Flug

Ein Widerspruch: Obwohl in diesem Jahr viel weniger Flugverkehr herrschte als früher, fällt die Unfallbilanz schlechter aus. Bild: Philip Myrtorp

Deshalb ist die Unfallbilanz im Flugverkehr in diesem Jahr schlechter als sonst

Ein Grossteil der weltweiten Airline-Flotten blieb in diesem Jahr am Boden - dennoch gab es 25 mehr Tote durch Flugunfälle als 2019. Eigentlich paradox, aber bereits ein grosser Zwischenfall kann darüber entscheiden, wie die Bilanz ausfällt.

Eigentlich wäre es doch ziemlich naheliegend, dass die Unfallbilanz im Flugverkehr in einem Jahr wie diesem plötzlich besser ist als in den vorherigen Jahren. Schliesslich wurden die weltweiten Flugzeugflotten durch den Ausbruch des Coronavirus praktisch zum Erliegen gebracht. Es gab also nicht viele Möglichkeiten, dass sich überhaupt Unfälle ereignen können.

Die Realität sieht aber anders aus, wie das Hamburger Flugsicherheitsbüro Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre (JACDEC) in einer Analyse im Auftrag vom Luftfahrtmagazin «Aero International» herausgefunden hat. Weltweit starben in diesem Jahr bislang 318 Menschen bei Flugunfällen in der kommerziellen Luftfahrt - das sind 25 Personen mehr als 2019. «In Zeiten von Covid-19 ein Widerspruch – der aber zeigt, wie hoch das Sicherheitsniveau ohnehin schon war», sagt JACDEC-Gründer Jan-Arwed Richter gegenüber der Zeitung.

Das Problem liegt vor allem darin, dass bereits ein einziger Unfall darüber entscheiden kann, ob die Unfallbilanz im entsprechenden Jahr gut oder schlecht ausfällt. Dies wiederum hat zur Folge, dass sich die Wahrnehmung verzieht, wie klein das Risiko für einen Unfall im allgemeinen ist.

Drei Tragödien

Mindestens drei grössere Zwischenfälle erschütterten die Welt im 2020: Der Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine nahe Teheran mit 176 Todesfällen Ende Januar, der Crash eines pakistanischen Airbus A320 am 22. Mai dieses Jahres mit 97 Todesopfern und der Unfall bei der Landung einer Boeing in Indien am 7. August 2020, bei welchem 20 Menschen starben.

Aviatik-Experten bereitet dieses Jahr aber dennoch nicht allzu grosse Sorgen - dafür aber der Blick in die «Zeit nach Corona». Denn wenn so wie aktuell nur wenig geflogen wird, wirke sich das auch auf die Piloten aus, schreibt die Zeitung weiter unter Berufung des südafrikanischen Flugexperten und Verkehrspiloten Flippie Vermeulen. Dieser sagt: «Die [Piloten] brauchen permanentes Training – die Mindeststundenzahl für den Erhalt der Lizenz reicht da bei weitem nicht aus.»

Es sei deshalb wichtig, dass die Fluggesellschaften rechtzeitig vor dem Restart Pläne erarbeiten, wie die Pilotinnen und Piloten, welche in diesem Jahr der Flaute nicht regelmässig geflogen sind, geschult werden, rät auch der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg.

(NWI)