Flug

Tamur Goudarzi Pour, Thomas Klühr und Thomas Frick führen heute eine virtuelle Pressekonferenz durch. Bild: Screenshot

Ab Montag operiert die Swiss mit Rumpfflugplan

Trotz positiven Geschäftsergebnissen 2019 dreht sich bei der Swiss-Pressekonferenz alles um die Corona-Krise. Die Swiss hat nun Kurzarbeit verordnet und setzt vorerst auf einen Mini-Flugplan: Ab Montag sind nur noch ein Langstrecken- und fünf Kurzstreckenjets in der Luft. Die Swiss unterstreicht, dass Reisebüros derzeit Unglaubliches leisten, und lanciert eine kulantere Ticket-Policy.

An der heutigen virtuellen Pressekonferenz der Swiss ist der 578-Millionen-Gewinn des vergangenes Jahres nur ein Randthema. Die Ausführungen von CEO Thomas Klühr, CCO Tamur Goudarzi Pour und COO Thomas Frick drehen sich um die Auswirkungen der Coronakrise.

Die Swiss fährt den Betrieb massiv hinunter. «In dieser Woche sind noch 20 Kurz- und Mittelstrecken-Maschinen unterwegs, dazu 10 Langstreckenjets, doch wir fahren die Produktion weiter herunter», erklärt Thomas Klühr. Ab nächstem Montag wird der Betrieb unter 10 Prozent liegen. Nur noch ein Langstrecken-Jet wird in der Luft sein und zwar nach New York-Newark. Die fünf Kurzstreckenjets werden noch diese Destinationen in einem Rumpfflugplan anfliegen: Berlin, Amsterdam, Dublin, London, Dublin, Stockholm, Hamburg, Frankfurt und München. Im Moment ist geplant, ab Genf weiterhin nach London, Athen, Lissabon und Porto zu fliegen. Ab Genf wird es vorerst aber keine Langstreckenflüge mehr geben. Insgesamt werden voraussichtlich noch rund 40 Flüge pro Woche an die europäischen Destinationen durchgeführt werden sowie drei Flüge nach Newark. Der Miniflugplan gilt vorerst bis 19. April 2020.

«In Verbindung dieser Krise wird staatliche Hilfe notwendig sein», unterstreicht Thomas Klühr, «um diese Liquiditätskrise zu überwinden.» Die aktuelle Situation sei aber überhaupt nicht mit dem Swissair-Grounding zu vergleichen, «die Swiss ist finanziell und strukturell gesund». Eine Unterstützung wäre temporär.

Genauso wie auf die aktuelle Bewältigung der Krise legt die Swiss-Geschäftsleitung ihr Augenmerk auf das kommende Herauffahren der Produktion, «dies ist für uns eine genauso grosse Aufgabenstellung. Die Frage, wie geht es weiter, ist aktuell aber schwierig zu beantworten, es kommt darauf an, was in den nächsten Wochen passieren wird. Wann gehen einzelne Märkte wieder auf? Wie entwickeln sich die Einreisebestimmungen?»

Auf die Frage von Travelnews, ob die Swiss nun einfach 80 oder 85 Flugzeuge rumstehen lassen kann und was dies heisse, sagt Thomas Frick: «Es gibt verschiedene Stufen, wie lange man Flugzeuge parkieren kann. Irgendwann heisst es <Storage>, das wäre dann was anderes. Wenn man sie betriebstüchtig halten will, gilt es Maintenance-Arbeiten durchzuführen. Und dies ist der Grund, dass wir die Maschine in der Nähe von uns behalten». Eine Verschiebung nach Payerne müsste mit der Armee näher angeschaut werden.

