Flug

Hunderte Swiss-Flüge wurden in diesem Frühling nicht durchgeführt. Das Geld für die gebuchten Tickets liegt indes immer noch bei der Airline - aber voraussichtlich nur noch bis spätestens Ende September. Bild: Rémy Steiner Photographie

Erfolg auf der ganzen Linie für die Schweizer Reisebüros

Jean-Claude Raemy

Aufatmen in der Outgoing-Reisebranche: Der verlängerte Rechtsstillstand wird auch vom Ständerat gutgeheissen. Noch ausstehend ist die Verknüpfung des Sonderkredits für Swiss und Edelweiss an die sofortige Auszahlung der offenen Rückvergütungsbeträge - aber es sieht gut aus.

Die Forderung hinsichtlich Verlängerung des Rechtsstillstands wurde angenommen. Diese erlaubt es den Reisebüros, Rückerstattungen erst dann einzuleiten, wenn sie ihrerseits die Gelder von den Fluggesellschaften und Hotels erhalten haben. Hierfür hatte sich besonders Christa Markwalder (FDP/BE) eingesetzt, welche dafür eine Motion lancierte. Sie gab zu bedenken, dass im Fall von Reisebürokonkursen die Kunden auch nicht mehr zu ihrem Geld kämen. Ein Rechtsstillstand sei deshalb im Interesse aller Beteiligten.

André Lüthi, beim Schweizer Reise-Verband (SRV) für politische Belange zuständig, sagte im Vorfeld, dass der heutige Tag entscheidend für die Reisebranche sein werde - und spricht heute von einem «Hühnerhautmoment» und bedankt sich insbesondere bei Christa Markwalder. «Wir sagten immer, wir geben nie auf - es hat sich gelohnt», frohlockt Lüthi, «mit diesem Entscheid bekommt die Reisebranche Luft und wir können zusammen mit dem SECO Lösungen erarbeiten im Sinne der Konsumenten und der Reisebranche.»

Ganz einfach war es jedoch nicht: Der Ständerat hatte sich gestern ursprünglich gegen die Verlängerung des Rechtsstillstands ausgedrückt, weshalb darüber zwei Mal im Nationalrat abgestimmt wurde. Das Vorhaben kam nur dank einer sogenannten «Differenzbereinigung» durch, also einem Einlenken des Ständerats.

Rückzahlungsverpflichtung der Airlines noch hängig

Die Schweizer Luftfahrt wird gerettet - und das ist gut so. Swiss und Edelweiss erhalten Kreditgarantien, ebenso die flugnahen Betriebe. Dass diese zumeist in ausländischer Hand sind, jedoch Schweizer Betriebe unter deren aktuellem Geschäftsgebaren leiden - das Thema heisst «fehlende Auszahlung geschuldeter Kundengeld-Rückvergütung von Seiten der Airlines» - stiess in der Politlandschaft sauer auf. Und die vergleichsweise kleine Reisebranche wurde in Bern erhört.

Nachdem sich gestern der Nationalrat mit 100:86 Stimmen dafür ausgesprochen hatte, dass die Airlines den Reisebüros das Geld für ausgefallene Flüge bis am 30. September zurückerstatten müssen, hat heute nun auch der Ständerat zugestimmt. Allerdings ist die Chose noch nicht ganz durch: Es erfolgt hierzu noch eine Schlussabstimmung heute Nachmittag gegen 15 Uhr.

Insbesondere Lars Guggisberg (SVP/BE) setzt sich hier als wichtiger «Porte-Parole» der Reisebranche in Bern ein. In einem engagierten Votum zu seinem Vorstoss erklärte er bereits gestern: «Es ist wichtig, nicht nur Airlines zu unterstützen, sondern auch Reisebüros.» Er erklärte dem Parlament, wo bekanntlich «Tourismus» mehrheitlich gleichbedeutend ist mit dem Incoming-Tourismus, die Zwänge der Reisebüros hinsichtlich der gesetzlichen Pflicht, den Kunden Geld zurück zu erstatten, welches sie wegen der Vorleistungen an die Airlines nicht hätten, weshalb eine Konkurswelle drohe. Die Rede ist von einem Beitrag in Höhe von rund 200-250 Millionen Franken, welche bei der Berechnung der Liquiditätsbedürfnisse bereits berücksichtigt wurden.

Jetzt gilt es nochmals Daumen zu drücken. Laut Guggisberg und Lüthi liegen die Erfolgschancen aber bei über 90 Prozent, dass dieser Vorstoss angenommen wird. Das wäre dann ein Sieg der Reisebüros auf der ganzen Linie.

Fonds wohl vom Tisch

Kein Gehör findet indes SRV-Vorstandsmitglied Roger Geissberger, der im «ECO»-Interview auf SRF1 einen 500-Millionen-Fonds forderte. Bundeshilfe brauche es, weil die Reisebüros auf Monate hinaus nicht mehr arbeiten könnten, da die Grenzen geschlossen seien, argumentiert der Chef der Knecht Reisegruppe. Mit dem Geld könnten Härtefälle vermieden werden.

Der Bund will der Reisebranche aber nicht mit Geld zu Hilfe eilen. Bundesrat Guy Parmelin lehnt diese Forderung des Reisebüro-Verbands ab: «Der Bundesrat stellt sich aus Prinzip gegen die diversen Fonds.»

Der SRV will aber weiterhin an dieser Lösung arbeiten, ebenso an einer beschränkten Änderung des Pauschalreisegesetzes.