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Alle Lämpchen auf grün bei Icelandair: Die Airline hat einen neuen Grossaktionär erhalten und sich in Europa neu aufgestellt. Bild: Icelandair

Icelandair fokussiert sich vermehrt auf das Europa-Geschäft

Der isländische Carrier will wieder näher an die Märkte und hat unter anderem eine Account Managerin für Süddeutschland, Österreich und die Schweiz eingestellt. Gleichzeitig wird die Nordamerika-Expansion gebremst, während in Europa aufgestockt wird.

Die Meldung, wonach Icelandair im Sommerflugplan 2019 Zürich neuerdings zwei Mal täglich mit Reykjavik verbinden würde, war ebenso erfreulich wie erstaunlich: Vor nicht allzu langer Zeit hatte der Carrier doch Vertrieb und Marketing in Island zentralisiert und das für Zentraleuropa (und damit auch die Schweiz) zuständige Büro in Frankfurt massiv heruntergefahren, und gleichzeitig eine beispiellose Expansion in Nordamerika gestartet. Wie ging das auf?

Inzwischen hat sich gezeigt, wohin Icelandair steuert: «Wir haben den strategischen Fokus nach Europa verlagert», erklärt Icelandair-Sprecher Arthur Bollason im Telefongespräch mit Travelnews.ch, «der Fokus lag zuletzt zu einseitig auf dem Wachstum, insbesondere in Nordamerika.» Nun soll es eine bessere Balance zwischen Europa und Nordamerika geben.

Dafür wird ab Mai 2019 das europäische Streckennetz von Icelandair deutlich erweitert. Nebst Zürich erhalten auch Amsterdam, Berlin, Brüssel, Frankfurt, Hamburg, Kopenhagen, München, Oslo, Paris und Stockholm zusätzliche Flüge. In Nordamerika wird es ebenfalls zusätzliche Flüge geben, etwa von und nach Boston, Chicago, Minneapolis, New York, Toronto und Washington DC. Dagegen wurden die Verbindungen nach Cleveland (USA) und Halifax (Kanada) wieder eingestellt.

Um die erwähnte «Balance» zu schaffen, wird das gesamte Flugsystem angepasst – laut Bollason «eine Riesenaufgabe». Aus Nordamerika treffen die neuen Flugverbindungen um 09.30 Uhr in Island ein, und um 10.30 Uhr gibt es die Weiterflüge nach Europa. Aus Europa kommen die zusätzlichen Flüge um 18.30 Uhr nach Island und um 20.00 Uhr gibt es die Weiterflüge nach Nordamerika.  

Näher am Markt

Madeleine Bitter ist neu für die Schweiz zuständig.

Auch organisatorisch macht sich dies bemerkbar: Das Team in Deutschland wurde wieder hochgefahren. Im September 2018 stiess Rieke Voss Als Sales Manager Norddeutschland mit Sitz in Hamburg zum Icelandair-Team, im Februar dann Madeleine Bitter als Sales Account Manager Süddeutschland, Österreich und Schweiz, mit Sitz in Mainz. Die gebürtige Karlsruherin will in den kommenden Monaten die TO-Kontakte weiter intensivieren und Icelandair an diversen Veranstaltungen in der Schweiz - darunter etwa der Travelshow - repräsentieren, wie sie gegenüber Travelnews.ch ausführt.

Diese beiden Anstellungen allein unterstreichen, wie der Vertrieb jetzt nicht mehr Frankfurt-zentriert ist, sondern «in die Regionen geht», wie Bollason es ausdrückt. Doch auch in Frankfurt wurde wieder aufgestockt, um drei Personen, zuletzt kam im März Seán O‘Meara (Agent Support & Groups) zum Team hinzu, und in Frankfurt soll in Kürze auch noch eine Marketing-Position besetzt werden. «Mit den letzten Neu-Einstellungen sind wir auf insgesamt 10 Mitarbeiter für Zentraleuropa gewachsen», erklärt Bollason.

Das Aufgabenfeld konzentriere sich auf den Verkauf (Travel Agents, Tour Operator und Endkunden) und auf Aktivierungsmassnahmen (Marketing). Besonders im Fokus stehe hierbei die regionale, deutschsprachige Reservierung als eigenständiger Support für die Icelandair-Geschäftspartner.

Ein neuer Aktionär schafft Möglichkeiten

Auf das Aus von Konkurrent Wow Air angesprochen, erklärt Bollason, dass man darüber nicht nur glücklich sei: «Wir haben Mühe, die durch das Aus von Wow Air entstandene Lücke zu absorbieren. Unsere Flugzeuge waren schon gut ausgelastet, jetzt übersteigt die Nachfrage das Angebot. Ich habe von Reiseveranstaltern gehört, welche aktuell wegen der prekären Situation mit den Flugsitzen Island-Buchungen zurückweisen mussten.»

Dennoch sei es klar, dass es nun auch Möglichkeiten gebe. Unter anderem hatte ja Wow Air teils dieselben USA-Ziele wie Icelandair angeflogen und sich letztlich an der Überkapazität verschluckt. Icelandair hatte nicht nur den längeren Atem, nun gibt es auch noch eine positive Botschaft im Nachhinein: Die amerikanische PAR Capital Management hat 5,64 Milliarden isländische Kronen (rund 47,1 Millionen Franken) für 11,5 Prozent Anteil von Icelandair hingeblättert und ist damit auf einen Schlag zum zweitgrössten Aktionär der Airline (hinter der isländischen Pensionskassengesellschaft Lífeyrissjóður) geworden. Der Deal sei innert wenigen Tagen zustande gekommen – wohl nicht zufällig gleich nach dem Aus von Wow Air.

An Bedingungen hinsichtlich Strategie sei der Deal nicht gebunden. Er gibt aber Icelandair wieder Kapital für seine Neuorganisation und Expansion – in wenigen Tagen werden übrigens Flüge nach Düsseldorf lanciert – und möglicherweise die eine oder andere interessante Option: PAR Capital hat auch in United Airlines, Delta Air Lines, Southwest Airlines, JetBlue und Expedia investiert.

(JCR)