Zur Zusammenarbeit mit Schweizer Reisebüros, sagt Tamur Goudarzi Pour: «Die Reisebüros leisten gerade Unglaubliches. Uns ist die starke Partnerschaft mit Reisebüros wichtig. Wir versuchen ihr Leben einfacher zu machen, beispielsweise haben wir die Ticket-Waiver-Policies, die Regeln, wie man Ticket umschreiben kann, deutlich vereinfacht. Eine weitere Vereinfachung folgt: auch wenn die Buchung gestrichen wird, bleiben die Tickets gültig und können auch an andere Destinationen umgeschrieben werden - bis zum 31. August für Abflüge bis Ende Jahr».

Die Ergebnisse des letzten Geschäftsjahres

Swiss erzielte 2019 einen Gewinn von 578 Mio. Franken (2018: 636 Mio., also -9,1%) und erreichte damit wiederum die angestrebte zweistellige Adjusted-Ebit-Marge, welche 11 Prozent betrug. Der Umsatz lag mit 5,33 Milliarden Franken nahezu auf Vorjahresniveau (2018: 5,30 Mrd., also +0,5%) - dies trotz herausfordernder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Vor allem höhere Aufwendungen für Treibstoff wirkten sich ergebnismindernd aus. Zudem sind gegenüber dem Vorjahr höhere Wartungskosten aufgrund erstmals fälliger, periodisch stattfindender Instandhaltungsarbeiten der Flottenzugänge angefallen. Zu spüren bekam Swiss überdies die rückläufige Frachtnachfrage im Zuge der abflachenden Weltkonjunktur.

Getrübt wird das an sich gute Bild vom aktuellen Ausblick. Infolge der sich in den letzten Wochen drastisch verschlechternden Buchungssituation aufgrund zunehmender Reisebeschränkungen und Grenzschliessungen verzeichnet Swiss massive Ertragsausfälle im aktuellen Jahr. Kurzfristige Massnahmen zur Sicherung der Liquidität haben nun höchste Priorität. Sollte sich die Situation gar noch weiter verschlechtern und zusätzliche Reiseverbote erlassen werden, kann eine komplette, temporäre Einstellung des Flugbetriebs auch bei Swiss nicht mehr ausgeschlossen werden.

Zur sofortigen Sicherung der Liquidität hat Swiss zahlreiche Kosteneinsparungsmassnahmen eingeleitet (z.B. Einstellungsstopp, Verschiebung der Auszahlung von Lohnbestandteilen, anteiliger Lohnverzicht des Kaders, Einstellung von nicht betriebsnotwendigen Projekten). Zudem führt Swiss in den nächsten Tagen Kurzarbeit ein. Die entsprechenden Voranmeldungen für die fliegenden Mitarbeitenden in Cockpit und Kabine sowie die Mitarbeitenden in der Technik und bei Cargo wurden eingereicht, einen weiteren Antrag für die administrativen Bereiche wird Swiss heute einreichen. Die Einführung der Kurzarbeit wurde mit den Sozialpartnern vereinbart.

Massive Einschnitte auch auf Stufe der Gruppe

Ähnlich sieht es bei der Lufthansa Gruppe aus. Das bereinigte EBIT lag mit 2,0 Milliarden Euro trotz erheblicher Belastungen im Rahmen der Prognose. Haupttreiber für den Rückgang waren um 600 Millionen Euro gestiegene Treibstoffkosten sowie eine spürbare wirtschaftliche Abkühlung, vor allem in den Heimatmärkten des Konzerns. Ausserdem belasteten der hohe Preisdruck im europäischen Markt aufgrund von Überkapazitäten sowie die Abschwächung des globalen Luftfrachtmarkts die Ergebnisentwicklung.

