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Drei Flugzeuge von Helvetic Airways in einem Hangar - am neuen Standort geht's. Hier ist auch genug Platz für die Embraer E2, welche ab September eingeflottet wird. Bild: MG

Embraer-Einflottung fordert Helvetic Airways heraus

Jean-Claude Raemy

Dieses Jahr wird alles der «Single Fleet Strategy» unterstellt. Damit will die Schweizer Airline optimal für die Zukunft gerüstet sein, wie CEO Tobias Pogorevc in einem «Hangar Talk» erklärte.

Der Eingang zum Helvetic-Hangar liegt bei Tor 141 am Flughafen Zürich. Bild: JCR

Seit dem 25. Februar 2019 wartet Helvetic Airways ihre Flugzeuge am Flughafen Zürich in einem grösseren Hangar. Im «Hangar 1», bei Tor 141 auf dem Gelände der SR Technics, empfingen CEO Tobias Pogorevc und COO Simon Schatzmann diese Woche zum Fachgespräch im kleinen Rahmen.

«Die Umsiedlung in den neuen Hangar ist für uns im richtigen Moment gekommen», bilanziert Pogorevc. Platz bietet dieser für bis zu drei Flugzeuge der Typen Embraer 190-E1 und/oder E2, obwohl Helvetic aktuell nur die Hälfte der Halle belegt – ein weiteres Viertel wird mit der Vereinigung «Super Constellation Flyers» geteilt, welche auch den Rest der Halle belegen. Der Umzug in den neuen Hangar hat laut Pogorevc zwar nicht direkt für Geldersparnisse gesorgt, aber die internen Abläufe vereinfacht. Alles ist an einem Ort angesiedelt und für die Techniker gibt es nun optimal eingeteilte Räumlichkeiten.

Aktuell bereitet sich Helvetic Airways auf die Einflottung der restlichen E1 und insbesondere auch der deutlich grösseren – und eben deshalb bei der Wartung auch komplexeren – E2 vor. Zum einen hat die E2 eine fünf Meter grössere Spannweite als die E1; das wäre am alten Hangar-Standort sehr eng geworden. Zum anderen benötigt diese einen kompletten Type-Rating-Kurs der Mechaniker - also nicht eine kurze Umschulung, wie dies bei den Piloten möglich ist, welche innert kürzester Zeit von der E1 auf die E2 geschult werden können. Zum Zeitpunkt des Besuchs von Travelnews sind denn auch diverse Mechaniker in den Hangar-eigenen Schulungsräumen im Ausbildungs-Kurs, geführt von Embraer-Spezialisten.

Riesiger Aufwand für die Einheitsflotte

Die ganze Komplexität, welche die Umstellung auf eine «Single Fleet» bedingt, verlangt der Führung von Helvetic Airways einiges ab. Zum einen müssen die noch vorhandenen Fokker 100 verkauft werden. Drei davon sind aktuell in Bratislava parkiert, zwei behält die Airline als «operative Reserve» in der Flotte. Verkauft wird nicht einzeln, sondern im Paket. Dafür gebe es laut Pogorevc diverse Interessenten, aus Asien und Afrika. Bis im Mai sollte der Verkauf unter Dach und Fach sein.

Zum anderen müssen vier zusätzliche E1 eingeflottet werden. Diese werden voraussichtlich die Flotte bereits 2021 wieder verlassen. Eine Maschine ist bereits im Einsatz, die zweite wurde am vergangenen Wochenende aus Macon (USA) in die Schweiz überführt; zwei weitere werden in den kommenden Monaten noch dazukommen. Alle vier Flugzeuge werden von der Leasingfirma NAC geleast.

Die erste E2 schliesslich wird im September in Zürich erwartet. Wie erwähnt sind die Techniker bereits intensiv mit der Umschulung beschäftigt; die Piloten werden ihr «Differences Training» im Juni aufnehmen, die Kabinen-Crews ihre zweitätige Umschulung bereits ab Mai. Die Testflüge werden im August bei Embraer in Sao José dos Campos nahe Sao Paulo (Brasilien) durchgeführt.

Diese ganze «Transition», wie es Pogorevc neudeutsch bezeichnet, führt zu einer tieferen Produktion im aktuellen Sommerflugplan 2019. 11 Flugzeuge sind verfügbar, davon sind acht per Wet-Lease an Swiss ausgelagert und eines für Ad-hoc reserviert. Mit den verbleibenden zwei Flugzeugen wird ab Zürich nach Olbia (samstags, 13.4.-12.10.) und Palma de Mallorca (sonntags, 21.4.-20.10.) geflogen und ab Bern nach Olbia (samstags, 13.4.-19.10.), Jerez (samstags, 13.4.-19.10.) und Palma de Mallorca (sonntags, 21.4.-20.10., ab 5.5. als Double-Daily). Hierbei handelt es sich sowohl um Charter- als auch Linienflüge – wobei die Flüge ab Bern allesamt Chartergeschäft sind. «Wir hätten die Manpower für 13 Flugzeuge, bewegen aktuell wegen der Umflottung aber nur zehn Flugzeuge», resümiert Pogorevc.

