Flug

«Fuel tankering» ist die Praxis, mehr Treibstoff als nötig mitzuführen. Was bislang als normale Praxis gilt, ist plötzlich ins Visier der Umweltschützer geraten. Bild: Free-Photos

Wenn der Profit wichtiger als der Planet ist

Aktuell entlädt sich über Airlines im Allgemeinen und British Airways im Besonderen ein Shitstorm: Offenbar wird zum Kostensparen absichtlich viel zu viel Kerosin getankt - was allerdings deutlich höhere CO2-Ausstösse als nötig verursacht. Was ist dahinter?

Wissen Sie, was man unter «Fuel Tankering» versteht? Airliner wissen: Es ist die Praxis, nach welcher Fluggesellschaften deutlich mehr Treibstoff laden, als zum Erreichen der Zieldestination eigentlich nötig wäre - dies, um vor Ort weniger oder gar keinen (teureren) Treibstoff tanken zu müssen, damit also um signifikante Einsparungen zu realisieren. Generell kann eine Airline sagen, dass es bei dieser Form von Betankung sowohl um Preis- als auch um Sicherheitsaspekte geht - weil man ja im Falle einer längeren Verzögerung des Flugs auf jeden Fall auch genügend Kerosin dabei hat.

Bereits im Juni 2019 publizierte Eurocontrol daraufhin ein Papier, in welchem die Einsparungen der Airlines mit der zusätzlichen Umweltbelastung (mehr CO2-Ausstoss, da mit schwereren Flugzeugen geflogen wird) aufgewogen wird. Das rief Umweltorganisationen wie Greenpeace auf den Plan, welche den Airlines vorwarfen, «den Profit höher als den Planeten zu gewichten», was insbesondere stossend sei, weil sich viele Airlines aktuell mit ihren Bemühungen im Bereich der Nachhaltigkeit brüsten.

Spitzfindig? Vielleicht. Ganz ohne ist es jedoch nicht: Laut Berechnungen der «BBC» generierte allein British Airways aufgrund von «Fuel Tankering» im letzten Jahr einen theoretisch vermeidbaren Ausstoss von 18'000 Tonnen CO2. Offenbar existieren bei British Airways - und bestimmt noch bei weiteren Airlines - interne Softwareprogramme, welche Kostensparmöglichkeiten durch «Fuel Tankering» bei jedem Flug berechnen. Sind solche zu erzielen, wird mehr Treibstoff geladen - teils bis zu sechs Tonnen pro Flug. Das Extragewicht führt zu einem deutlich höheren CO2-Ausstoss. Bei einem Beispiel wurden auf einem BA-Flug nach Italien drei Tonnen Treibstoff zusätzlich geladen; gespart wurden 40 Pfund, jedoch wurden 600 Kilo CO2 dadurch mehr ausgestossen.

To be fair: Während bei einigen Flügen die effektive Ersparnis durch «Fuel Tankering» bei gerade mal 10 Pfund gelegen habe, sei die Ersparnis auf anderen Flüge bei mehreren hundert Pfund gelegen. Nehme man die Eurocontrol-Annahme, dass jeder fünfte Flug in Europa absichtlich zu viel Treibstoff geladen hat, als Grundlage, kommt man dennoch zum Schluss, dass «Fuel Tankering» allein so viel CO2 pro Jahr ausstösst wie eine Stadt mit 100'000 Einwohnern. Denn laut Eurocontrol wurden wegen «Fuel Tankering» im letzten Jahr 286'000 Tonnen Kerosin «zu viel» (gemessen am eigentlichen Reisebedarf) verbrannt, was 901'000 Tonnen zusätzlichen CO2-Ausstoss generiert habe - die Praxis habe jedoch den Airlines Einsparungen von 265 Millionen Pfund ermöglicht.

Das Spar- und Sicherheits-Argument der Airlines ist sicherlich berechtigt; «Fuel Tankering» ist jedoch hinsichtlich deren Beitrags zu den globalen Umweltschutzbemühungen zumindest fragwürdig.

(JCR)