Flug

Patrick Heymann (CCO Edelweiss) hält fest: «Wir haben die Kapazität im Service-Center deutlich heraufgefahren.» Bild: JCR

«Wir haben bereits auf diversen Flügen Passagiere aus Feriendestinationen zurückgeholt»

Chief Commercial Officer Patrick Heymann äussert sich zu aktuellen Krisenbewältigungs-Massnahmen bei Edelweiss.

Es sind harte Zeiten auch für Edelweiss. Die weltweit geschlossenen Grenzen bzw. Flugbetriebs-Einschränkungen haben bei der Schweizer Ferienfluggesellschaft dazu geführt, dass der Flugplan sukzessive reduziert werden musste. Inzwischen fährt Edelweiss den Betrieb stark herunter. Zuvor war versucht worden, den Betrieb nach Möglichkeit aufrecht zu erhalten, wo möglich und zulässig.

In Krisenzeiten liegen die Nerven aber allseits blank. Diverse Edelweiss-Kunden oder auch Trade-Partner haben sich nach unseren jüngsten Artikeln (vorgestern und gestern) bei uns gemeldet und das Verhalten von Edelweiss in den letzten Tagen bemängelt. Dabei tut Edelweiss, in Zusammenarbeit mit dem EDA und den Reiseveranstaltern, sehr viel, um Hilfe zu leisten. Wir haben nun bei Patrick Heymann (Chief Commercial Officer, Edelweiss) nachgefragt, wie die aktuelle Situation bei der Schweizer Ferienfluggesellschaft aussieht und wie sie Herr der Lage bleibt.


Herr Heymann, der Informationsbedarf der Öffentlichkeit rund um Flüge ist aktuell enorm. Welche Tools setzt Edelweiss ein, um den Trade und die Endkunden möglichst auf dem neusten Stand der Dinge zu halten?

Wir wollen schnell, richtig und transparent informieren. Mit unseren TO-Partnern waren wir die letzten zehn Tage in einem guten und vertrauensvollen Austausch. Das hat wirklich gut geklappt, trotz Hektik und sehr hoher Dynamik. Ich möchte mich an dieser Stelle bei unseren TO- und Trade-Partnern sehr herzlich bedanken. Das sind wirklich aussergewöhnliche Zeiten, wie wir sie noch nie erlebt haben.

Endkunden können sich über unsere Social Media-Kanäle oder über unsere Website informieren. Auf flyedelweiss.com ist unser aktuelles Flugprogramm abgebildet. Updates folgen laufend. Unser Service Center läuft auf Hochtouren und nimmt sich den Anliegen unserer Gäste rund um die Uhr an. Die Kapazitäten haben wir deutlich heraufgefahren. Natürlich kommen aufgrund der Situation längere Wartezeiten vor. Wir setzen aber alles daran, dass alle Anfragen so schnell wie möglich beantwortet werden.

Welches sind aus Ihrer Sicht die geeignetsten Medien/Tools für die Krisenkommunikation?

Ganz wichtig scheint mir der persönliche Austausch, auch um Missverständnisse zu vermeiden. Ich habe letzte Woche mit mehreren Partnern persönlich gesprochen. Auch habe ich anfangs Woche den SRV [Schweizer Reise-Verband, Anm.d.Red.] persönlich über die Lage bei Edelweiss informiert. Die Publikums- und vor allem die Travel-Medien sind natürlich auch ein gutes Gefäss, um wichtige Informationen abzusetzen. Wir haben am 19. März alle Medien angeschrieben mit Hinweis auf unser aktuelles Flugprogramm. In der Hoffnung, dass dies veröffentlicht wird und gestrandete Passagiere zu den nötigen Infos kommen.

Ich habe neulich in einer Tageszeitung gelesen, dass Tausende von Schweizer im Ausland gestrandet sein sollen. Es ist wichtig, dass diese Menschen schnell zuverlässige Infos erhalten, wie sie von ihrem gegenwärtigen Standort rasch und sicher nach Hause kommen. Dies ist mir persönlich ein grosses Anliegen und ich habe für deren Situation ein sehr grosses Verständnis.

