Flug

Neue Normalität erfordert gewisse Massnahmen. Flugpassagiere sollten damit klarkommen und sich den Weisungen beugen - oder halt aufs Fliegen verzichten. Bild: Polina Zimmerman

Die EASA fürchtet um die Sicherheit im Flugbetrieb

Wegen der neuen Hygienebstimmungen an Bord erwartet die Luftfahrtagentur wachsende Konflikte zwischen Passagieren und Flugpersonal - und damit vermehrt Sicherheitsprobleme.

Die europäischen Fluggesellschaften haben lange auf Richtlinien gewartet, welche die Wiederaufnahme von Flügen nach dem Corona-bedingten Shutdown erlauben. Am 13. Mai veröffentlichte die EU-Kommission diesbezügliche Empfehlungen, welche bei Airlines auf Kritik stiessen. Inzwischen hat die Europäische Luftsicherheits-Agentur (EASA) gemeinsam mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) ein «COVID-19 Aviation Health Safety Protocol» publiziert.

Wie erwartet wird in diesem nicht empfohlen, den Mittelsitz freizuhalten. Dafür aber sehr wohl, dass alle Passagiere Mund- und Nasenschutz tragen sollen. Und wo immer möglich soll ein Schutzabstand von 1,5 Metern eingehalten werden. An dieses «new normal» des Fliegens wird man sich gewöhnen müssen.

Doch die EASA treiben deswegen auch Sorgen um. Sie geht zwar davon aus, dass sich die meisten Passagiere mit diesen Bestimmungen abfinden können, rechnet aber auch damit, dass renitente Passagiere vermehrt Situationen schaffen werden, welche möglicherweise die Flugsicherheit beeinträchtigen. Die EASA spricht von einem «Konfliktpotenzial» und erhöhtem Risiko verhaltensausffälliger Passagiere, vor oder während dem Flug. Das könne beginnen mit Personen, welche sich nicht an die Regeln halten, über gegenseitige Beschuldigungen, sich nicht genügend an die Regeln zu halten, bis hin zu Passagieren, welche es ablehnen, neben gewissen anderen Passagieren zu sitzen. Deshalb sei eine starke Hand bei der Umsetzung der Regeln wichtig.

Die Flugsicherheit wäre nicht nur durch Passagierkonflikte per se beeinträchtigt, sondern auch wegen möglichen Last-Minuten-Sitzplatz-Umverteilungen aus oben genannten Gründen. Bekanntlich wird vor jedem Flug Gewicht und Balance anhand von Passagierverteilung und Fracht ausgerechnet, damit der Schwerpunkt des Flugzeugs bestimmt werden kann. Sollten nun wegen einem niesenden Passagier plötzlich alle anderen Passagiere hinten sitzen wollen, könnte sich der Schwerpunkt ändern - mit sicherheitsrelevanten Auswirkungen. Übertrieben? Vielleicht. Im Protokoll wird allerdings klar hingewiesen, dass Passagiere, die sich nicht an die Empfehlungen halten, vom Flughafen oder Flugzeug verwiesen werden können. Doch was, wenn die Krankheit erst im Verlauf des Fluges auftritt? Selbst die bald überall durchgeführten Temperaturkontrollen an Flughäfen können diesen Fall nicht ausschliessen. Weshalb während Flügen delikate Situationen entstehen könnten. Deshalb enthält das Protokoll auch Anweisungen für das Kabinenpersonal, wie zu reagieren ist, falls jemand mitten im Flug Coronavirus-Infektionssymptome zeigt. Dabei müsste die Person mitsamt deren Begleitpersonen (sofern vorhanden) so platziert werden, dass mindestens zwei Sitzreihen Abstand zum nächsten Passagier vorhanden sind - was heisst, dass Airlines zwingend etwas Freiraum in der Kabine anzubieten imstande sein müssen.

Kein Verkauf und weniger Handgepäck

Zu den weiteren Empfehlungen gehört, dass der Bordservice beschränkt wird, damit wenig Kontakt zwischen Flugpersonal und Passagieren entsteht. Zollfreie Waren sollen gar nicht mehr angeboten werden. Damit dürften einmal mehr Low-Coster unzufrieden sein, die bereits mit längeren Turnaround-Zeiten klarkommen müssen, und nun auch Verkauf an Bord - eine wichtige Einnahmequelle - einschränken müssten.

Eine weitere aufsehenerregende Empfehlung betrifft das Handgepäck: Die EASA empfiehlt, davon möglichst wenig dabei zu haben. Airlines werden aufgefordert, mittels neuen Initiativen die Passagiere dazu zu bringen, möglichst viel Gepäck einzuchecken, also im Frachtraum zu befördern. Auch hier eine Forderungen, die in gegenseitige Richtung der jüngsten Tendenzen geht.

(JCR)