Flug

So sieht die Premium Economy bei Singapore Airlines aus. Leider erwarten manche Passagiere bei Buchung von Economy Plus eine Art Economy Premium. Bild: Singapore Airlines

Kommentar Kenne den Unterschied bei der Buchung ähnlich benannter Kabinenprodukte

Jean-Claude Raemy

Immer billigere Economy und immer bessere Business haben weite Verbreitung der Premium Economy ermöglicht. Für Laien sind die unterschiedlichen Produkte allerdings nicht immer gut voneinander trennbar. Wir klären auf.

Bei vielen Airlines gehört die Premium Economy inzwischen zum Standard-Kabinenangebot. Bei Singapore Airlines, Lufthansa und weiteren seit rund vier Jahren, bei British Airways (World Traveller Plus!) schon deutlich länger, bei Swiss kommt sie demnächst, bei Delta und American Airlines kürzlich in Zürich präsentiert, - und inzwischen haben auch Emirates, Finnair sowie soeben KLM als praktisch letzte «Major Carrier» die Einführung dieser Zwischenklasse angekündigt. Warum führen alle diese Zwischenklasse ein?

Die Antwort liegt eigentlich auf der Hand: Während die Economy-Klasse seit Jahren immer weiter abgespeckt wurde, derweil sich die Premium-Klassen ständig zu überbieten bemühten, fehlte es zuletzt bei manchen Airlines an einer «Mittelklasse». Etwas mit mehr Privilegien und Komfort und Service als die «Holzklasse», preislich aber noch nicht in der Liga der «Kaviarklasse». Oder anders formuliert: Die frühere Dreifaltigkeit aus First-Business-Economy wurde inzwischen grosso modo durch Business-Premium Economy-Economy ersetzt. Das wäre ja noch einigermassen verständlich und in der Tat darf man behaupten, dass einige Premium-Economy-Angebote es locker mit Business-Angeboten von früher aufnehmen könnten.

Doch ist es ja nicht einfach so, dass es eben nur drei klar voneinander unterscheidbare Kabinenklassen gibt. Manche haben weiterhin eine First, manche sogar dort noch eine Sonderklasse mit Suiten, andere bieten im Bereich Economy ein unterschiedliches Produkt auf Langstrecken und Kurzstrecken, gerne natürlich mit anderem Namen, und viele haben darüber hinaus noch eine «Economy Plus». Das Komplizierte daran ist, dass Airlines ihren eigenen Bordklassen gerne originelle Namen geben, was sich allerdings nur loyale Kunden jemals merken können. Die Hin-und-Wieder-Flieger orientieren sich an Kabinen-Überordnungen und nicht an fancy Markenbezeichnungen für Kabinenprodukte.

Für gewisse wird das zum Problem. Ich habe neulich eine Dame erlebt, welche sich lautstark bei den Flight Attendants beschwerte, weil man ihr keine Decke und kein Amenity Kit gegeben hatte - sie sass in Economy Plus, doch der von ihr geforderte Service galt nur für Passagiere der Premium Economy, die etwas weiter vorne sitzen. Die Dame ging davon aus, dass dies in etwa dasselbe sei und sie vermutlich auch gleich viel bezahlt habe. Sie lag jedoch ganz klar falsch.

Kunden in Premium Economy bezahlen ein gutes Stück mehr für die Privilegien der eigenen Klasse, darunter in der Regel mehr Platz, besserer Service und Amenity Kits sowie flauschige Decken und vielleicht noch weitere Goodies, je nach Airline. «Economy Plus» oder wie auch immer diese bei der jeweiligen Airline heissen mag bietet jedoch nur etwas mehr Beinfreiheit und vielleicht einen leicht grösseren Neigungswinkel. Es ist lediglich eine kleine Sonderstellung innerhalb der Economy Class; man sitzt zuvorderst in Economy und hat eben leicht mehr Beinfreiheit und vielleicht Priority Boarding, aber damit hat sich's. Der Aufpreis liegt in der Regel pro Weg im zweistelligen Franken- oder Dollar-Bereich, bei der Premium Economy ist die Rede von Aufpreisen im mittleren dreistelligen Franken-Bereich - so über den Daumen gepeilt.

Premium Economy ist jetzt die Butter auf dem Brot

Premium Economy ist für grössere Menschen oder auf längeren Flügen sicherlich den Aufpreis wert. Darüber hinaus können Firmen mit beschränktem Reisebudget für vernünftiges Geld ihren Mitarbeitenden immer noch etwas Status und Komfort bieten, wenn diese die herkömmliche Economy als nicht zumutbar taxieren.

Genau in letzterem lag übrigens lange Zeit die Zurückhaltung einiger Airlines vor einer Einführung der Premium Economy begründet: Man musste sicher sein, dass nicht Business-Passagiere downgraden, sondern dass Economy-Passagiere upgraden. Wie man hört, ist es gelungen, wichtige Firmen in der Business Class zu halten und zahlreiche Passagiere der Economy zum Upgrade in Premium Economy zu bewegen. Für Fluggesellschaften ist die Premium Economy längst nicht mehr nur eine Art Zustupf, wie es die Economy Plus war, sondern ein neuer «Moneymaker».

Wichtig ist für Endkunden bzw. Buchungsstellen, genau zu analysieren, wie das Bordprodukt der gewählten Airline gestaltet ist und was zum jeweiligen Service gehört. Lohnt sich der Gangplatz in Economy Plus allenfalls mehr als ein Mittelsitz in Premium Economy? Gibt es für Statuskunden allenfalls auch gratis Upgrades in Premium Economy? Man sollte genau abwägen, welche Leistungen für welchen Preis im Ticket inkludiert sein sollten. Genau das wollen die Airlines ja auch mit der Diversifizierung ihres Angebots. Wenn sie sich jetzt nur noch auf eine allgemeinverständliche Terminologie für die Buchungsklassen einigen könnten...