Flug

Zuvor fast 10 Jahre bei Emirates, arbeitet Johannes Falck seit April 2020 für Qatar Airways als Country Manager Deutschland/Österreich/Schweiz. Bild: QR

«Die Leute möchten wieder auf Reisen gehen»

Gregor Waser

Wie Passagiere künftig Vertrauen gewinnen können in die Fliegerei, erläutert Johannes Falck, Area Sales Manager Central Europe von Qatar Airways, im Interview. Und er sagt, wohin Schweizerinnen und Schweizer aktuell am liebsten hinreisen wollen.

Herr Falck, wie haben Sie die ersten Monate in Ihrem neuen Job als Area Sales Manager Central Europe von Qatar Airways erlebt?

Johannes Falck: Als ich Mitte April hier anfing, war die Krise schon im vollen Gang. Man wusste zu jenem Zeitpunkt noch nicht genau, wie sich das Ganze weiterentwickeln würde. Aber die Branche hatte die Auswirkungen schon voll zu spüren bekommen. Insofern kann von einem regulären Start nicht die Rede sein. Eine Anlaufzeit, um die Firma langsam kennenzulernen, hat es so nicht geben können. Der Start im Krisenmodus war sicherlich sehr herausfordernd, aber auch sehr spannend. Man lernt extrem viel dazu, besonders in einem Umfeld, das man vorher noch nie in dieser Form gesehen hat. Schade war natürlich, dass ich nicht jeden einzelnen des Teams persönlich kennenlernen konnte, wenngleich wir es geschafft haben, uns auf digitaler Ebene in guter Art und Weise und regelmässig auszutauschen. Qatar Airways habe ich sogleich als Airline kennengelernt, die in der Krise extrem gut und partnerschaftlich agiert. Hier liegt auch unser Fokus: dieses Vertrauen bei Passagieren und dem Vertrieb wieder aufzubauen und dabei dürfen wir uns als Vorreiter bezeichnen. Hier haben wir – zusammen mit Reiseveranstaltern, Airports und anderen Airlines – aber noch ein grosses Stück Arbeit vor uns.

Wie hat sich der Flugplan von Qatar Airways in den letzten Wochen entwickelt?

Wir sind eine der wenigen Airlines während der Krise gewesen, die durchgehend geflogen ist. Wir hatten nie weniger als 30 Destinationen im Angebot. Natürlich mussten wir wegen den behördlichen Auflagen zahlreiche Ziele sistieren, aber wir wollten auf gar keinen Fall Passagiere irgendwo gestrandet lassen. Wir haben weit über 400 Charterflüge aufgelegt, um die Passagiere sicher zu ihren Familien zu bringen. Unseren Flugplan haben wir mittlerweile auf über 50 Prozent hochgefahren. Stand heute haben wir mittlerweile 93 Destinationen und 634 Frequenzen im Angebot.

Welche Ziele kommen in den nächsten Wochen hinzu?

Das sind verschiedene. Neu bieten wir wieder Windhoek in Namibia zweimal wöchentlich an, deutlich mehr Flüge legen wir auch nach Johannesburg und Kapstadt auf, ebenso nach Luanda, Accra und Entebbe. Neu ab dem 3. Oktober fliegen wir nach Hanoi. Da kommt nun also einiges neu hinzu, stets unter Vorbehalt, dass Behörden einzelner Länder wieder mit neuen Auflagen aufwarten können.

Wie verfolgen Sie die Entwicklung der Nachfrage? Welche Strecken laufen schon wieder gut?

Was unser Vorteil ist: wir haben einen guten Flottenmix mit unseren A350 und Boeing 787. Wir versuchen auf unseren Strecken eine gute Balance zu haben zwischen Passagieren und Cargo. Fracht ist ein wichtiger Bereich, der uns derzeit hilft. Auf einigen Strecken sind die Flugzeuge aber schon nicht so gefüllt, wie wir das aus früheren Zeiten kennen. Es gibt einzelne Strecken, die nun lange nicht geflogen werden konnten. Und hier zeigt sich mit der Wiederaufnahme von Flügen eine sehr grosse Nachfrage, gerade wenn es sich um Communities handelt, die ihre Familien lange nicht mehr gesehen haben, etwa nach Pakistan oder nach einzelnen afrikanischen Ländern. Da haben wir gleich eine extrem hohe Nachfrage gesehen.

Im Ferienbereich zeichnet sich eine grosse Nachfrage zum Beispiel Richtung der Malediven ab - ein Ziel, das sichere Ferien bietet. Pauschal lässt es sich nicht sagen, wo die grösste Nachfrage herrscht, weil derzeit viele Komponenten reinspielen. Das ist auch das Spannende, dass wir uns tagtäglich damit neu befassen müssen. Wo können Leute hinfliegen? Wohin und unter welchen Umständen würden sie fliegen? Alleine schon von den Suchanfragen können wir feststellen, für welche Destinationen die Leute Interesse zeigen: in der Schweiz sind dies etwa Bali, Phuket, die Malediven und Seychellen. Die Leute wollen wissen, ab wann und zu welchen Konditionen man wieder dorthin reisen kann. Das Interesse ist jedenfalls nicht abgeklungen, dass die Menschen wieder mal Ferien in einem fernen Land verbringen möchten.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung bei den Geschäftsreisen?

