Flug

Daniele Cereghetti ist seit Januar 2018 CEO von Zimex Aviation, welche dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert. Alle Bilder: © Zimex Aviation Ltd.

Kennen Sie diese Schweizer Airline schon?

Jean-Claude Raemy

Sie ist die älteste bestehende schweizerische Fluggesellschaft, hat schon mal ex-US-Präsident Barack Obama befördert und ist seit Jahren profitabel. Die Rede ist von der Zimex Aviation Ltd. Wir haben uns am Hauptsitz in Glattbrugg mit CEO Daniele Cereghetti über das Geschäft der Airline unterhalten – insbesondere auch über deren Pläne in der touristischen Fliegerei.

An der Cherstrasse in Glattbrugg, in der Nähe der Büros von Hotelplan oder von Emirates, liegt der Hauptsitz der Zimex Aviation Ltd. Die Büros sind schlicht, in den Gängen hört man unterschiedlichste Sprachen, es herrscht eine entspannte Atmosphäre. Kaum zu glauben, dass hier eine grosse Schweizer Airline haust – zumal es im Treppenhaus grosse Bilder von Swiss-Flugzeugen hat. «Das hat die Verwaltung des Gebäudes entschieden und umgesetzt, ohne uns zu konsultieren», sagt CEO Daniele Cereghetti halb amüsiert, halb resigniert. Wir wollten von ihm wissen, wer die in Touristikkreisen doch noch relativ unbekannte Zimex ist und ob noch weitere Kooperationen wie jene mit Belpmoos Reisen – ab Bern nach Elba – auf dem Tapet sind.


Herr Cereghetti, wie ist die Zimex entstanden und welches sind heute ihre Geschäftsfelder?

Zimex Aviation wurde am 30. Mai 1969 gegründet bzw. im Handelsregister eingetragen, von Hannes Ziegler, der mit einem Flugzeug ein Import/Export-Geschäft betrieb – daher der Name. Wir sind also fast genau 50 Jahre alt.

Heute sind wir in vier Bereichen tätig. Wir sind eine Airline, mit einem Schweizer Flugbetriebszertifikat, dem AOC. Wir haben ebenfalls ein ATO, sind also eine «approved training organisation» für Piloten. Darüber hinaus haben wir auch ein AMO, sind also eine «approved maintenance organisation» für Flugzeugwartung. Und zuletzt haben wir auch ein CAMO, sind damit eine «continuing airworthiness management organisation» - hier wird die Wartungsplanung erstellt, ebenfalls unter Aufsicht des Bundesamts für Zivilluftfahrt (BAZL).

Sie haben also mehrere Airline-relevante Geschäftsfelder sozusagen im Haus.

Ja. Trainings machen wir hier in Glattbrugg, auch das Zwischenlager für Flugzeugteile ist hier. Die Wartung geschieht allerdings am Flughafen Altenrhein nahe St. Gallen, wo wir einen Hangar mieten, sowie in Hassi Messaoud in Algerien – darauf komme ich zurück. Des Weiteren betreiben wir weltweit 20 Line-Stations, für kleinere Wartungsaufträge.

Wie viele Flugzeuge operiert die Zimex?

Wir operieren 25 Flugzeuge – 3 Pilatus PC6, 14 DHC6 «Twin Otter», 3 Beechcraft 1900D, 4 ATR72 sowie eine ATR42. Darüber hinaus können wir weltweit auf weitere 25 Flugzeuge zurückgreifen – dort sind wir nicht Besitzer, liefern aber verschiedene vertraglich vereinbarte Dienstleistungen.

Haben Sie hierzu ein Beispiel?

Nordic Seaplanes, in Dänemark, betreibt mit einem Twin Otter die Wasserflugzeugstrecke Kopenhagen-Aarhus, also von Stadtzentrum zu Stadtzentrum, was für Geschäftsreisende sehr attraktiv ist. Der Flug geht mehrmals täglich und dauert 45 Minuten. Sie besitzen das Flugzeug und kümmern sich um Ticketverkauf und Marketing; die Operation läuft allerdings komplett über uns. Der Twin Otter wurde in Altenrhein bereitgestellt und wird von uns gewartet und betrieben. Der Vorteil für Nordic Seaplanes: Sie müssen für eine Route nicht eine ganze Airline-Struktur aufbauen.

