Flug

Lufthansa tüftelt offenbar an einer neuen Klasse irgendwo zwischen First und Business. Bild: (c) Lufthansa

Das Tüfteln an den Flugklassen

Früher gab es zwei, dann drei, dann wieder zwei Klassen in Flugzeugen - inzwischen jedoch Subklassen aller Art. Die jüngste Initiative von Lufthansa hin zu einer «Premium Business» verdeutlicht den Marktdruck nach einer immer stärkeren Segmentierung.

Jüngst wurde Travelnews wieder zu Flugzeugbesichtigungen geladen, mal bei Delta, mal bei American. Das sich stets verändernde Bordprodukt bei den Airlines macht solche Besichtigungen zum Pflichtstoff für Fachjournalisten. Bei den genannten beiden Events war der Konsens jeweils, dass die Premium Economy eigentlich aussieht wie früher die Business. Überhaupt galt die höchste Aufmerksamkeit diesen neuen Zwischenklassen.

Und offenbar sind weitere Zwischenklassen im Anflug. Wie die Kollegen von «Aerotelegraph» aus diversen Quellen bestätigt erhalten haben, arbeitet Lufthansa offenbar an einer Art «Premium Business Class». Dies geht mit der Einflottung der Boeing 777X einher; die neue Klasse soll bereits 2021 eingeführt werden - bislang gibt es dazu jedoch noch keine offiziellen Statements von Lufthansa. Die neue Klasse soll ganz vorne in der Business Class liegen, eigene Sitze haben und noch mehr Privatsphäre bieten, möglicherweise wie bei anderen Airlines eine Art Suite. Es geht darum, das Angebot nach oben abzurunden, denn in den B777X wird keine First Class vorhanden sein. Dafür wohl eben eine «Premium Business». Darüber hinaus wird es in der Economy eine «Economy Plus» mit mehr Beinfreiheit geben (analog etwa bei American), nicht zu verwechseln mit «Premium Economy», welche eine eigene Kabinenkategorie ist.

Aus Schweizer Sicht spannend ist dabei, dass bei der Lufthansa Group ja solche Kabineninnovationen meistens für alle Konzern-Haupt-Airlines eingeführt werden, also dereinst auch Swiss-Flugzeuge mit so einer «Premium Business» ausgestattet sein könnten, wobei es bei Swiss natürlich weiterhin auch eine First Class gibt und das Total, sollten all diese Kabinen eingeführt werden, auf fünf Kabinentypen steigen könnte (First, Premium Business, Business, Premium Economy, Economy (inklusive Economy Plus).

Immer stärkere Differenzierung

Damit widerspiegelt sich auch im Kabinenangebot der Trend zur Differenzierung bzw. Individualisierung des Angebots. Früher war es ja einfacher: Zunächst mal gab es nur eine Kabine, doch mit dem Aufkommen einer breiter zugänglichen kommerziellen Passagier-Luftfahrt kamen schon bald Differenzierungen. Die ersten Schlafkabinen gab es bereits in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, allerdings vorerst nur in den Luftschiffen. Auch die ersten Flugzeugtoiletten gab es bereits in diesen 30er Jahren.

Eigentlich war zunächst alles exklusiv und auf gut zahlende Passagiere ausgelegt, bevor man mekrte, dass umständliche Reisen mit vielen Stopps die Möglichkeit eröffneten, Personen auf kürzeren Strecken zu günstigeren Preisen mitzunehmen - doch für diese wurde dann eine «Coach Class» geschaffen, deren Service sich erheblich unterschied. «Business» und «Economy» waren dann als Standard-Dichotomie der Flugzeug-Kabine etabliert. Die Differenzierung nach oben erfolgte durch die First Class, währenddem vor allem das Aufkommen der Low-Cost-Carrier eine Abwertung der Economy mit sich führte - wenige Platz, weniger Service, weniger Komfort, dafür tiefste Preise. Und darauf mussten auch die Legacy Carrier reagieren.

Was man aktuell beobachten kann, ist, dass Airlines wieder bereits früher getestete Differenzierungs-Strategien verwenden und für «bessere» Economy-Sitze (Economy Plus - eben keine eigene Kategorie) mehr Geld einnehmen können, oder dass eben auch für Platzierungspräferenzen (ganz vorne, beim Notausgang, nicht in der Mitte etc.) Geld verlangt werden kann. Der technologische Wandel im Buchungsbereich macht dies relativ einfach. Vor Jahren hiess es zunächst mal, es brauche nur noch zwei Klassen, und First-Klassen wurden sukzessive abgeschafft, doch heute sind wir bereits wieder bei mindestens drei, meistens sogar vier Klassen angelangt, und darin noch mit zahlreiche Differenzierungen, die in den technischen Buchungsklassen abgebildet sind.

Und es wird weiterhin an Differenzierungen getüftelt. Die arabischen Airlines haben es mit den «Suiten» und den Bord-Duschen und den Butlern an Bord vorgemacht und so etwas wie eine «Super First Class» geschaffen. Am anderen Ende der Skala sprechen Ultra-Low-Cost-Carrier weiterhin über noch mehr Sitze auf noch engerem Raum, und noch mehr No-Frills-Angebote. Inzwischen bieten die meisten Airlines Transatlantikflüge an, die man, lediglich mit Handgepäck, extrem günstig buchen kann. Was wirklich neue Kabinen oder nur kleine Abweichungen und unterschiedliche Service-Levels sind, ist inzwischen für Normalkunden, also gelegentliche Flieger, kaum mehr nachvollziehbar. Letztlich ist es auch ein Marketingkampf der Airlines.

Das Gute ist jedoch, dass sich ganz offensichtlich unser eingangs erwähnter Eindruck bestätigt: Das Bordprodukt verbessert sich angesichts der Differenzierung durchgehend in allen Klassen - ausser vielleicht für die Ultra-Low-Price-Anhänger.

(JCR)