Flug

Frau an der Spitze: Tonje Wikstrøm Frislid soll mit einem erfahrenen Management-Team die neue Airline Flyr zum Erfolg bringen. Bild: Hans Fredrik Asbjørnsen

Ein neuer Player für den Low-Cost-Flugmarkt

In Norwegen geht «Flyr» an den Start. Hinter der Airline stehen bekannte Namen aus dem Airline-Business. Konkurrenz wird damit nicht nur Norwegian gemacht, sondern auch Wizz Air und SAS.

Die globale Luftfahrtbranche ächzt. Praktisch ganz am Boden ist der norwegische Low-Cost-Anbieter Norwegian. Und für diesen kommt es nun noch dicker: In Norwegen formt sich eine neue Low-Cost-Airline. Hinter dieser stehen einerseits frühere Norwegian-Manager, aber auch Erik G. Braathen, der langjährige CEO der ehemaligen Fluggesellschaft Braathens (welche später von Scandinavian Airlines übernommen wurde) und von 2002-2009 auch Norwegian-Vorstandsmitglied.

Dass Braathen eine neue Airline plant, war seit Oktober bekannt; nun hat er die Details preisgegeben. Die Airline wird den Namen «Flyr» tragen, was im Norwegischen «Fliegen» bedeutet. Der an sich simple Name ist Programm: Die Fluggesellschaft will das Fliegen möglichst einfach machen, basierend auf den Bedürfnissen der Fliegenden. Das geht über eine starke Fokussierung aufs Digitale: Buchungen werden ausschliesslich über ein Smartphone getätigt, also über eine App, welche KI nutzt, um die Gewohnheiten des jeweiligen Passagiers kennen und verstehen zu lernen. Umbuchungen, Annullierungen, Gepäckaufgabe und sämtliche anderen Interaktionen werden über die App getätigt.

Die Airline will zudem Nachhaltigkeits-Ziele im Auge behalten: Man wolle «weniger, dafür smartere Flüge dahin, wo Menschen effektiv fliegen wollen» anbieten - befreit von komplexen Systemen und umständlicher Organisation. Viele Startups sehen ihr Ziel vor allem in dieser «Vereinfachung», ob dies wirtschaftlich umsetzbar ist, muss sich aber noch weisen. Mit dieser Aufgabe ist Tonje Wikstrøm Frislid (45) betraut, sie war von 2007-2018 bei Norwegian, zuletzt als Director Crew Management, und sammelte davor Berufserfahrung bei Citibank und danach bislang beim Busunternehmen Unibuss. Ihr zur Seite stehen gleich mehrere frühere Norwegian-Manager. Die Fehler von Norwegian sollen indes nicht wiederholt werden: «Wir müssen nicht immer mehr Flugzeuge in den Himmel schicken um wachsen zu können», sagt Tonje Wikstrøm Frislid in norwegischen Medien, «wir sind ausgerichtet auf die Luftfahrt nach Corona, in welcher Umwelt, Soziales und gesundes Wirtschaften im Zentrum stehen.» Die Angestellten werden direkt von der Airline angestellt sein, also mit Lohn und Sozialabsicherung nach norwegischem Recht. Aktuell zählt das Start-Up 30 Angestellte.

Konkret heisst dies, dass einerseits Domesticflüge in Norwegen - das langgezogene Land ist dringlich auf solche angewiesen - geboten werden, aber auch «ausgewählte Routen im innerskandinavischen und europäischen Flugverkehr». Ein Flugplan wurde indes noch nicht publiziert, die Flotte ist auch noch nicht bekannt. Auch den genauen Betriebsbeginn kennt man noch nicht; dieser soll aber noch in der ersten Hälfte von 2021 erfolgen. Damit wird sich Flyr mit Norwegian, aber auch mit Wizz Air (welche sich zuletzt stark auf norwegische Märkte ausgerichtet hat) sowie auf die im Norden starken «Legacy Carrier» Scandinavian (SAS) und KLM anlegen. Gerade Norwegian und Wizz Air hatten zuletzt wegen ihrer Arbeitnehmerpolitik (u.a. der Auslagerung von Arbeitsplätzen in Niedriglohnländer) viel Kritik einstecken müssen. Aber eben, eine faire und umweltbewusste Airline zu sein ist gut und recht, doch der wirtschaftliche Erfolg wird über das Weiterbestehen entscheiden. Es wird interessant sein zu verfolgen, ob der Konsument tatsächlich diesem Geschäftsmodell folgt.

Weitere Informationen zur neuen Airline gibt es auf deren Website.

(JCR)