Flug

Mit dem Mobile Boarding Pass in die Luft

Flugtickets gehören der Vergangenheit an, jetzt geht es den Bordkarten an den Kragen. Der Traveller von heute hat alles auf dem Display des Smartphones. Klingt gut, hat aber einige Tücken.

Warum nicht elektronisch an Bord gehen? Immer mehr Vielflieger tun es längst. Sie legen am Gate nur noch ihr Smartphone auf den Bordkartenscanner. Wenn sie ohne Koffer unterwegs sind, dann haben sie so auch gleich die Warteschlange am Check-in überholt. Und am Gate müssen sie nicht mehr hektisch nach dem richtigen Stück Papier kramen.

Die Airline ist ebenfalls glücklich, sie spart Personal und damit Geld. Wieviel? Um das zu erfahren, reicht ein Blick in die Gebührentabelle von Ryanair: Wer bei den Iren ohne (mobile oder selbst ausgedruckte) Bordkarte am Flughafen erscheint, der zahlt für den Ausdruck vor Ort happige 15 Euro. Tuifly kassiert fürs Check-in am Airport im Pure-Tarif fünf Euro. Besonders praktisch ist papierloses Fliegen bei der Rückreise aus den Ferien. Denn natürlich will jeder einen guten Sitzplatz, der lässt sich 24 Stunden vor Abflug per Web-Check-in sichern. Dann bleibt aber nur die Wahl: aufs Handy oder ausdrucken. Und wer hat unterwegs schon einen Drucker zur Hand?

Allerdings ist auch die Handy-Bordkarte nicht ohne Tücken. Die meisten Airlines schicken sie zwar nach dem Web-Check-in per Mail-Link aufs Handy. Manche bieten aber auch SMS-Link oder MMS an. Anderswo (etwa bei Ryanair) geht ohne die Airline-App gar nichts mobil. Wer also kein Apple- oder Android-Smartphone hat, der schaut da bereits in die Röhre und muss doch wieder seinen Drucker anwerfen.

Ist die Karte dann auf dem Mobiltelefon, geht die Verwirrung weiter. Denn es gibt sie in durchaus unterschiedliche Varianten. Mal ist es eine schlichte PDF-Datei (obwohl das laut IATA gar nicht zulässig ist), anderswo eine Minidatei für die Dokumenten-App namens Android Passwallet oder Apple Passbook, die sowieso auf dem Mobiltelefon vorhanden ist. Wer eine Googlemail-Adresse verwendet, bei dem erscheint die Bordkarte zusätzlich in GoogleNow. Und Ryanair? Akzeptiert auch hier wieder nur die eigene Airline-App.

Nicht an allen Flughäfen

Unabhängig vom Format: Äusserlich sehen mobile Bordkarten immer gleich aus. Zentraler Bestandteil ist ein QR-Code (das Quadrat mit den wirren Pixelmustern). Viele Airlines empfehlen, gleich nach Erhalt davon einen Screenshot anzufertigen — für den Fall, dass das eigentliche System nicht funktioniert.

Vollends Verwirrung stiftet ein kleiner, aber entscheidender Unterschied: der zwischen Online- und Mobile Boarding Pass. Denn was die IATA Online Boarding Pass nennt, ist nur eine Vorlage zum Ausdrucken. Allein der Mobile Boarding Pass ist der papierlose fürs Handy. Und wer jetzt hofft, die Druckversion einfach am Bildschirm anzeigen zu können, der täuscht sich wieder. "Das ist in gar keinem Fall möglich", erklärt Lufthansa. Und Air Berlin weist ausdrücklich darauf hin: "Das PDF ist nicht zum Boarding verwendbar". Unterscheidungs-Tipp: Mit dem QR-Code kann man boarden, der "Zebrastreifen"-Code muss ausgedruckt werden.

Um die mobile Eintrittskarte ins Flugzeug vorzulegen, funktioniert auch ein Tablet. Je grösser der Screen ist, umso schwieriger kann freilich das "Zielen" am Gate werden. Easyjet zum Beispiel erlaubt deshalb nur Geräte bis zu fünf Zoll Grösse und Tablets überhaupt nicht. Wichtiger als die Displaygrösse ist in der Praxis allerdings oft die Helligkeit des Displays. Wer sicher gehen will, der dreht also die Helligkeit hoch.

Handybordkartenfähig sind leider längst nicht alle Flughäfen. Vor allem kleine Urlaubs-Airports besitzen noch nicht die nötigen Scanner. Allein Lufthansa betreibt sieben verschiedene Bordkartensysteme bis zur Apple Watch und Google Now. Einsetzen kann sie die von ihren 18 angeflogenen griechischen Flughäfen aber gerade mal an zwei: in Athen und Iraklion. Deshalb hat jede Airline eine Liste im Netz, wo es geht und wo nicht.

US-Behörden wollen mitlesen

Einen Sonderfall bilden Flüge von und nach USA. Dort gelten besondere Regelungen aus Angst vor Terroristen. Damit die NSA immer Zeit hat mitzulesen, ist z.B. bei Air Berlin drei Stunden vor Abflug Schluss mit der Ausgabe von eBordkarten. Und bei Emirates kann man sich zwar eine ziehen, muss aber in der Regel hinterher trotzdem an den Schalter gehen.

Tricky sind Umsteigeflüge. Längst nicht alle Airlines geben mobile Bordkarten für die gesamte Strecke aus. Und wo es so ist wie bei Lufthansa und Air Berlin, da muss jeweils die erste Teilstrecke mit der "eigenen" Gesellschaft geflogen werden. Bei Codeshare-Flügen funktionieren nur die Print-Bordkarten.

Ebenfalls ein Knackpunkt sind gemeinsam reisende Personen. Oft hat ja nur einer für die ganze Familie oder Gruppe gebucht. Manche Airlines wie etwa Emirates schreiben trotzdem vor, dass jede Person ihre eigene mobile Bordkarte selbst vorweisen muss. Anderswo kann man prinzipiell auch eine ganze Fußballmannschaft mit einem einzigen Smartphone durchs Gate scheusen. Viel Spass macht das allerdings nicht. Denn während man sonst die mobile Bordkarte scanbereit auf dem Screen hat, fängt hier ab der zweiten Person die Suche im Handy erst richtig an...

Fünf Fragen, fünf Antworten

1) Wo braucht man überhaupt seine mobile Bordkarte?
Normalerweise dreimal: bei der Gepäckabgabe, bei der Sicherheitskontrolle und am Gate.

2) Braucht man Internet am Gate?
Nein, wenn Sie die mobile Bordkarte bereits zu Hause runtergeladen und auf dem Gerät gespeichert haben.

3) Was tun, wenn die mobile Bordkarte nicht richtig angezeigt wird?
Auf der sicheren Seite ist, wer schon zu Hause mit der Screenshot-Funktion des Telefons ein Foto von der mobilen Bordkarte erstellt.

4) Was tun, wenn dem Handy der Strom ausgegangen ist?
Dann bleibt nur, sich am Flughafen eine Bordkarte auszudrucken, das dauert allerdings ein paar Minuten. Und bei Billigfliegern wie Ryanair zahlt man dafür.

5) Und was passiert, wenn der Passagier auf dem Weg zum Airport eine Panne hat und nicht rechtzeitig kommt?
Grundsätzlich lassen sich Bordkarten auch wieder canceln (Fachjargon: "offloaden"). Wenn der Gast zum Boardingzeitpunkt nicht am Gate ist, wird er aber auch so von der Passagierliste genommen, der Platz geht an die Wartelistengäste. Das Procedere ist das gleiche wie bei Papierbordkarten.

(SRT)