Simon Schatzmann (COO, l.) und Tobias Pogorevc (CEO) von Helvetic Airways präsentieren im Büro beim neuen Hangar, wohin die Reise mit der Schweizer Airline führt.

Keine Strategieänderung

An der grundsätzlichen Strategie, das Unternehmen auf die drei Standbeine Wetlease/ACMI, Charter sowie Linienflüge zu stellen, soll sich nichts ändern. Organisatorisch hat es zuletzt allerdings Änderungen gegeben: Vor sechs Wochen wurde die Helvetic Aircraft AG als 100-Prozent-Tochter der Patinex AG (der Beteiligungsgesellschaft von Martin Ebner, dem auch die Helvetic Airways Group gehört) gegründet. Sitz ist in Wilen bei Wollerau SZ, bei Patinex.

Die 12 Embraer E2 und die 12 potenziellen weiteren 190/195 – Helvetic hat eine Kaufoption vereinbart – sind dort angesiedelt, also die gesamte künftige Flotte des Unternehmens. Die Flugzeuge haben einen Listenpreis von 1,5 Milliarden Franken, bezahlt wurde wohl nur die Hälfte davon, doch darüber schweigt sich Pogorevc aus.

Der Vorteil der Auslagerung: Die Helvetic Airways ist nun eine schlanke Firma und kann sich auf den Flugbetrieb und die Line-Maintenance konzentrieren. Drittes Standbein der Helvetic Airways Group ist die Horizon Swiss Flight Academy, worin Helvetic Piloten und Mechaniker ausbilden und gegebenenfalls gleich selber verpflichten kann.

Damit seien die Strukturen vorhanden, mit welchen Helvetic Airways zuversichtlich in die Zukunft schauen kann. In zwei Jahren verfügt man über eine einheitliche Flotte, welche dank den bis zu 20 Prozent CO2-Reduktion gegenüber aktuell vergleichbaren Flugzeugen einen wichtigen Nerv der Zeit trifft – und gute Karten hat, wenn 2020 CORSIA eingeführt wird. Bei Letzerem handelt es sich um ein von der ICAO beschlossenes globales CO2-Kompensationssystem für den Luftverkehr - der erste und bislang einzige Industriesektor mit einem eigenen Klimaschutzinstrument. Wobei laut Pogorevc die grössten Klimaoptimierungen eigentlich damit erzielt würden, wenn die Flugrouten in Europa endlich optimiert würden.

Aktuell nimmt noch eine "Super Connie" Platz im Hangar ein.

Doch das ist eine andere Geschichte. Zurzeit will Pogorevc einfach das aktuell herausforderungsreiche Jahr meistern und dann mit Elan die Zukunft der Airline angehen. «Wir haben definitiv den richtigen Flugzeugtyp gewählt», hält der CEO fest und unterstreicht dies mit einem Video, welches die aufwändigen Tests bei Embraer untermauert, welche im Vorfeld der Lancierung des E2 durchgeführt wurden. Dies steht in scharfem Kontrast zu den aktuellen Diskussionen um den Zertifizierungsprozess der weltweit gegroundeten B737MAX. Deren Grounding stellt viele Airlines vor grosse Probleme - und schafft gleichzeitig neue Möglichkeiten. Helvetic Airways hat sich mit dem Erstbetreiber der E2, der norwegischen Widerøe, im Rahmen eines freundschaftlichen Austausches über «Best Practices» im Zusammenhang mit dem künftigen Flugzeug unterrichten lassen. Diese habe bislang nur positive Erfahrungen gemacht.

Möglich, dass Helvetic Airways mit der E2 dann auch wieder mehr Linienflüge anbietet. Aktuell sind ja, wie oben gesehen, die meisten Flugoperationen im Wetlease. Linienverbindungen hat Helvetic zwar in jüngster Zeit einige aufgebaut; letzten Endes kamen diese nach erfolgreichem Aufbau aber mehr als einmal ins Portfolio der Swiss oder auch anderer Airlines. Wenn nun aber eine Airline nach der anderen verschwindet und damit Routen frei werden, hat Helvetic da wieder grössere Chancen. Eines ist nämlich klar: Diese Schweizer Airline ist «here to stay».