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Die Nachfrage nach Privatjetflügen ist seit der Coronavirus-Krise sprunghaft angestiegen. Bild: Chris Leipelt

Coronavirus: Jetzt schlägt die Stunde der Privatcharterflüge

Die Linienfluggesellschaften fliegen kaum mehr nach China. Die Nachfrage bei Privatfluggesellschaften und Privatchartervermittlern wie Air Charter Service oder Air Partner ist enorm. Doch das gute Geschäft birgt auch Tücken.

Viele international tätige Unternehmen haben infolge der Coronavirus-Krise und der daraus resultierenden Streichung von Linienflügen von und nach China derzeit Probleme, entweder ihre Mitarbeitenden von China nach Hause zu holen oder aber Mitarbeitende weiterhin nach China zu schicken. Nicht alle haben einen kompletten Reisestopp nach China verhängt! Doch was tun, wenn es kaum noch Flüge gibt und die noch wenigen vorhandenen Flüge komplett ausgebucht sind?

Die Antwort liegt auf der Hand: Man wendet sich an Privatfluggesellschaften. Tatsächlich? «Seit dem Ausbruch des Coronavirus sehen wir eine erhöhte Nachfrage bei Privatjetflügen weltweit», erklärt Simone Altmann (Sprecherin, Air Partner) auf Anfrage von Travelnews, «Menschen, die in den betroffenen Regionen unterwegs sind, reisen ab oder buchen alternative Routen. Da der Linienflugverkehr in den betroffenen Regionen abnimmt, sind Flüge im Privatjet eine funktionierende Alternative und gewinnen zunehmend an Bedeutung.»

Auch Justin Lancaster (Commercial Group Director, Air Charter Service) spricht davon, dass ihr Unternehmen «mit Charteranfragen überflutet» wurde, seit die Coronavirus-Krise in China bzw. mittlerweile in ganz Asien Spuren hinterlässt: «Wir haben unterschiedlichste Aufgaben wahrgenommen und einmal vier Personen im Privatjet befördert, einmal über hundert Personen in einem grossen Privatjet, oder auch 100 Tonnen Atemschutz-Gesichtsmasken, Overalls und Gummihandschuhe transportiert. Manche Reisende haben auch Privatjets gechartert, um sich nicht dem Risiko einer Infektion auf kommerziellen Flügen auszusetzen, während manche Regierung Grossraumflugzeuge bis hin zum A380 gechartert habe, um ihre Landsleute en masse zu evakuieren.»

Chance und Herausforderung zugleich

Grundsätzlich klingt das nach einem erfreulichen Business-Aufschwung für Privatjet-Betreiber. Klar, Privatjets die notwendige Privatsphäre und durch den Zugang zu privaten Terminals können Menschenmassen an den Flughäfen und somit eine erhöhte Ansteckungsgefahr vermieden werden. Doch so einfach ist es nicht, die Chance zu nutzen birgt auch viele Herausforderungen.

Nicht alle Gesellschaften bieten einfach so Flüge nach China als Alternative zu Linienfluggesellschaften an - aus denselben Überlegungen wie die Linienfluggesellschaften. Oder weiter gedacht: Chartervermittler erhalten trotz vieler Anfragen und lukrativer Angebote nicht einfach Flugzeuge von Airlines oder Leasinggesellschaften. Dan Voyles (Paramount Business Jets) glaubt sogar, dass die Mehrheit der Anfragen nicht befriedigt werden kann: «Viele Gesellschaften wollen ihre Flugzeuge nicht nach China entsenden, einerseits um die Crews nicht dem Risiko einer Infektion auszusetzen, aber auch, weil die aus China zurückkehrenden Flugzeuge nicht direkt weiterverwendet werden können, weil diese zumindest in gewissen Ländern in eine zweiwöchige Quarantäne müssen.»

Bei Air Charter Service gab es verschiedenste Herausforderungen, etwa in Form von Passagieren, welche auf einer Crew bestanden, die zuvor nicht in China gewesen war, oder solchen, welche ihr Gepäck oder ihre Fracht nicht mit Flugzeugen befördern wollten, welche zuvor in China gewesen waren. Darüber hinaus musste stets sichergestellt werden, dass die Flugzeuge und Flugoperationen stets den neusten Anweisungen von Regierungen und Gesundheitsbehörden entsprechen: «Wir mussten vier Flüge wegen plötzlichen Änderungen von Einreisebestimmungen in gewissen Ländern annullieren», erklärt Lancaster und verweist darauf hin, dass Air Charter Service inzwischen eine dedizierte Landing Page auf der eigenen Website eingerichtet hat, welche sich spezifisch mit den Problemen und Einschränkungen im Luftverkehr wegen der Coronavirus-Krise auseinandersetzt. In diesem Zusammenhang wichtig zu wissen: Die Büros von Air Charter Service in Peking, Shanghai und Hong Kong sind operativ und nehmen auch weiterhin Charteranfragen entgegen.

«Trotz schwieriger Umstände kann Air Partner durch das weltweite Netzwerk und die langjährige Erfahrung, Privatjetflüge in der ganzen Welt organisieren», ergänzt derweil Altmann. VistaJet fliegt ihrerseits nicht mehr nach China, trotz offenbar sehr starker Nachfrage, unter anderem von Chinesen, welche während ihrer Auslandferien im Rahmen des Chinesischen Neujahres stecken geblieben sind und seither verzweifelt versuchen, nach Hause zu kommen.

Logan Ravishkansar, CEO von MyJetAsia, erklärt derweil gegenüber der «BBC», dass das Geschäft 2003 während der SARS-Krise deutlich besser lief: «Auch damals kam es zu einem sprunghaften Anstieg der Nachfrage. Diese konnte besser befriedigt werden, weil es einfacher war, zwischen einzelnen Ländern zu fliegen. Dieses Mal haben die Regierungen wegen der Coronavirus-Krise weltweit viel schärfere Reisebestimmungen auferlegt.»

(JCR)