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Das Sparprogramm «Focus 2019» soll den stark expandierenden und stark verschuldeten Low-Cost-Carrier im kommenden Jahr über Wasser halten. Bild: Norwegian Air Shuttle

Norwegian wehrt sich gegen Konkursgerüchte

Welche Airline geht als nächste Pleite? Norwegian ist angesichts des riesigen Schuldenbergs für viele ein heisser Kandidat. Nun hat die Airline ein Schuldenabbauprogramm bekannt gegeben.

Im bald zu Ende gehenden Jahr gab es wieder einige Airline-Pleiten. Die Frage, welche immer wieder an Branchenanlässen und anderswo diskutiert wird, dreht sich darum, welche Airline es als nächstes erwischt. Ein immer wieder genannter Kandidat: Norwegian. Die Low-Cost-Airline hat in diesem Jahr eine beispiellose Expansion im Langstrecken-Low-Cost-Bereich hingelegt, sich dafür aber auch massiv verschuldet. Und diese Verschuldung wird inzwischen in Medien wie auch bei Finanzinstituten immer mehr zum Thema.

Im nordischen Finanzblatt «Dagens Naeringsliv» wurde in den Raum gestellt, dass Norwegian per 31. Dezember 2018 Konkurs gehen könnte, falls man bis dahin nicht eine weitere Finanzspritze zugesichert bekommt. Das Blatt bezieht sich dabei auf einen Analysten der Danske Bank, welcher erklärt, dass Norwegian gewisse Darlehensbedingungen verletzt, wenn nicht genügend Flugzeuge verkauft bzw. die Liquidität auf anderem Wege bis Ende Jahr verbessert wird. Die Darlehensbedingungen gelten dann als verletzt, wenn das Eigenkapital per 1.1.2019 unter 1,5 Milliarden Norwegischen Kronen (rund 170 Millionen Franken) liegt. Ist dies der Fall, könnte eine üble Spirale losgehen, wenn Lieferanten auf Vorausbezahlung bestehen und die Liquidität weiter einschränken.

Auch das renommierte Wirtschaftsmagazin «Forbes» macht sich Sorgen über die enormen Schuldenabzahlungen, welche bei Norwegian noch vor Ende dieses Jahres anstehen, und malt bereits düstere Bilder dessen, was bei einer Pleite dieser inzwischen doch recht grossen Airline passieren würde. Erschwerende Faktoren hinsichtlich der kurzfristigen Liquidität waren die vorübergehende Stilllegung des für Norwegian wichtigen Flughafens London-Gatwick letzte Woche sowie die Festsetzung einer Boeing von Norwegian im Iran - die Maschine musste dort ausserplanmässigen wegen eines Defekts landen, doch wegen dem US-Handelsembargo gegen den Iran konnten die für die Reparatur notwendigen Ersatzteile erst sehr spät angeschafft werden, was hohe Kosten verursachte. Braut sich also der perfekte Sturm für Norwegian zusammen?

Ein neues Sparprogramm soll helfen

Aus Sicht von Norwegian sind solche öffentlichen Spekulationen natürlich Gift fürs Geschäft. Die Airline sah sich deshalb genötigt, am 24. Dezember eine ausserordentliche Mitteilung an die Finanzmärkte zu veröffentlichen. Darin wird besagt, dass Norwegian bereits vor sechs Wochen ein grosses Sparprogramm namens «Focus 2019» lanciert hat, mit welchem die Airline im kommenden Jahr 2 Milliarden Kronen (226 Millionen Franken) an Kosten einsparen will. Konkrete Details dazu soll es bei der Präsentation der Zahlen zum 1. Quartal 2019 geben.

Weiter soll Norwegian mit dem Triebwerkhersteller Rolls-Royce einen Deal ausgehandelt haben, welcher «einen positiven Effekt auf die Zahlen im 1. Quartal 2019» haben werde, wie es in der Mitteilung heisst. Details gibt es nicht; es dürften aber Preisnachlässe oder Rückzahlungen von Rolls-Royce sein, weil Norwegian bei den Triebwerken seiner Dreamliner-Flotte immer wieder Probleme hatte, wie eben jüngst beim Vorfall im Iran.

Zuletzt erklärt Norwegian, dass die Finanzierung neuer Flugzeuganschaffungen in der ersten Hälfte von 2019 gesichert sei, und dass die Refinanzierung eines Dreamliners im Dezember 2018 eine Verbesserung der Liquidität um 275 Millionen Kronen (31 Millionen Franken) mit sich bringt. Darüber hinaus habe man bereits Verträge für den Verkauf von zwei Flugzeugen im Januar unterzeichnet, und sei in Gesprächen über die Schaffung eines Joint Venture für Flugzeug-Besitz. Änderungen im Routenportfolio und in der eingesetzten Kapazität sollen anfangs 2019 ebenfalls Entspannung auf Kostenseite bringen.

Man darf gespannt sein, wie es weitergeht. Ein Grounding in vier Tagen ist unwahrscheinlich - die Gründer und aktuellen Mehrheitsaktionäre Bjørn Kjos (72) und Bjørn Kise (68) könnten allenfalls nochmals eigenes Geld einschiessen. Lang werden sie das aber nicht mehr tun, was die Spekulationen über eine mögliche Übernahme durch die IAG, welche zwar zweimal abgelehnt wurde aber noch nicht ad acta ist, wieder befeuert.

(JCR)