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SRV-Geschäftsführer Walter Kunz: «Weshalb sollen wir als Reisebranche die Kosten einer Airline-Insolvenzversicherung tragen?» Bild: JCR

Airline-Insolvenzschutz: «Es geht einfach nicht vorwärts»

Der Schweizer Reise-Verband (SRV) hat einen neuerlichen Appell an die Politik gerichtet, um endlich den Vertrieb besser vor Airline-Insolvenzen zu schützen. SRV-Geschäftsführer Walter Kunz erklärt gegenüber Travelnews die Hintergründe.

Allein in den drei Jahren zwischen 2017 und 2019 gingen insgesamt 32 Airlines Konkurs. Dies oftmals mit Kostenfolge für den Vertrieb. Das Thema ist nicht neu und war schon an der Generalversammlung 2017 des Schweizer Reise-Verbands (SRV) ein wichtiges Thema, wie auch dann 2018 und 2019 nochmals. Gestern hat der SRV nun mittels einer kurzen Pressemitteilung nochmals nachgedoppelt, im Anschluss an die Pleiten von Air Italy und AtlasGlobal, die nach einem ersten Grounding und kurzzeitiger Betriebs-Wiederaufnahme letzte Woche definitiv die Segel strich.

Im Communiqué steht, dass der SRV für 2020 davon ausgeht, dass rund eine Airline pro Monat in Konkurs gehen wird - also bis Ende Jahr rund weitere 10 Airlines. «Diese Groundings und Konkursfälle zeigen, dass unsere gemeinsam mit dem europäischen Verband ECTAA erhobene Forderung nach Insolvenzabsicherung der Airlines mehr als berechtigt ist und die internationalen Stellen, vor allem Brüssel, zum Schutz der Kunden, aber auch der Veranstalter und Reisebüro rasch handeln sollten», wird SRV-Geschäftsführer Walter Kunz im Schreiben zitiert.

Travelnews hat bei Kunz nachgehakt. Dass es tatsächlich zu weiteren Insolvenzen kommen wird, liegt auf der Hand. «Mit Blick in die Vergangenheit und mit Einbezug der Erfahrungswerte lässt sich eine solche Prognose durchaus erklären», sagt Kunz. Auch die Airliner selber gehen davon aus, dass sich der Markt weiter konsolidiert, und mit Air Italy und AtlasGlobal hat es ja bereits schon Mal zwei nicht gerade kleine Carrier erwischt. Doch was hat der SRV mit diesem Versand wirklich bezweckt? Es gehe darum, die (Schweizer) Politik aufzurütteln: «Deshalb haben wir diese Meldung nicht bloss via Newsletter, sondern auch als Medienmitteilung versandt», so Kunz, «im Gegensatz zu unseren österreichischen Kollegen, die diese Forderung letzte Woche nur intern distribuiert haben.» Die Forderung sei in der Tat nicht neu, aber «steter Tropfen höhlt den Stein». Und immerhin wurde das Thema ja unter anderem auch in Massenmedien wie dem «Blick» inzwischen aufgenommen.

«Der Stand der Dinge ist ‹on hold› oder ‹pending›!»

Nun ist ja nicht so, dass die Politik gänzlich untätig blieb. Wie Travelnews im Oktober berichtete, hat sich die EU für eine Integrierung von Airline-Insolvenzschutz-Lösungen in die aktuell in Revision stehende Fluggastrechtverordnung ausgesprochen. Das freute Kunz, der sich gemeinsam mit der ECTAA schon seit 10 Jahren um eine Lösung dieses Problems bemüht. Das Problem ist aber, dass es nicht schnell genug geht: «Der Stand der Dinge ist ‹on hold› oder ‹pending› - es geht einfach nicht vorwärts», so Kunz.

Darauf angesprochen, dass es ja inzwischen Airline-Insolvenzlösungen gibt und die Airlines diese als Lösung ins Feld führen, ergänzt Kunz: «Weshalb sollen wir als Reisebranche die Kosten einer Airline-Insolvenzversicherung tragen? Wir für unseren Teil müssen ja unser eigenes Konkursrisiko auch selber tragen.» Kunz stellt sich auch die Frage, weshalb die Reisebranche als einzige Branche die Kundengelder absichern muss: «Nicht einmal bei einem Immobilienkauf ist dies der Fall. Und dort sind die Zahlungen und Vorleistungen weit höher als beim Kauf einer Reise.»

Wäre möglicherweise ein anderer Lösungsansatz, dass der SRV seinen Mitgliedern Empfehlungen abgibt hinsichtlich «buchungswürdigen» gegenüber «riskanten» Airlines? Kunz verneint kategorisch: «Diese Risikoanalyse muss jedes Reisebüro für sich selber vornehmen. Ansonsten könnte uns ja Rufmord nachgesagt werden, falls wir eine Airline auf eine sogenannte ‹Financial Black List› nehmen würden.»

Die Airliness setzen sich jeweils auf den Standpunkt, dass der Markt reguliert, oder anders gesagt: Die Schwachen werden ausscheiden, bis es nur noch gesunde Airlines gibt, welche nicht Gefahr laufen, Konkurs zu gehen. Als Vorbild dient hierbei der weitgehend konsolidierte US-Himmel, an welchem ein paar wenige, hoch profitable Airlines dominieren. Davon ist Europa aktuell noch meilenweit entfernt und auf praktisch jede Pleite fällt auch eine Airline-Neugründung. Daher wird es eben noch dauern mit dem Konsolidierungsprozess, daher wird es unweigerlich zu weiteren Pleiten kommen. Und genau deshalb kann es dem SRV mit einer Lösung nicht schnell genug gehen: «Wir wünschen uns in erster Linie, dass wir nicht weiterhin die Risiken der Airline tragen müssen», sagt Kunz, «ob der Lufthimmel dabei fragmentiert ist oder nicht ist sekundär.»

(JCR)