019 entsprechen. Diese Massnahme müsste auch dann getroffen werden, wenn allfällige Verlängerung der Kurzarbeit getroffen würde.

Mit Hilfe von Sozialpartnern, Mitarbeitenden und deren Vertretungen soll nach weiteren Lösungen gesucht werden, um die Zahl allfälliger betriebsbedingter Kündigungen so niedrig wie möglich zu halten. Damit wäre auch die politische Auflage im Zusammenhang mit dem Bankenkredit erfüllt. Für alle Personalkörper – ausser für das Cockpitpersonal – bestehen bereits Sozialpläne. Da der heute gültige Gesamtarbeitsvertrag für das Cockpitpersonal einen Kündigungsschutz beinhaltet, muss aufgrund des strukturellen Personalüberhangs mit dem Berufsverband Aeropers eine Lösung am Verhandlungstisch gefunden werden. Das Konsultationsverfahren und die Evaluationsphase werden voraussichtlich Mitte Juni abgeschlossen sein. Im Anschluss daran wird Swiss den Beschluss kommunizieren.

Die Premiumpositionierung bleibt bestehen

Die Swiss hält an ihren beiden Standorten am Hub Zürich und in Genf fest und wird die Schweiz auch zukünftig über interkontinentale Direktverbindungen mit der Welt verbinden. Auch die Premiumpositionierung bleibt bestehen. So wird Swiss beispielsweise auch in Zukunft auf allen Langstreckenflügen eine First Class anbieten.

Noch stärkere Ausrichtung des Geschäftsmodells auf Nachhaltigkeit und ein Strukturwandel in der Arbeitswelt soll zudem zur geplanten Redimensionierung und Transformation im Rahmen von reaCH gehören. Dies beinhaltet insbesondere die kontinuierliche Modernisierung der Flotte, den Einsatz von nachhaltigem Treibstoff (sogenanntem Sustainable Aviation Fuel) und die Weiterentwicklung des intermodalen Verkehrs sowie neue Arbeitsmodelle und der Einführung von agilen Unternehmensstrukturen. Die Zusammenarbeit innerhalb der Lufthansa Group wird weiter intensiviert und Synergiepotenziale erschlossen. Swiss wird zudem mit dem Aufbau von weiteren Kompetenzzentren unter anderem im Kommerzbereich gestärkt. Auch die Kooperation mit der Schwestergesellschaft Edelweiss wird vorangetrieben.

(NIM)