Flug

Was, wenn die Airline plötzlich nicht mehr da ist? Zu Kundenschutzmassnahmen herrschen bei Airlines und Airline-Vertriebsstellen völlig unterschiedliche Ansichten. Bild: AdobeStock

Freude beim Vertrieb, Ärger bei den Airlines

Jean-Claude Raemy

Die EU-Resolution, in welcher eine Integrierung von Airline-Insolvenzschutz-Lösungen in die Fluggastrechtverordnung gefordert wird, sorgt für Gesprächsstoff. Der Schweizer Reise-Verband und das Board of Airline Representatives nehmen Stellung.

Das EU-Parlament hat am gestrigen 24. Oktober eine Resolution im Nachgang zur Pleite von Thomas Cook verabschiedet, wie Travelnews berichtet hat. Darin wurde unter anderem ein besserer Schutz von Konsumenten im Falle einer Airline-Pleite gefordert - und angeregt, eine (nicht konkret beschriebene) Versicherungslösung idealerweise gleich in die derzeit in Überarbeitung stehende Fluggastrechteverordnung 261 zu übernehmen.

Natürlich beinhaltet eine solche Resolution keine bindende Rechtsprechung und möglicherweise wird es noch Jahre dauern, bevor konkret etwas passiert. Dennoch ist die klare Stellungnahme der EU auch als deutliches Signal an die Airlines zu verstehen. Wie reagieren diese? Und wie reagieren jene - die Vermittler - welche ähnliche Massnahmen seit langem fordern?

Walter Kunz, Geschäftsführer des Schweizer Reise-Verbands (SRV), erklärt auf Anfrage von Travelnews: «Zusammen mit der ECTAA kämpfen die Europäischen Verbände seit über 10 Jahren unermüdlich darum, dass die Airlines ebenfalls dazu gezwungen werden, die Kundengelder abzusichern. Bisher musste unsere Branche die Risiken der Airline-Industrie tragen und dafür haften – zumindest innerhalb einer Pauschalreise. Wir freuen uns, dass jetzt endlich Bewegung in die Sache kommt, auch wenn es dafür den Konkurs von Thomas Cook gebraucht hat.»

Jürg Müller, Präsident des Board of Airline Representatives in Switzerland (B.A.R.), findet es zunächst amüsant, dass man eine solche Resolution aufgrund der Pleite einer Airline macht, welche im Besitz eines Reiseveranstalters war. Ansonsten kann er der Forderung in der Resolution wenig Gutes abgewinnen: «Eine Versicherungslösung in eine Fluggastrechtverordnung mit reinzupacken, welche aktuell wegen vielen Unklarheiten ohnehin und seit langem in Überarbeitung ist, finden wir sportlich. Vor allem aber finden wir die geforderten Versicherungslösungen keine gute Idee, weil solche die 'faulen Eier' nicht sterben lassen. Oder umgekehrt formuliert: Wer als Airline anständig wirtschaftet, wird nicht belohnt. Wir verstehen Konsumentenschutz nicht als Vollkasko-Versicherung, als Carte Blanche, um undifferenziert bei jeder Airline zu buchen. So kann der Markt nicht spielen.»

«Es hat bereits Versicherungslösungen»

Letzteres sagt Müller natürlich vor dem Hintergrund, dass die Airline-Branche bereits in einem Konsolidierungsprozess ist, welcher sich weiter akzentuieren wird und von vielen Airlines durchaus auch gewünscht wird. In der genannten EU-Resolution selber steht, dass seit 2017 rund 30 Airlines Pleite gegangen sind - eine Quote, welche nach Ansicht der meisten Experten/Airliner auch in kommenden Jahren anhalten wird. Will heissen: Schlecht wirtschaftende Airlines sollen vom Markt abgestraft werden. Das Problem ist hierbei allerdings, dass Endkunden nicht immer wissen, welchen Airlines Pleiten drohen.

Müller bemerkt jedoch, dass es bereits Versicherungslösungen gibt, welche solche Fälle von Airline-Insolvenzen vorsehen. Wenn die Konsolidierung abebbt, werden solche Lösungen auch kaum mehr benötigt sein. Vorläufig heisst dies aber aus Sicht der vermittelnden Branche, dass sie sich selber vor Airline-Pleiten versichern muss, sprich für solche Versicherungsleistungen zahlen muss.

Es sieht also nach einem Rennen gegen die Zeit aus: Muss die Airline-Branche noch vor bzw. während der zu erwartenden weiteren Pleitewelle für Kundengeldabsicherungen selber geradestehen, oder geschieht dies erst dann, wenn kaum noch Airline-Pleiten zu erwarten sein werden?