Flug

Bezahlen erst bei Abflug? Das bleibt - zumindest vorerst - gewissen Geschäftskunden vorenthalten. Bild: Swiss Int. Air Lines

Erst beim Check-in für den Flug bezahlen?

Die Swiss baut gemeinsam mit Mutterkonzern Lufthansa ein Pay-as-you-check-in-Modell für Geschäftsreisende aus. Ob so etwas auch für Leisure-Reisende kommt, wird noch diskutiert - gefordert wird es bereits von mancher Seite.

Die Corona-Pandemie erschüttert die Reisebranche in ihren Grundfesten - und zwingt diese zu neuen Vorgehensweisen. Ein aktuelles Beispiel bietet die Luftfahrt: Als Folge der Unsicherheit ob der ständig wechselnden Einreiseregelungen ist die Bereitschaft vieler Kunden, Leistungen wie Flüge weit im Voraus zu bezahlen, auf ein sehr tiefes Niveau gesunken. Zu gross ist die Angst, das Geld allenfalls gar nicht mehr zu sehen oder grossen Aufwand für die Rückerstattung betreiben zu müssen. Generell wird auch schon gefragt, wieso man überhaupt für die Leistung so weit im Voraus zu bezahlen hat. Das Thema «Zahlungsmodalitäten» ist seit einiger Zeit in aller Munde.

Nun prescht ausgerechnet die Lufthansa Group mit einem Modell hervor, das für Gesprächsstoff sorgt. Als Reaktion auf eine Forderung des deutschen VDR (Verband Deutsches Reisemanagement), welcher Alternativen zum Vorausbezahlungs-Modell im Flugbereich fordert, hat die Lufthansa eine Umgestaltung ihres Tarifgefüges vorgestellt. Das bisher schon existierende «Pay as you check in», bislang nur von wenigen Grosskunden im Commercial-Bereich nutzbar, wird nun etwas flexibler gestaltet. Konkret: Geschäftsreisende, die kurzfristig in eine höhere Buchungsklasse wechseln wollen, können dies kurzfristig beim Check-in tun und somit erst zu jenem Zeitpunkt bezahlen. Neu ist hierfür kein Mindestumsatz mehr nötig. Ausserdem sollen Kunden nur tatsächlich genutzte Flüge belastet werden, wie diverse deutsche Branchenmedien vermelden. Somit müssten Unternehmen im Falle eines Flugausfalls keine Erstattungsanträge mehr einreichen.

Kurz: Eine Revolution im Tarifbereich ist dies noch nicht, denn Leisure-Kundschaft bleibt bei dieser Tarifoption erst mal aussen vor, d.h. sie bleibt Firmenkunden vorbehalten. Aber es ist möglicherweise ein erster Fingerzeig auf eine Flexibilisierung von Tarifoptionen. Wichtig zu wissen: Das Modell wurde auch auf die Tochterfirmen Swiss, Austrian Airlines und Brussels Airlines ausgeweitet. Sprich, Swiss-Firmenkunden können nun auch profitieren.

Auf Nachfrage von Travelnews, ob das «Pay as you fly» künftig auch für Leisure-Kunden in Frage kommen könnte, erklärt Swiss-Sprecher Michael Stief: «Grundsätzlich prüfen wir, ob wir derartige Produkte auch für Leisure-Kunden einführen können. Zum aktuellen Zeitpunkt möchten wir unsere Schweizer Kunden vor allem auf die bestehenden Vorteile hinweisen, die ihnen die Nutzung von PowerPay auf swiss.com bietet. Kunden haben hier die Möglichkeit, auf Rechnung zu kaufen oder in Raten abzuzahlen.» Bei «Pay As You Fly» geht es laut Stief neben der Flexibilität vor allem um die Vereinfachung der internen Abrechnungsprozesse von Firmenkunden. Für Leisure-Kunden stehe dagegen vor allem ein verlängertes Zahlungsziel im Fokus – dies lasse sich aktuell sehr gut mit PowerPay abbilden.

Forderungen nach Bezahlung erst bei Abflug im Raum

Wie bereits angedeutet, handelt es sich bei den Tarifneuerungen bei Swiss und Lufthansa aktuell noch keineswegs um eine Revolution. Aber die Airlines sind, wie auch Reiseveranstalter, zunehmend mit Forderungen konfrontiert, wonach das System der lange im Voraus bezahlten Buchungen ersetzt werden soll durch eine Art «pay as you fly»-Modell. Manche kleine Airlines versuchen sich bereits mit solchen Modellen, allerdings in der Regel nur mit Business- bzw. Luxuskundschaft, während ein solches Modell im regulären Luftverkehr angesichts der kapitalintensiven Kostenstruktur des Luftverkehrs noch kaum denkbar ist.

Trotzdem wird von Seiten der Politik - zumindest in Deutschland - schon Druck ausgeübt. Die dortigen Konsumentenschützer haben sich zugunsten von Alternativen geäussert, welche eine Vorauskasse hinfällig machen würden, oder zumindest die Vorausbezahlung verringern und die Rückerstattung auf breiter Basis automatisieren würde. Eine Zahlung bei bzw. nach Erhalt der Leistung sei schliesslich in anderen Bereichen der Wirtschaft normal.

Ob der Systemwechsel so einfach umsetzbar wäre? Klar ist: Ohne Vorkasse müssten die Fluggesellschaften selber in Vorleistung gehen. Das hätte das Potenzial, die Ticketpreise zu erhöhen. Und so schnell wird sich eine fundamentale Änderung des Zahlungsverkehrs nicht umsetzen lassen.

(JCR)