«Zimex beschäftigt total fast 240 Personen in der Gruppe.»

Wie gross ist denn Zimex, in Zahlen ausgedrückt?

Wir beschäftigen total fast 240 Personen in der Gruppe. Aktiv am Flugzeug tätig ist das Gros - rund 120 Piloten und 60 Ingenieure. Der Rest, rund 80 Personen, arbeiten hier in in der Schweiz.

Und im finanziellen Bereich?

Im letzten Jahr erzielten wir einen Umsatz von 55 Millionen Franken, dieses Jahr rechnen wir mit einem Umsatz von gegen 60 Millionen Franken. Wir sind seit Jahren profitabel.

Wer sind denn eigentlich die Eigentümer?

Seit November 2015 ist Zimex vollständig im Besitz einer Schweizer Holdingfirma namens Corvus Aero AG, in welcher 15 Privatpersonen als Investoren in den Bereichen Aviatik und Finanzen tätig sind. Wir haben das Glück, dass dieser Einzelaktionär ein «long-term shareholder» ist, sprich, die Gewinne werden zu guten Teilen als Reinvestition der Firma zugeführt, damit wir weiter wachsen können.

Im Verwaltungsrat sind drei Personen – nebst mir selber sind dies, als Präsident, Guy Girard, bekannt aus früherer Tätigkeit bei Farnair, sowie Andreas Waespi, der aus dem Finanzsektor kommt.

Sie haben das Wachstum angesprochen – wie sieht dieses aus?

Ich sage es mal so: Wir haben in den letzten vier Jahren den Umsatz um 40 Prozent steigern können. Dies, weil wir uns einerseits etwas breiter und strukturierter in der Führung aufgestellt haben, weil wir ein Express-Cargo-Geschäft aufgezogen haben und auch organisch gewachsen sind.

Die HB-ALN von Zimex ist aktuell auch für Belpmoos Reisen auf der Strecke Bern-Elba unterwegs.

Das neuste Standbein ist ja jetzt die Touristik. Sie sind erstmals in die touristische Wet-Lease-Fliegerei eingestiegen, durch einen Vertrag mit Belpmoos Reisen, für welche sie Flüge ab Bern nach Elba durchführen. Wie kam es eigentlich dazu?

Ich muss etwas ausholen. Wir haben seit Dezember 2018 eine ATR42, die HB-ALN mit 48 Sitzplätzen, welche primär für Swisscoy-Einsätze in den Kosovo verwendet wird. Diesen Vertrag erhielten wir eher zufällig, zuerst war der ja bei Farnair bzw. ASL, später bei Skywork, wir hatten bei Ausschreibungen jeweils das Nachsehen. Doch als Skywork Pleite ging, kam man auf uns zurück.

Nun ist dieses Flugzeug mit dem Swisscoy-Auftrag nur an 2 von 7 Tagen ausgelastet. Wir hatten also Kapazität und uns umgehört. Letztlich nahm aber Beat Iseli von Belpmoos Reisen mit uns Kontakt auf – er hatte ebenfalls ein Problem aufgrund des Skywork-Groundings. Wir konnten ihm Samstagsflüge nach Elba bieten, sowie einen Flugzeugtyp, mit welchem sich der anspruchsvolle Flughafen von Elba überhaupt anfliegen lässt – wir sind nebst Silver Air die einzige Airline, die dorthin regelmässig fliegt.

Das Flugzeug ist doch aber in Basel stationiert.

Das ist so – ein W-Flug Bern-Basel-Elba wäre einfacher, liess sich aber innert kurzer Zeit nicht bewerkstelligen. Und ab Basel zu fliegen macht aufgrund der dortigen Stärke von Easyjet keinen Sinn.

Sehen Sie weitere Ausbaumöglichkeiten im touristischen Geschäft für Zimex?

Grundsätzlich ja, aber wir werden nur in Nischen operieren können. Als Schweizer Airline hat man im Chartergeschäft schlechte Karten, weil die Kosten in der Schweiz einfach höher sind und der Markt gleichzeitig sehr preissensitiv ist. Nach Palma, Antalya, Djerba oder Sharm-el-Sheikh könnten wir niemals mithalten; darüber hinaus sind wir gegenüber Jets mit unseren Turboprops zu langsam und haben relativ wenig Reichweite.