Unternehmen schauen sich derzeit sehr gewissenhaft an, wann und wohin sie ihre Mitarbeiter fliegen lassen. Entsprechend reduziert erfolgen derzeit Geschäftsreisen. Gerade im China-Geschäft sehen wir klar, dass die Business-Travel-Nachfrage noch lange nicht wieder dort ist, wo sie vor Covid lag. Auch bei multinationalen Unternehmen registrieren wir noch eine grosse Zurückhaltung. Aus der Schweiz heraus hatten wir stets einen guten Mix von 60/40, ein bisschen mehr Leisure als Business Travel. Wir hoffen natürlich, wieder bald auf diesen Mix zu kommen. Gleichwohl ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Unternehmen sich weiterhin in Zurückhaltung üben und sie viele Erfahrungen gesammelt haben, sich digital auszutauschen. Gewisse Geschäftsreisen könnten in Zukunft durch digitale Kanäle ersetzt werden – doch nicht alle. Die Krise zeigt internationalen Unternehmen auch auf, wie wichtig der persönliche Austausch ist. Wir werden definitiv wieder eine Zunahme der Geschäftsreisen sehen.

«Die Frage bleibt, welche Destinationen auf den Herbst und Winter hin verstärkt öffnen werden.»

Mit welchen Schutzmassnahmen reagiert Qatar Airways auf die Corona-Situation?

Wir müssen wieder Vertrauen schaffen, dass die Leute wieder in einen Flieger einsteigen. Dazu gehört etwa das Online-Check-in, um Touchpoints zu vermeiden - viele Kleinigkeiten gehören dazu, die in der Summe eine grosse Auswirkung haben. Beim Boarding versuchen wir, die Leute auseinanderzusetzen. Beim Check-in verteilen wir Masken und ein Gesichtsschutzschild. Dazu erhalten die Passagiere ein sanitäres Kit mit Maske und Desinfektionsgel. An Bord sind weitere Desinfektionsmittel verfügbar und wir weisen regelmässig darauf hin, die Mittel zu benutzen. Zusammenstehen in den Galleys geht in dieser Zeit nicht. In der Business Class etwa wird alles auf einem Tablett hingestellt, statt in einzelnen Schritten verteilt. Wir reinigen unsere Flugzeuge noch intensiver. Auch an unserem Heimatflughafen Hamad International sind die Massnahmen massiv ausgebaut worden, das Gepäck wird desinfiziert, sogar ein Desinfektionsroboter steht im Einsatz, der über ultraviolette Strahlen erkennen kann, wo viele Menschen gestanden sind. Und diese Spots werden dann noch regelmässiger gereinigt. Die gesamte Kette von der Buchung, zum Check-in, Boarding, Flug, Deboarding, Hub, Weiterflug schauen wir uns regelmässig an und versuchen zu eruieren, wo wir noch Verbesserungen einführen können. Ein weiterer Vorteil von Qatar Airways ist, dass wir über eine sehr moderne Flotte mit Hepa-Filtern in der Kabine verfügt, die bis zu 100 Prozent aller Bakterien rausfiltern können.

Wie verfolgen Sie die Nachfrage aus der Schweiz?

Wir bieten weiterhin eine tägliche Verbindung von Zürich nach Doha an. Allzusehr in die Zukunft zu blicken, ist angesichts der fragilen Situation aber nicht angebracht. Die tägliche Verbindung möchten wir auch im Winterflugplan aufrechterhalten. Wir können derzeit eine leichte Steigerung bei der Nachfrage ausmachen. Doch die Frage bleibt, welche Destinationen auf den Herbst und Winter hin verstärkt öffnen werden.

Qatar Airways fliegt wieder täglich mit einem Airbus A350 von Zürich nach Doha. Bild: QR

Die gesamte Reisebranche leidet derzeit – was sagen Sie zur aktuellen Situation?

In der Tat, die Probleme der Branche sind enorm. Nicht nur die Airlines leiden, auch der Vertrieb und unsere Vertriebspartner. Wir stecken viel Arbeit in den täglichen Austausch mit unseren Partnern, um gemeinsame Lösungen zu finden. Wie können wir etwa unsere Schutzmassnahmen an den Kunden kommunizieren, wie können wir den Vertrieb unterstützen, damit von deren Seite auch wieder ein bisschen Hoffnung da ist? Die Leute möchten wieder auf Reisen gehen. Es ist Zeit, das wir uns wieder langsam Richtung Normalität hinbewegen.

Welche Learnings ziehen Sie aus diesem sehr speziellen Jahr?

In unserer täglichen Arbeit gilt es gewisse Arbeits- und Vertriebsprozesse zu hinterfragen. Jahrelang sind gewisse Dinge vernünftig gelaufen und man hat sich mit dem einen oder anderen arrangiert. Doch jetzt passen die Dinge einfach nicht mehr, weil man diese Gewissheit, dass die Leute schon kommen und rund um den Jahreswechsel fliegen wollen, nicht mehr hat. Diese Flexibilität, jeden Tag zu hören und schauen, was passiert draussen im Markt, das ist was wir bei Qatar Airways schnell gelernt haben. Wir müssen die Ländergegebenheiten anschauen und uns fragen, welches Produkt, welchen Flugzeugtyp benötigen wir. Diese Flexibilität ist eine Herausforderung, aber auch eine Stärke von Qatar Airways, obwohl dies für einen grossen Netzwerk-Carrier nicht einfach ist. Der Austausch untereinander ist sehr gut, die Bedeutung einer guten Kommunikation - intern wie extern - ist sehr wichtig, sicher eines der wichtigsten Learnings bei uns.