Der Umsatz der Lufthansa Group stieg im Jahr 2019 um 2,5 Prozent auf 36,4 Milliarden Euro (Vorjahr: 35,5 Milliarden Euro). Die bereinigte EBIT-Marge betrug 5,6 Prozent (Vorjahr: 8,0 Prozent). Das Konzernergebnis ging um 44 Prozent auf 1,2  Milliarden Euro zurück (Vorjahr: 2,2 Milliarden Euro). Die um Währungseffekte bereinigten Stückerlöse der Passagierairlines des Konzerns sind im Jahr 2019 um 2,5 Prozent gesunken, insbesondere durch Überkapazitäten in den Heimatmärkten der Lufthansa Group. Gleichzeitig konnten die um Treibstoff- und Währungseffekte bereinigten Stückkosten im Jahr 2019 um 1,5 Prozent gesenkt werden und damit im vierten Jahr in Folge. Im Jahr 2019 hat die Lufthansa Group 3,6 Milliarden Euro investiert (Vorjahr: 3,8 Milliarden Euro), ein Grossteil davon in neue Flugzeuge.

Zum Jahresende beliefen sich zinstragenden Nettoverbindlichkeiten auf 4,3 Milliarden Euro. Zuzüglich der im Zuge der Anwendung von IFRS 16 erstmalig bilanzierten Leasingverbindlichkeiten in Höhe von 2,4 Milliarden Euro, betrug die Nettokreditverschuldung damit rund 6,7 Milliarden Euro (Vorjahr: 3,5 Milliarden Euro). Die Pensionsverbindlichkeiten stiegen um 14 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro (Vorjahr: 5,9 Milliarden Euro), im Wesentlichen aufgrund des auf 1,4 Prozent gesunkenen Zinssatzes zur Abzinsung von Pensionsverpflichtungen (Vorjahr: 2,0 Prozent).

Um seine starke finanzielle Position abzusichern, hat der Konzern in den vergangenen Wochen zusätzliche Mittel in Höhe von rund 600 Millionen Euro aufgenommen. Aktuell verfügt die Lufthansa Gruppe damit über liquide Mittel von rund 4,3 Milliarden Euro. Hinzu kommen ungenutzte Kreditlinien von rund 800 Millionen Euro. Weitere Mittelaufnahmen befinden sich aktuell in Umsetzung. Unter anderem wird der Konzern dafür Flugzeugfinanzierungen nutzen. Der Lufthansa-Vorstand hat zudem beschlossen, auf 20 Prozent seiner Grundvergütung 2020 zu verzichten.

Nur noch wenige Flüge ab Zürich, Frankfurt und München

Doch es sind weitere Massnahmen nötig, um der Coronavirus-Krise Herr zu werden. Air Dolomiti hat am 18. März den vorläufig letzten Flug durchgeführt. Heute (19. März) ist der vorerst letzte reguläre Linienflug von Austrian Airlines in Wien gelandet. Bis auf Sonderflüge setzt Austrian Airlines ihren Flugbetrieb zunächst bis zum 28. März aus. Brussels Airlines bietet in der Zeit vom 21. März bis 19. April keine regulären Flüge an.

Lufthansa stellt den Langstreckenbetrieb in München ein und wird vorerst nur noch Langstreckenflüge ab Frankfurt anbieten. Swiss bietet neben einem deutlich reduzierten Flugplan für Kurz- und Mittelstrecke künftig nur noch drei wöchentliche Langstreckenflüge nach Newark (USA) an. Auch das Kurzstreckenprogramm von Lufthansa wird nochmals deutlich weiter reduziert und in München nur noch von Lufthansa CityLine geflogen. Von den Drehkreuzen Frankfurt, München und Zürich aus werden ausschliesslich einige europäische Metropolen angeflogen. Der Rückkehrerflugplan reicht bis zum 19. April und sieht insgesamt nur rund fünf Prozent des ursprünglich geplanten Programms vor. Rund 700 der 763 Flugzeuge der Lufthansa Group werden vorübergehend geparkt.

Kein alltägliches Bild: Die ersten Airbus A320 von Swiss sind inzwischen auf dem alten Militärflughafen Dübendorf gelandet, wo sie zwischenzeitlich parkiert werden. Bild: Olivier Raemy

(JCR/GWA)