Ferienland Schweiz

Teenager auf der Piste: Schulklassen aus der Deutschschweiz und der Romandie lernen gemeinsam Ski- und Snowboardfahren. Bild: Deux im Schnee / Christophe Joset

Zwei Sprachen, eine PisteSchüler überwinden den Röstigraben

Anita Suter

Seit zehn Jahren verbringen Schulklassen aus der Romandie und der Deutschschweiz unter dem Motto «Deux im Schnee» gemeinsame Sprach- und Schneesportlager. Das ausgeklügelte Zusammenspiel zahlreicher Partner ist auch in touristischer Hinsicht höchst interessant.

Kinder und Jugendliche, die heute hier an Skilagern teilnehmen, seien Feriengäste von morgen, bringt es Flurin Riedi, CEO von Gstaad Saanenland Tourismus anlässlich der Jubiläumsveranstaltung von «Deux im Schnee» auf den Punkt. Die Destination ist massgeblich in das Gelingen der aussergewöhnlichen Schullager, bei dem französisch- und deutschsprachige Jugendliche zusammentreffen, involviert. Und das seit Beginn weg.

Derzeit sind zwei Sekundarklassen aus Genf und dem zürcherischen Grüningen in der Jugendherberge Gstaad Saanenland einquartiert, sie verbringen hier zusammen ihr Sprach- und Schneesportlager. Es wird gemeinsam gewohnt, gelernt, ski- und snowboardgefahren und – so, ganz nebenbei – der altbekannte «Röstigraben» überwunden.

Morgens Sprachaustausch, danach gemeinsames Skifahren – so sieht es das Konzept der «Deux im Schnee»-Lager vor. Es fördert einerseits die Affinität zum Wintersport unter Kinder und Jugendlichen, und schafft gleichzeitig den Rahmen für einen pädagogisch wertvollen Austausch über die Sprach- und Kulturgrenzen hinweg.

Entdeckungsreise in neuer Region

Die Lokalität ist dabei kein Zufall; im Saanenland wird die Zweisprachigkeit gelebt, an den Schneesportschulen wird Deutsch, Französisch oder beides gesprochen. «Für uns und unsere Schülerinnen und Schüler ist es zudem eine Gelegenheit, eine ganz neue Region zu entdecken», erzählt die Genfer Lehrerin Sylwia Kurek.

Sie habe im Vorfeld beispielsweise schon einige der hiesigen Häuser und Bauten im Unterricht thematisiert. Bei einem Rundgang am Anreisetag hätten sie sie nun bereits besichtigt. «Und auch von der Architektur der Jugendherberge sind unsere Schüler total begeistert», holt sie aus.

Schülerinnen im Gespräch: Austausch und gemeinsames Lernen fördern Freundschaften über Sprachgrenzen hinweg. Bild: Deux im Schnee / Christophe Joset

Die Region ist denn auch der thematische Aufhänger des pädagogischen Teils der Lagerwoche. Die Schülerinnen und Schüler werden zum Ende in Gruppen ein Video über das Saanenland realisieren – jeweils in der ihnen fremden Sprache.

Schneesportunterricht bei den Profis

Während die Lehrpersonen sich um den sprachpädagogischen Austausch zwischen den Klassen kümmern, wird ihnen der organisatorische Teil des Lagers abgenommen. Den Ski- und Snowboardunterricht übernehmen Schneesport-Profis der Destination Gstaad.

Und auch um die Gepäcklogistik, das Mietmaterial und die Verpflegung brauchen sich die mitgereisten Lehrpersonen nicht zu kümmern. «Es ist fantastisch. All unser Gepäck wurde am Freitag bei der Schule abgeholt und hat bei unserer Ankunft schon hier auf uns gewartet», zeigt sich Deutsch- und Englischlehrerin Britta Sporkmann begeistert.

«Wir wollen die Lehrpersonen so stark wie möglich zu entlasten», sagt Ole Rauch von Go Snow, dem gemeinnützigen Verein Schneesportinitiative Schweiz. Die Hürden für ein Skilager sollen nicht nur finanziell, sondern auch organisatorisch möglichst klein sein.

