Flug

Die Annullationswelle der Airlines hat den Flugbrokern ein dramatisches Jahr beschert. Bild: Adobe Stock

Flugbroker: «Das war ein riesen Tohuwabohu»

In einer Online-Diskussion äussern sich die Flugspezialisten von Globetrotter, FTI und Hotelplan zum dramatischen Jahr – zahlreiche Airlines kommen dabei nicht gut weg.

Die Branchencalls der Reisebüro-Hilfsgruppe «Aktion Mayday» haben in diesem Jahr schon einige brisante Themen aufgegriffen. Gestern kamen die Flugbroker zu Wort, die den zuhörenden Reisebüro-Vertretern die diesjährige Problematik mit den Refunds und Umbuchungen erläutern konnten wie auch die Aussichten aufs nächste Jahr und einige Tipps (Call zum Nachhören unter diesem Link).

Nick Gerber von Globetrotter Travel Service sagte zum Frühling 2020: «Es war ein riesen Tohuwabohu». Maik Gruba vom FTI Ticketshop schloss sich Gerbers Worten an und Gerry Höhn von Hotelplan Ticketxpress sagte: «Es war sehr hektisch. Die ganze Welt wollte nach Hause reisen. Das werde ich nie mehr vergessen und hoffentlich nie mehr erleben. Was folgte waren tonnenweise Annullationen, viel Arbeit, um sich den Überblick zu verschaffen und Rückerstattungen einzuleiten.»

«Es war nicht einfach, sich mit den Airlines auszutauschen», blickt Maik Gruba auf den Chaos-Frühling zurück, viele Airlines hätten nur per Newsletter informiert, im Stundentakt seien neue Policies aufgetaucht, wie nun mit den Refunds umzugehen sei. Auch heute noch sei die Herausforderung gross, den Überblick zu behalten.

Die Mayday-Moderatorinnen Birgit Sleegers und Annette Kreczy wollten von den drei Flugbrokern weiter wissen, wie sich die Zusammenarbeit mit den Airlines mittlerweile entwickelt habe. Einige grosse Airlines hätten eingelenkt, ist von den Brokern zu erfahren. Doch gerade bei Airlines, die unter Gläubigerschutz stünden, sei die Chance gering, dass bald Geld fliessen werde. Thai Airways wird in diesem Zusammenhang genannt.

Birgit Sleegers und Annette Kreczy von der Aktion Mayday befragten Nick Gerber (Globetrotter), Gerry Höhn (Hotelplan) und Maik Gruba (FTI, nicht auf dem Bild) zur aktuellen Situation bei den Ticket-Consolidators.

Betreffend dem Refund-Handling und flexiblen Umbuchugen kommen Emirates, Qatar und Singapore Airlines bei den Brokern gut weg, auch Iberia/British sei besser geworden. Schlechte Noten dagegen erhalten Air Canada und die US-Carrier, allen voran United wegen einer äusserst komplexen Refund Policy. Bei der LH Group habe die Sache lange gedauert, doch nun lägen die Rückerstattungen praktisch alle vor.

Sorgen bereiten den Brokern die Low-Cost-Carrier. Einen Tipp hierzu äussert Nick Gerber: «Bei Easyjet und Air Asia lassen sich die Refunds in Credits umtauschen, die man für künftige Buchungen, auch für solche anderer Passagiere, einsetzen kann.»

Und dann fallen noch weitere Airline-Namen, die den Brokern beim Refund- und Umbuchungsprozedere Sorgen bereiten: Aegean, Oman Air, Avianca, Air Mauritius und South African Airways. «Teilweise haben wir vor mehreren Wochen Zusagen für Refunds erhalten, doch bis heute blieben die aus», lautet ein Brokervotum.

Zur Thematik der abgeklemmten, automatischen BSP-Refunds mag sich Maik Gruba nicht äussern, dies müsse auf europäischem Level von IATA und ECTAA gelöst werden.

Schlechter Zeitpunkt für Continous Pricing

Für Unmut bei den Brokern sorgt auch die Lancierung von Continous Pricing der Lufthansa Group, insbesondere der Zeitpunkt. «Wir benötigen derzeit Produkte, die wir nicht sogleich ausstellen und zahlen müssen», sagt Gerber. Flexibilität sei derzeit das oberste Gebot. Dass Continous Pricing mitten in der Krise lanciert wurde, nervt die Broker. Nick Gerber zeigt sich aber desillusioniert: «Wir kennen die Lufthansa-Group mittlerweile. Die Sachen, die sie im Kopf haben, ziehen sie durch. Das können wir nicht aufhalten.»

Weiter streift die einstündige Diskussion auch das Thema Preisentwicklung. Einen klaren Trend orten die Flugspezialisten nicht. Das komme auf die Airlines und Nachfrage an. Gerry Höhn sagt: «Wo es eine Monopolstellung gibt, schnellen die Preise in die Höhe». Ein klares Muster sei aber noch nicht erkennbar. Gerber wünscht sich, dass das Flugpreisniveau generell steigen wird, Reisen sollen wieder ihren Wert haben: «Mir sind 1000 statt 250 Franken nach San Francisco lieber, wenn das Produkt Sicherheit bietet.» Er glaubt an eher steigende Flugpreise, vier tägliche Flüge nach Dubai werde es wohl nicht so schnell wieder geben.

Mit einem treffenden Fazit schliesst Annette Kreczy den Call: «Wir sollten uns damit abfinden, dass wir uns vermutlich den grössten Teil des Jahres 2021 in einem sehr dynamischen Umfeld bewegen werden. Das ist aber auch ein gutes Argument, den Kunden aufzuzeigen, warum sie in einem Reisebüro buchen sollten, damit sie eben auch einen Ansprechpartner haben für unvorhergesehene Umbuchungen und Annullationen. Und für Reisebüros empfiehlt sich mit Ticketbrokern zusammenzuarbeiten, die sich im Hintergrund um diese ganze Komplexität kümmern können.»

(GWA)