Flug

Kommt es diese Woche zu einer finanziellen Unterstützung für die Swiss und Edelweiss? Derzeit steht ein Grossteil der Flotte am Boden. Bild: TN

Kommentar Blinder Aufschrei wegen Steuergeldern

Gregor Waser

Am Mittwoch dürften die Details zur möglichen finanziellen Unterstützung der Swiss bekanntwerden. Im Vorfeld ereifern sich die Gegner einer solchen Unterstützung – und übersehen die Bedeutung der Swiss.

Der Groll über die Swiss ist derzeit gross. Schweizer Reisebüros droht der Liquiditätstod, weil die Airlines mit der Rückzahlung anullierter Flugreisen zuwarten. Ein absolutes Unding, schliesslich wurde für eine Leistung bezahlt, die nicht erbracht wurde. Geld zurück! Versteht sich.

Dass sich die Airlines mit der Abgabe von Gutscheinen aus der ungeheuerlichen Situation rausmogeln wollen, ist in Zeiten des wohl noch länger andauernden Lockdowns und des Stillstandes bei Buchung- und Geldfluss zwar verständlich. Doch Gutscheine sind ein unbrauchbares Entgelt für die finanziell in die Enge getriebenen Reisebüros und für viele der schäumenden Kunden.

Branchenexperte und Investor Roland Zeller schreibt hierzu in seinem Blog, dass Airlines bitteschön, wenn sie schon Gutscheine schmackhaft machen wollen, diese mit einer Gültigkeit von mindestens fünf Jahren versehen sollten, diese an keine weiteren Bedingungen knüpfen und auf den Gutschein auch noch was drauflegen. Weiter verweist er auf den Dauerärger der nicht existierenden Kundengeld-Absicherung bei Airlines, wie sie Pauschalreiseanbieter seit 20 Jahren kennen. Eine solcher Absicherung soll nun sofort eingeführt werden, fordert Zeller.

«Kein sterbenskranker Patient»

Im Vorfeld der am Mittwoch geplanten Bundesratssitzung wächst der Groll weiter bei zahlreichen Medien und Politikern. Eine staatliche Unterstützung der Swiss und flugnaher Betriebe ist zu erwarten, die Rede ist von drei bis fünf Milliarden Franken. Eine solche Untersützung sei aber ein No-go, lautet der Aufschrei.

Schliesslich gehöre die Swiss einem deutschen Konzern, der seit Jahren die Millionengewinne abschöpfe. Dann sollen die doch helfen. Und die Sonntagszeitung verbreitet die These, wenn die Lufthansa die Swiss fallen lassen würde, stünden andere Allianzen auf der Matte, das erfolgreiche Flugbusiness ab der Schweiz durchzuführen.

Diese Abwehrhaltung gegen staatliche Unterstützung – mit dem Swissair-Grounding vor 19 Jahren vor Augen – ist verständlich, aber fehl am Platz. Die Ausgangslage ist eine völlig andere. Hier liegt kein sterbenskranker Patient am Boden wie damals, sondern eine kerngesunde Airline.

«Ein ungemein wichtiger Motor»

Klar sind Swiss und Edelweiss deutsche Töchter und haben deutsche CEOs. Aber die beiden Airlines haben sich in verblüffender Weise in den letzten zehn Jahren an die Bedürfnisse Schweizer Reisender, ob im Ferienverkehr oder für Geschäftsreisen, massgeschneidert angepasst und geniessen bei Passagieren einen überaus guten Ruf.

Ein solches Airline-Konstrukt, das in der Schweiz Steuern zahlt wie auch 90 Prozent der 8500 Mitarbeiter, kann nicht einfach fallengelassen werden – mit der Meinung, morgen käme dann British Airways respektive die Oneworld-Allianz und würde ein identisches Konstrukt über Nacht aus dem Hut zaubern. Swiss und Edelweiss – mögen noch so viele Reisebüro-Inhaber derzeit mehr als nur die Faust machen – sorgen für 3 der total 7,5 Milliarden Franken Umsatz in Schweizer Reisebüros, sind also ein ungemein wichtiger Motor. Streicht man der Swiss die finanzielle Unterstützung, wie dies in diesen Tagen auch zahlreiche Reisebüro-Exponenten fordern, ist das im Ärger verständlich, in der Konsequenz aber ein Schuss ins Knie.

Bei der ganzen Unterstützungsdiskussion geht eines vergessen: Swiss und Edelweiss sprechen von einer temporären Liquiditätsspritze, von Beträgen, die sie wieder zurückzahlen wollen. Schliesslich haben die Airlines bewiesen, dass sie hochprofitabel sind und dies in Zukunft, wenngleich wohl mit einer leicht reduzierten Flotte, auch weiterhin sein dürften. Klar besteht in dieser irren Krisenzeit das Risiko eines Konkurses und dass die drei oder fünf Milliarden dabei flöten gehen. Doch die Schweiz verfügt derzeit über eine top Airline und die Chancen stehen gut, dass der Bund über Zinsen den Kredit sogar gewinnbringend wieder reinholt, und das ganz ohne Beiteiligung.