Go Snow setzt sich dafür ein, Kinder und Jugendliche wieder vermehrt zum Schneesport zu animieren. Ein Anliegen, das bei Wintersportdestinationen wie Gstaad auf offene Ohren stösst – letztlich geht es um eine Investition in die Zukunft.

Willkommene Gäste zwischen den Ferienwochen

Die Lager finden während der Schulzeit statt, im Januar und im März – und somit in einer Zeit mit weniger Frequenz als um die Weihnachtsfeiertage oder in den Sportferienwochen. Die Bergbahnen, Skischulen, Sportgeschäfte, Berggasthäuser, sie alle würden ihre Dienstleistungen zu vergünstigten Preisen anbieten, erzählt Flurin Riedi – was wiederum Lagerwochen für Schulen erschwinglich macht.

Gleichzeitig sind es für die Destination willkommene Einnahmen während der weniger stark ausgelasteten Wochen. Und wer die hiesigen Skipisten als Kind oder Jugendlicher kennen- und schätzen lernt, kehrt vielleicht auch im Erwachsenenalter hierher zurück.

Rund 1000 Jugendliche verzeichnet Deux im Schnee mittlerweile pro Winter, die Initiative erfreut sich wachsender Beliebtheit – auch, seit die Teilnahme Oberstufen aus allen Kantonen offensteht.

Während Gstaad nach wie vor die Hauptlokalität ist, finden einzelne Lager deshalb nun auch in Grindelwald und Interlaken statt. «Der Kanton Bern bietet mit seiner wunderbaren Bergwelt und seiner Lage an der Sprachgrenze den idealen Begegnungsort für Schulklassen aus verschiedenen Landesteilen.

Wir sind seit Jahren Partner von Go Snow beziehungsweise der Schneesportinitiative Schweiz und freuen uns, auf diesem Weg künftige Generationen für das Berner Oberland zu begeistern», sagt Made in Bern-Direktorin Pascale Berclaz.

Prominente Unterstützung aus dem Skizirkus

Wegen ihres pädagogischen Werts werden die Lagerwochen auch von einzelnen Kantonen sowie der nationalen Agentur zur Förderung von Austausch und Mobilität (Movetia) unterstützt. «Schullager sind ein wichtiges Mittel für die Entwicklung der Sozialkompetenz der Jugendlichen», lässt sich Christine Häsler, Bildungs- und Kulturdirektorin des Kantons Bern, zitieren.

«Wir sind stolz und glücklich, in unserem zweisprachigen Kanton und unseren herrlichen Bergen ein solches Austauschprogramm beherbergen zu können.» Anne Hiltpold, Bildungsdirektorin des Kantons Genf, hebt die sprachliche Komponente hervor: «Die Beherrschung der Landessprachen ist wichtiger denn, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt. Ein solches Programm spielt daher eine entscheidende Rolle.»

Anne Hiltpold und Christine Häsler: Die Bildungsdirektorinnen von Genf und Bern loben das Programm als Brücke zwischen Sprachregionen. Bild: Deux im Schnee / Christophe Joset

Mit Fränzi Aufdenblatten, der ehemaligen Skirennfahrerin und heutigen Präsidentin der Schneesportinitiative, hat das Projekt nicht nur eine prominente Fürsprecherin im Hinblick auf den Schneesport, sondern auch ganz generell für den Wert einer Lagerwoche.

«In einem Schullager lernt man so viel, auch über sich selbst. Am Anfang hat man vielleicht Heimweh, am Ende will man gar nicht mehr nach Hause. Das gibt Selbstvertrauen!», sagt sie vor den anwesenden Schülerinnen und Schülern. Und eine Sprache zu lernen, das wisse sie selbst, könne am Anfang schwierig sein. «Aber danach profitiert man ein ganzes Leben lang!»

Die Essenz von «Deux im Schnee»? Es profitieren alle; die Schülerinnen und Schüler, der Schneesport und die Destination. Win-Win-Win also!