Ferienland Schweiz
«Die Zeit der Schweizer Gäste-Rekorde ist definitiv vorbei»
Martin Nydegger, Direktor Schweiz Tourismus (ST), zog heute Bilanz zum ersten Semester 2023 und warf gleichzeitig einen Blick auf die Sommerferiensaison. Für das erste Halbjahr lassen sich ordentliche Zahlen verbuchen: 19.5 Millionen Hotellogiernächte und immerhin ein leichtes Plus von 3,5 Prozent – im Vergleich mit 2019.
Mitverantwortlich für diese guten Zahlen ist eine starke Wintersaison mit vielen Schweizer Gästen, besonders in den Bergen. Reisende aus dem Ausland kommen zwar wieder zahlreicher. Im Vergleich zu 2019 fehlen jedoch nach wie vor schmerzliche acht Prozent. Auch die eine oder andere Erfolgsmeldung, etwa aus den USA mit einem Plus von 22 Prozent gegenüber 2019, macht die zum Teil happigen Minuszahlen wie aus Indien (-31 %) und auch einzelnen Europa-Märkten wie Deutschland (-5%) und den Benelux-Ländern (-11 %) nicht wett.
Neupositionierung der Städte ist gelungen
Den von der Pandemie besonders gebeutelten grossen Städten gelang es zusammen mit der ST-Tourismuspromotion immerhin, neue und diversifizierte Gästesegmente anzusprechen. Als eine der Folgen der Pandemie hatten Schweiz Tourismus und ihre Partner vom Parlament den Auftrag zur intensivierten Bewerbung von Städtereisen erhalten.
Dies geschah sowohl im vergangenen («Run the Swiss Cities») wie auch diesen Sommer («Summer in the City») mit Erfolg. Im ersten Semester resultierte in den grossen Städten gegenüber der Vergleichsperiode 2019 ein Plus von knapp fünf Prozent bei den Logiernächten.
Für diesen Wachstumsschub verantwortlich sind vor allem einheimische Städtereisende und eine Verschiebung weg vom Geschäftstourismus hin zu Freizeitaufenthalten, wie beispielsweise in Zürich. Dort hat sich der Anteil des Freizeittourismus seit 2013 (25:75) klar zu Lasten des Geschäftstourismus erhöht hat (50:50).
Bei Touristikern läuten die Alarmglocken
Nach einem durchaus ordentlichen ersten Semester hat mit Juli und August die Hauptferienzeit besonders der Schweizerinnen und Schweizer, aber auch der Reisenden aus Europa begonnen. Die Branche meldet seit einigen Wochen Warnsignale, die das Schweizer Tourismusmarketing beachten muss.
Die Touristikerinnen und Touristiker beklagen, dass insbesondere die Schweizer Gäste, aber auch jene aus dem nahen Ausland, auf die Schlechtwetterphase im Juli reagiert hätten und generell wieder vermehrt ins Ausland reisten.
«Wir wünschten uns, dass es im gleichen Stil weitergeht wie im ersten Halbjahr», sagte Martin Nydegger an einer Medienkonferenz. Es zeichne sich aber eine Trendwende ab. «Die Zeit der Schweizer Gäste-Rekorde in der Pandemie ist definitiv vorbei.»
Der Anteil der Schweizer Gäste nimmt laut Nydegger ab. «Die Konkurrenz im Süden und am Meer ist wieder da und wird nachgefragt.» Gleichzeitig brauche die Erholung aus dem Ausland weiterhin viel Zeit. Nötig seien deshalb weltweit grosse Anstrengungen durch das ST-Tourismusmarketing.
Sommer und Herbst voneinander entkoppeln
Um künftig weniger stark von den Gästen im Sommer und im Winter abhängig zu sein, will sich die Schweiz noch stärker als Ganzjahresdestination positionieren. «Wir stellen in unserer neuen Kampagne die Vorzüge von Herbstferien in der Schweiz in den Fokus», sagt Nydegger. Der Herbst werde zunehmend wärmer und länger. Deshalb berge er für den Tourismus viel Wachstumspotenzial.
Eine Region, die genau dort ansetzen will, ist das Puschlav. Die Gegend lebt bisher hauptsächlich von den Gästen im Sommer. «Diesen Peak wollen wir in den Herbst hineinziehen», erklärte Kaspar Howald, Direktor von Valposchiavo Turismo, an der Medienkonferenz. Im Gegensatz zu vielen anderen Berggebieten setzt das Puschlav nicht auf Abenteuer, sondern auf Kulinarik und kulturelle Veranstaltungen. Zudem positioniert sich das Puschlav als attraktive Wanderdestination.