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Die Fluggesellschaft Germania startet mit einem finanziellen Engpass ins neue Jahr. Bild: TN

Kommentar Ein schlechter Moment für einen Liquiditätsengpass

Gregor Waser

Die Fluggesellschaft Germania mit Schweizer Ableger braucht dringend neue Gelder. Der Schweizer Reisebranche kommt das neuerliche Schlingern einer Airline nicht gelegen.

Der Schock vom 29. August 2018, als die Berner Skywork groundete, sitzt in der Schweizer Reisebranche noch immer tief. Zahlreiche Reiseveranstalter und Reisebüros verzeichneten happige Verluste, viel Kundenvertrauen blieb auf der Strecke. Jetzt zeichnen sich neue Probleme am Airline-Himmel ab: aus dem Hause Germania. Die Airline-Gruppe mit dem Ableger Germania Flug AG in der Schweiz klagt über einen Liquiditätsengpass und benötigt dringend neue Mittel.

Offensichtlich strebt die Airline-Gruppe auch einen Verkauf an. Doch ob eine Airline-Gruppierung oder ein Reiseveranstalter bereit ist, beim defizitären Carrier einzusteigen, ist fraglich. Die Lufthansa Group wird sich aus kartellrechtlichen Gründen hüten, Easyjet oder Ryanair dürften am gemischten Maschinen-Park der Germania wenig Freude haben und Reiseveranstalter sind in den letzten Jahren vorsichtig geworden mit Airline-Beteiligungen.

Unklar ist, wie stark die Schweizer Germania Flug AG abhängig ist von der Germania-Gruppe. Doch ein mögliches Swissair-Syndrom ist nicht von der Hand zu weisen: als die Swissair 2001 groundete wurde auch die Tochter Sabena mit in den Strudel gerissen.

Ein alleiniges Überleben in der Schweiz dürfte für die Germania Flug AG jedenfalls schwierig sein. Doch der Schweizer Reisemarkt hofft sehr, dass nach dem Air-Berlin-Wegfall die Germania Flug AG ein solider Partner ist und bleibt. Schliesslich hat der Carrier das Angebot deutlich ausgebaut und stellt eine attraktive Alternative zur Edelweiss dar, die ohne Germania zum dominanten Player im Badeferien-Geschäft avancieren würde – mit freiem Walten bei der Preisgestaltung.

Schweizer Reiseveranstalter sind vorsichtig

Die überraschende Meldung der Germania kommt zu einem denkbar ungünstigen Moment. Aktuell stehen von Januar bis März die Hauptbuchungsmonate an, an den kommenden Ferienmessen wird die Buchungslaune für die Sommer- und Herbstferien geschürt. Wie schnell und in welcher Art die Germania Flug AG einer Verunsicherung im Reisemarkt entgegentritt, ist noch offen.

Der Blick in die Buchungssysteme der führenden Schweizer Reiseveranstalter zeigt, dass Flüge mit der Germania – zumindest bei dynamischen Angeboten – vorübergehend aus dem Regal genommen worden sind. Vorproduzierte Pauschalarrangements, die auf Kontingente bei Germania beruhen, sind weiterhin zu finden. Schliesslich sind diese Flugleistungen von den Reiseveranstaltern ja auch schon beglichen. Um sich für den Fall der Fälle zu wappnen, wurden nun aber neue, dynamische Einzelbuchungen offensichtlich vorerst auf Eis gelegt, um bei einem allfälligen Grounding nicht noch zusätzliche Gelder in Gefahr zu bringen.

Die aktuellen Warnsignale werden aber auch den Schweizer Reise-Verband (SRV) und das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) auf den Plan rufen. Der SRV wird die Forderung nach einem Airline-Insolvenzschutz vorantreiben. Und das BAZL dürfte derzeit prüfen, ob die finanzielle Grundlage, um durch den kommenden Sommer fliegen zu können, für die Airline und für die benötigte Betriebsbewilligung gegeben ist.

Das werden heisse Wochen für den angeschlagenen Carrier. Denn zum Liquiditätsengpass dürfte sich die Airline rigideren Zahlungsforderungen etwa seitens Airports oder Eurocontrol ausgesetzt sehen. Und sollten eben auch viele benötigte Buchungen ausbleiben, dürfte dies die finanzielle Lage verschärfen. Der Germania Flug AG, die in den letzten vier Jahren eine solide und im Schweizer Reisemarkt geschätzte Performance hingelegt hat, ist ein solches Szenario nicht zu wünschen.