Flug

Mit dem Auto wäre die Reise deutlich länger und erst noch teurer. Aber für die Airline rechnen sich extrem tiefe Tarife nicht. Bild: Hunter Woods

Für 11 Stutz von Sydney nach Melbourne?

Die Flugpreise werden erst mal in den Keller rasseln, bevor sie deutlich ansteigen. Ein Beispiel dafür bietet die australische Qantas.

Wieviel Benzin bekommt man für 11 Franken? Gerade mal ein paar Liter. Sicher nicht genug, um eine rund 880 Kilometer lange Strecke zu fahren. Aber warum fahren, wenn man fliegen kann? Zwar ist Fliegen gerade etwas schwierig, aber es zeichnet sich ab, dass man erst mal zu günstigen Tickets kommen wird - aber langfristig die Tickets dann schnell mal teurer werden.

Aktuelles Beispiel: Die australische Fluggesellschaft Qantas hat angekündigt, dass die Tarife auf der Route Sydney-Melbourne - auf dem Landweg besagte 880 Kilometer lang, auf dem Luftweg leicht kürzer - bis auf einen Preis von 19 AU-Dollar fallen könnten, also rund 11 Franken. Genau genommen würde dies die Lowcost-Tochter Jetstar verlangen, um Reisende dazu zu bringen, überhaupt erst wieder zu fliegen - jedenfalls wenn es nach der Vorstellung von Qantas-CEO Alan Joyce geht. Dieser glaubt, dass Stimuli in Form von Tiefpreisen notwendig sein werden, um die Luftfahrt wieder auf die Beine zu kriegen. Und trotz dieser Tiefpreise soll es möglich sein, die Cash-Kosten dafür zu decken.

Bei einer Route wie Sydney-Melbourne, laut OAG mit fast 10 Millionen Sitzplätzen im Jahresangebot auf Rang 5 der meistfrequentierten Domesticrouten der Welt, funktioniert dies möglicherweise dank der hohen Nachfrage. Wobei eben zunächst die Nachfrage noch tief sein dürfte, weshalb man diese künstlich hochfährt mit Tiefpreisen. Qantas bietet aktuell lediglich 5 Prozent der üblichen (geplanten) Domestic-Kapazität an, geht aber immerhin davon aus, dass der Domestic-Verkehr bald wieder startet. Reisende aus Übersee müssen sich wohl noch etwas gedulden: Internationale Flüge sind bei Qantas bis mindestens Ende Juli gestrichen. Darüber hinaus setzen Australien und insbesondere auch das benachbarte Neuseeland auf offenbar längere internationale Reiserestriktionen.

Unter dem Strich ist aber auch klar, dass tiefe Flugtarife nur ein vorübergehendes Phänomen sein werden, eines für die «Restart-Phase». Danach werden die Preise unweigerlich steigen. Aus klassischer ökonomischer Überlegung: Weniger Angebot, steigende Nachfrage, vermutlich auch steigende Kosten (wegen Hygien- und Sicherheitsbestimmungen) = steigende Preise. Gerade bei Langstreckenflügen wird dies spürbar sein. Qantas, kraft der geografischen Lage Australiens stark auf Langstreckenflüge ausgerichtet, weiss dies besser als sonstwer.

(JCR)