Unsere Flugzeuge sind dafür sehr zuverlässig, beim CO2-Ausstoss deutlich umweltfreundlicher als Jets und wir können auch auf kurzen Bahnen starten und landen. Mit einem Treibstoffverbrauch von rund 14 Litern pro Sitz pro Stunde sind wir auch deutlich günstiger unterwegs als Jets. Ich kann sagen, es gibt Anfragen für Sommer-Operationen ab Regionalflughäfen wie Sitten, Altenrhein, Lugano oder auch Bozen, die wir uns anschauen.

Sie können nebst Prishtina und Elba ohnehin noch weitere Rotationen mit dem ATR42 planen.

Es wäre möglich, aber wir wollen die Kapazität nicht maximal ausnutzen. Wir sind da vorsichtig unterwegs, im Sinne der Kunden.

Abschliessend möchte ich hier festhalten, dass das Tourismusgeschäft für uns eine sehr gute Ergänzungs-Aktivität darstellt, aber kein Kerngeschäft. Wir wollen in diesem Bereich sicher aktiv bleiben.

«Das Tourismusgeschäft ist für uns eine gute Ergänzung, aber kein Kerngeschäft. Wir wollen darin aber aktiv bleiben.»

Das touristische Geschäft bleibt zumindest vorläufig also eine Randerscheinung. Womit verdient Zimex das meiste Geld?

Das ist die so genannte «Utility Aviation», also Flugzeugdienste in unterschiedlichsten Einsatzbereichen. Früher machte dies 100 Prozent unseres Umsatzes aus, heute noch rund 60 Prozent.

Beispielsweise sind wir für das Rote Kreuz (IKRK) schon seit Jahren im Südsudan tätig, wo wir Medizin- und Personentransporte mit vier vor Ort stationierten Twin Otters durchführen. Wir bringen europäische Qualität in diese entlegenen Gebiete, und achten genau auf betriebliche Sicherheit. Alle Pisten werden vorgängig inspiziert und nach internen Regeln zugelassen; teils konzipieren wir die Landebahnen gar selber.

Haben Sie keine Probleme mit der Rekrutierung von Personal für Arbeitseinsätze in solchen Gebieten?

Nein, der humanitäre Aspekt unserer Arbeit ist auch für die meisten Mitarbeitenden sehr wichtig. Ausserdem sind die Anstellungsbedingungen recht attraktiv. Die Piloten verbringen einen Monat vor Ort und haben dann einen Monat frei, bevor sie wieder dorthin arbeiten gehen.

Ein Zimex-Flugzeug mit IKRK-Branding auf einem kleinen Flughafen im Südsudan.

Ist der Deal mit dem IKRK ihr grösster Account?

Nein. Für die Öl- und Gasindustrie betreiben wir in der algerischen Wüste eine grosse Operation mit sechs Flugzeugen. Wir haben dort eigentlich die ganze Infrastruktur mit aufgebaut: Wir waren der Transporteur, als es darum ging, das Gelände zu sondieren, später eben auch beim Aufbau einer kompletten Infrastruktur. Daher unterhalten wir dort eben auch eine Maintenance-Operation. Wir holen Personal in Algier ab und bringen es zu den Förderfeldern und umgekehrt, führen auch Evakuierungsflüge bei medizinischen Notfällen und dergleichen durch. Wir sind dort langfristig eingebunden, das gibt uns auch Planungssicherheit.

Im humanitären Bereich gibt es diese Sicherheit weniger. Wir merken, dass viele Staaten dafür weniger Geld bereitstellen, die Budgets zurückgehen. Allerdings braucht es bei Aufträgen für die Ölindustrie auch mehr Compliance, mehr Follow-up, also mehr Aufwand – den wir entsprechend verrechnen.

Wie teilt sich nebst der Utility Aviation der restliche Umsatz auf?

Etwa 20 Prozent kommen aus dem Maintenance-Betrieb, dort verzeichnen wir übrigens das grösste Wachstum. Der kleinste Bereich ist die Piloten-Ausbildung. Im Rahmen einer 2015 eingeleiteten Differenzierungsstrategie wurde darüber hinaus eben auch Frachtverkehr innerhalb Europas aufgebaut – eben auch, weil Einsätze in Kriegsgebieten ein volatiles Geschäft darstellen.

