Flug

Die flyBAIR-Führung von links: José Gonzalez (CEO), Urs Ryf (VR), André Lüthi (VR) und Urs Sieber (VRP). Bilder: Bern Airport

Flughafen Bern: Mit Crowdfunding zur Gründung von «flyBAIR»

Die Flughafen Bern AG will mit der virtuellen Fluggesellschaft «flyBAIR» in die Luft gehen. Ein Crowdfunding soll das dafür nötige Geld liefern.

Der Flughafen Bern-Belp startet ein Crowdfunding für eine virtuelle Airline. Mit einer virtuellen Fluggesellschaft ist gemeint, dass der Flughafen Bern keine eigenen Flugzeuge in die Luft schickt, sondern sie least, also mietet. Diese Flüge werden dann dem Publikum angeboten, sagte Beat Brechbühl, Verwaltungsratspräsident der Flughafen Bern AG, am Freitag vor den Medien.

Eine neue Tochtergesellschaft der Flughafen Bern AG soll das neue Geschäftsfeld betreiben. Sie braucht aber ein Startkapital, und dafür ist das Crowdfunding vorgesehen, also das Sammeln von Geld. 2,5 Millionen Franken braucht es nach Brechbühls Worten. Der Name der Fluggesellschaft ist «FlyBAIR».

Die bisherigen Anstrengungen, traditionelle Fluggesellschaften nach Bern zu holen, hätten sich alle zerschlagen, sagte Brechbühl weiter. Nun wolle die Flughafen Bern AG nicht auf staatliches Geld warten, sondern unternehmerisch tätig werden. Wenn das Publikum wirklich am Fliegen ab Bern interessiert sei, werde es investieren.

Seit dem Konkurs des wichtigsten Carriers Skywork im August 2018 und der Entlassung zahlreicher Flughafen-Mitarbeitenden kämpft der Flughafen Bern um eine Zukunft des Betriebs.

flyBAIR setzt auf ein neues, schlankes Geschäftsmodell. Es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt mit verschiedenen Partnern, eine sog. virtuelle Airline: Die Reiseveranstalter wie Aaretal Reisen, Belpmoos Reisen, Buchard Voyages, Hotelplan, TUI und VT Vacances buchen saisonale Flugverbindungen an Destinationen, die sich in den letzten Jahren ab Bern einer grossen Nachfrage erfreuten.

flyBAIR ist für die Vermarktung zuständig, Lions Air kümmert sich um das operative Geschäft und German Airways, eine seit Jahrzehnten zuverlässige Fluggesellschaft, verleast die Flugzeuge (Sommercharter Embraer 190 und Winterflugplan Bombardier Dash 8-400). Diese Zusammenarbeit soll es ermöglichen, die Fixkosten tief zu halten und Synergien zu nutzen. Es sollen keine eigenen Flugzeuge gekauft und nur so viel Kapazität abgerufen werden, wie nachgefragt wird.

Urs Ryf, CEO der Flughafen Bern AG und Verwaltungsrat von flyBAIR, sagt: «Die schlanke Struktur, die verhältnismässig geringen Fixkosten und die kompromisslose Ausrichtung auf die Nachfrage – das unterscheidet flyBair von allen früheren Projekten. Wir haben aus Fehlern der Vergangenheit gelernt. Das ist keine Erfolgsgarantie, aber es sind wesentliche Faktoren, die zum Gelingen des Projekts beitragen.»

André Lüthi im Verwaltungsrat der flyBAIR AG

Das Start-up flyBAIR ist eine 100%-ige Tochtergesellschaft des Berner Flughafens – am Anfang. Das Management besteht aus dem Verwaltungsratspräsidenten Urs Sieber (langjähriger Aviatik Manager), VR André Lüthi (Group President Globetrotter), VR Urs Ryf (CEO Flughafen Bern) und dem Geschäftsführer José González (Tourismus- und Regionalaviatik-Experte); alle seit Jahren mit Bern-Belp verbunden. Die Bern-Verbundenheit spiegelt sich auch in der Namensgebung: Der Name setzt sich aus den drei Wörtern Fly, Bern und Air zusammen. Englisch ausgesprochen verweist der Name zudem auf das Berner Wappentier – den Bären. «Das ist ein Projekt von Berner für Berner/innen» so André Lüthi, Verwaltungsrat der neuen Airline. «Jetzt haben wir alle die einmalige Chance, um zu zeigen, dass wir in Bern einen sinnvollen und ökologisch vertretbaren Publikumsverkehr haben wollen: als Tourismusregion, als Bundeshauptstadt mit Hub-Anbindung in die Welt».

Crowdfunding durch Bernerinnen und Berner «Mit allen» meinen die Initianten von flyBAIR die Berner Bevölkerung: Die Finanzierung soll über Crowdfunding erfolgen. Der Flughafen Bern hat die flyBAIR AG bei der Gründung mit CHF 250‘000 dotiert. Der Kapitalbedarf beträgt rund CHF 2.5 Millionen. Ist die Nachfrage genügend gross, soll nach zwei Jahren mit einer schwarzen Null abgeschlossen und anschliessend ein positiver Cashflow erzielt werden. «Statt auf den Kantonsbeitrag zu warten, haben wir uns für eine unternehmerische Lösung entschieden», führt Beat Brechbühl, der Verwaltungsratspräsident des Flughafens, aus. «Der Flughafen geht in die Vorleistung und ins Risiko und bietet den Bernerinnen und Bernern ein vielfältiges Sommer- und Herbstflugangebot sowie später eine regelmässige Hub-Anbindung an. Jetzt liegt es an allen, die wieder ab Bern fliegen wollen, den Tatbeweis zu erbringen. Es ist nun existenziell, dass sie sich am Crowdfunding beteiligen. Ob mit grossen oder kleinen Beträgen oder mit Ticketkäufen von und nach Bern-Belp. Es ist vielleicht unsere letzte Chance, den Publikumsverkehr am Leben zu erhalten.»

Prominente Berner Persönlichkeiten wie Nicole Loeb, Pascale Berclaz oder Nina Burri sind bereits an Bord. Auf der Website www.flybair.ch und auf Social Media setzen sie sich für das Fliegen von und nach Bern ein. Auch Stadtpräsident Alec von Graffenried begrüsst die Rückkehr des Linienflugverkehrs auf dem Flughafen Bern.

Sommerferienflüge ab Mai 2020

Ab Mai 2020 sollen ab Bern-Belp wieder täglich Sommerferienflüge abheben. Das erste Ziel ist Palma de Mallorca (mehrere Flüge pro Woche), dann folgt ein attraktives und vielfältiges Angebot: nach Menorca, Jerez, Olbia, Preveza, Rhodos, Kos und Kreta (jeweils 1-2 Flüge pro Woche). Weiter sind 2 Flüge pro Woche von Sion nach Mallorca geplant. Ziel ist auch ab Herbst 2020 eine Anbindung an einen Hub – München, Amsterdam oder London stehen im Vordergrund. Welche der drei Städteanbindungen es sein wird, hängt von der Nachfrage und den Slots ab und wird in den nächsten Monaten evaluiert. Die Flüge durchführen soll flyBAIR – eine neue Airline von Bern für Bern.

(TN)