Wie wird mit reduziertem Aufwand eine funktionierende Informations-Infrastruktur aufrecht erhalten?

An erster Stelle steht im Moment, dass wir so lange fliegen können wie möglich, und dass wir unsere Liquidität erhalten können. Dem ordnet sich alles unter. Entsprechend werden Funktionen, welche in dieser ausserordentlichen Situation nicht absolut betriebsnotwendig sind, in Kurzarbeit gehen.

Gibt es eine Art «Priorisierung» in der Bewirtschaftung der Anfragen/Reklamationen? Manche Fälle sind banal bzw. fussen auf Unkenntnis, manche sind wohl eher gerechtfertigt...

Die Anfragen von unseren Partnern stehen an erster Stelle. Insbesondere die Bedarfsabfrage in Bezug auf Gäste, welche noch zurückfliegen müssen. Wir haben unser Programm in erster Linie daran ausgerichtet, wo noch Personen zurückzuführen sind. Dabei haben wir gut und eng mit unseren TO-Partnern zusammengearbeitet. Anfragen von Einzelkunden beantworten in der Reihenfolge wie wir sie erhalten. Priorisiert werden dabei Anfragen in Bezug auf Flüge die unmittelbar anstehen.

Bei uns kamen einige Mails herein, die explizit Edelweiss-kritisch sind. Nehmen Sie auch einen erhöhten Reklamationsdruck wahr?

Natürlich bekommen wir auch Beanstandungen. Das verstehe ich auch angesichts der weltweiten Situation. Wir setzen aber alles daran, jedem Gast zu helfen.

«Sobald das Bild klarer ist, kommunizieren wir umgehend auf unserer Website»

Mal etwas konkreter: Es wurde bemängelt, Edelweiss habe Kunden nicht proaktiv über Annullationen informiert, sondern die Kunden mussten dies selber online zusammensuchen/erfahren. Ihr Statement dazu?

Anfänglich war es wichtig, aufgrund der extrem hohen Dynamik der Ereignisse überhaupt den Überblick zu behalten, beispielsweise welche Ziele überhaupt noch bedient werden können. Unser Krisenstab verarbeitet diese Informationen, zu Beginn fast in einer 24 Stunden Schicht. Sobald das Bild klarer war, haben wir umgehend auf unserer Website kommuniziert. Ich bin überzeugt, dass wir sehr rasch und transparent informiert haben, sobald die Informationen auch gesichert waren. Manchmal hat das auch gedauert. Das hängt auch damit zusammen, dass wir für gewisse Flüge bei den lokalen Luftverkehrsbehörden Spezialbewilligungen einholen mussten und immer noch müssen.

Dann gab es den Fall, dass ein Veranstalter (in diesem Fall DER Touristik) eine Annullation entsprechend der aktuell gültigen Kulanzregelung gewährte, jedoch von Seiten EDW auf die Entrichtung der Reservationsgebühr bestanden wurde.

Wir verlangen keine Reservationsgebühr vom Reiseveranstalter. Wir klären diesen Fall aber gerne im Nachgang der momentanen Situation ab.

Kam es bereits zu EDW-Rückführungsflügen? Nicht auf Geheiss des Bundes, sondern von TOs oder Privaten...

Wir haben in den letzten Tagen diverse Flüge durchgeführt, bei welchen wir nur Passagiere aus der entsprechenden Feriendestination zurückgeholt haben. Unter anderem Ägypten, Costa Rica oder Dominikanische Republik. In Marokko haben wir ein Flugzeug mit mehr Sitzplätzen eingesetzt um möglichst viele Schweizer Touristen zurückfliegen zu können. Bei diesem Flug hat sich das EDA finanziell beteiligt. Wir prüfen zurzeit weitere Rückführungsflüge aus Costa Rica und der Karibik.

Abschliessend: Was ist die Message an den Trade bzw. an die Öffentlichkeit in dieser schwierigen Zeit?

Wir fliegen so lange wir können und dürfen - und wir suchen laufend mit Hochdruck Lösungen für den Trade und unsere Endkunden. Dabei arbeiten wir auch eng mit unserer Schwestergesellschaft Swiss zusammen.

(JCR)