In letzterem Bereich fliegen wir mit ATR-72 Express-Fracht umher. Wir sind als Integrator für UPS oder Carousel Logistics unterwegs und können hier auf Know-how zurückgreifen. Wir transportieren herkömmliche Güter wie Autoteile oder Post, aber auch Güter aus dem E-Commerce sowie spezielle Fracht wie Tiere oder gefährliche Güter wie Sprengstoffe oder Lithium-Batterien, für welches wir ebenfalls eine Lizenz besitzen.

Sechs Zimex-Flugzeuge sind im Rahmen eines grossen Vertrags in der Öl- und Gasindustrie mitten in der algerischen Sahara bei Hassi Messaoud stationiert.

Einige Flugzeuge fliegen mit Zimex-Bemalung, andere nicht. Wie wird das gehandhabt?

Die Namensrechte sind jeweils Vertragsbestandteil. Dass das IKRK sein Logo auf den Flugzeugen haben will, liegt auf der Hand. Für den Transport von Mitarbeitern in die Wüste hinaus ist dies dagegen nicht relevant.

Sie bieten also ein ziemlich gut diversifiziertes Produkt in erfolgreichen Nischen an. Wer ist da überhaupt ihre Konkurrenz?

In der Schweiz haben wir eigentlich keine, aber das ist auch nicht relevant, da wir ja geografisch auf dem ganzen Erdball aktiv sein können. Es gibt Unternehmen in Kanada oder auch Südafrika, die ähnlich wie wir aufgestellt sind.

Bei uns ist jedenfalls das Produkt zentral. Da bieten wir immer wieder innovative Lösungen. Beispielsweise haben wir ein «turnkey product», also eine fixfertige Lösung für Kunden, die eine Flugverbindung mit Twin Otters einführen wollen. Wir stellen das Flugzeug nach Wunsch des Kunden zusammen, stellen zu Beginn die Crew und auch den technischen Unterhalt vor Ort. Ist die Operation am Laufen, bilden wir nach und nach lokale Crews und Ingenieure aus. Zuletzt wird die ganze Operation inklusive dem Flugzeug an den Kunden übertragen. Wir übernehmen die Vorfinanzierung.

Haben Sie auch hierzu ein Beispiel?

Wir haben dies mit Air Tetiaroa auf Tahiti gemacht. Diese musste ab Papeete eine Flugverbindung zum exklusiven, aber abgelegenen Resort «The Brando» aufziehen. Für diese Flugverbindung kommen inzwischen Twin Otter von Zimex zum Einsatz, die wir speziell umgebaut haben, da ja anspruchsvolle Kundschaft ins Brando fliegt und die Navigation über offenem Meer eigene Tücken hat.

Als wir dies 2017 lancierten, war einer unserer ersten Flugpassagiere übrigens Barack Obama, der sich dort nach Ablauf seiner Amtszeit als US-Präsident schöne Ferien gönnte. Für unsere Piloten natürlich ein Highlight.

Wie lange dauerte denn die Überführung einer Twin Otter nach Tahiti?

Von Altenrhein nach Papeete waren die Piloten elf Tage unterwegs. Zum Glück geht es auf die Malediven etwas schneller, nur fünf Tage. Dort werden ja zahlreiche Twin Otter im Flugverkehr zwischen den einzelnen Inseln eingesetzt. Einige der Flugzeuge von Maldivian Air Taxi wurden von uns aufgebaut und nach Male geflogen, wo sie dann erst mit den Schwimmern ausgestattet wurden.

«Der Flug von Papeete zum Brando Resort mit Barack Obama war für unsere Piloten natürlich ein Highlight.»

Zum Abschluss : Wie würden Sie Zimex in wenigen Worten charakterisieren?

Wir sind flexibel und können da aushelfen, wo andere Airlines aus den unterschiedlichsten Gründen nicht weiterhelfen können. Wir haben ein breites Tätigkeitsfeld, operieren global und legen grössten Wert auf massgeschneiderten, guten Service. In unseren Geschäftsfeldern sind wir erfolgreich unterwegs. Und wenn sich die eine oder andere neue Möglichkeit im Tourismus ergibt, freut uns dies natürlich.