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Die Fluggesellschaft Norwegian ist schwer angeschlagen. Bild: Kit Suman

Norwegian kämpft ums Überleben

Die norwegische Low-Cost-Fluggesellschaft hat für zwei Tochtergesellschaften Konkurs angemeldet und musste nun hören, dass es keine finanzielle Unterstützung vom Heimatstaat gibt. Wie lange geht das noch gut?

Vor nicht allzu langer Zeit hatte die norwegische Billigfluggesellschaft Norwegian Air Shuttle noch grosse Expansionsziele. Doch diese mussten bereits vor der Corona-Krise zurückgesteckt werden. Die Fluggesellschaft verschuldete sich immer mehr und galt bereits 2019 bei Bookmakern als sichere Wette hinsichtlich der nächsten Airline-Pleite.

Soweit ist es noch nicht. Aber diese Woche hat Norwegian gleich für zwei Tochtergesellschaften Insolvenz angemeldet. Nach dem Entschluss der norwegischen Regierung, dem Konzern keine weitere Unterstützung zu gewähren, und im Zuge der Coronavirus-Pandemie leite man einen Restrukturierungsprozess für die in Irland ansässigen Norwegian-Töchter Norwegian Air International Limited und Arctic Aviation Assets DAC sowie für einige Töchter von Arctic Aviation Assets DAC ein, teilte die Airline mit. Der Prozess in Irland gleich jenem des «Chapter 11» nach US-Recht. Damit will sich Norwegian Gläubiger vom Hals halten, bis eine finanzielle Restrukturierung steht.

Richtig eng wurde es, wie bereits erwähnt, als Norwegen der Airline am 9. November Hilfszusagen verweigerte. Vor dem Sommer hatte Norwegian vom Staat noch 3 Milliarden Kronen (rund 302 Millionen Franken) erhalten; eine zweite Zahlung wurde aber abgeschmettert. Damit wird das Wintergeschäft extrem schwierig für Norwegian, welche per 10. November gerade mal noch 3,4 Milliarden Kronen (rund 343 Millionen Franken) an freiem Cash hatte. Dieses Jahr hatte Norwegian bislang pro Monat rund 500 Millionen Kronen (50,5 Millionen Franken) verbrannt.

Das hat bereits jetzt zu massiven Einschnitten geführt. Norwegian zählte zu Beginn des Jahres noch rund 10'000 Angestellte; aktuell sind noch 600 Personen operativ. Von der Flotte mit 140 Flugzeugen sind aktuell lediglich 6 in Betrieb, und dies nur für innernorwegische Strecken. Ende September 2020 betrug die Schuldenlast des Unternehmens rund 48,5 Milliarden Kronen (rund 4,9 Milliarden Franken), also rund das 28-fache des Börsenwerts des Unternehmens. Im Verlaufe dieses Jahres hatten diverse Gläubiger, darunter die Leasinggesellschaften, die Schulden bereits in Kapital, also Aktienanteile, umgewandelt. Bislang ohne dass sich die Situation merklich gebessert hätte.

Kommt hinzu, dass Norwegian von Boeing im Stich gelassen wurde. Zunächst hatte Norwegian auf der Langstrecke immer wieder Probleme mit den Rolls-Royce-Triebwerken ihrer B787 Dreamliner, und musste ab Frühjahr 2019 ihre 18 B737MAX stilllegen, nachdem diesem Flugzeugtyp die Betriebslizenz weltweit entzogen worden war.

(JCR)