Ferienland Schweiz

Hat turbulente fünf Jahre hinter sich: Andreas Meier, General Manager Radisson Blu Hotel Andermatt. Bilder: Radisson

«Was wir hier in Andermatt erleben, ist in jeder Beziehung extrem»

Dominik Buholzer

Das Radisson Blu Hotel Reussen Andermatt ist das grösste Hotel im Projekt Andermatt Swiss Alps des ägyptischen Investors Samih Sawiris am Fusse des Gotthards. Vor fünf Jahren nahm es seinen Betrieb auf – und wünscht sich zur Abwechslung mal ein gewöhnliches Jahr.

Andreas Meier war sich einiges gewohnt, als er in Andermatt die Leitung des Radisson Blu Hotel Reussen übernahm. Zuvor war er mehrere Jahre als Food & Beverage Manager für diverse grosse Hotelketten in Ägypten tätig. Dann kam er 2013 zur Radisson Hotel Group und zurück in die Schweiz, ins Radisson Blu Hotel Zurich Airport.

«Auf jeder meiner bisherigen Stationen war ich mit Herausforderungen konfrontiert. Doch Andermatt ist nochmals eine andere Nummer. Was wir hier erleben, ist in jeder Beziehung extrem», sagt er. Und dies ist keineswegs negativ gemeint. Es sei faszinierend zu beobachten, wie sich das Dorf durch das Resort wandle. «Andermatt scheint sich neu zu erfinden», sagt Meier. Es gab daneben auch einiges zu lernen. Eine Lektion war unter anderem, sich in Ausnahmesituationen zu behaupten.

Das Radisson Blu Hotel Reussen wurde zum Start der Wintersaison 2018/19 eröffnet.

Angefangen hat Andreas Meier in Andermatt im April 2018. Seine Aufgabe: Die Eröffnung und Positionierung des grössten Hotels des grössten Tourismusprojektes in der Schweiz: dem Radisson Blu Hotel Reussen im Feriendorf von Samih Sawiris. Hier in Andermatt, am Fusse des Gotthards, hat der ägyptische Investor 2009 begonnen, Hotels und Apartments zu bauen und das Skigebiet zu modernisieren und erweitern. Mit der Eröffnung des Hotels The Chedi Andermatt, einem Luxushotel, sorgte er weltweit für Schlagzeilen.

Meier eröffnete das Radisson Blu Hotel Reussen zum Start der Wintersaison 2018/19. Im Sommer 2019 folgte der dem Hotel angegliederte Konzertsaal mit bis zu 650 Sitzplätzen – und wenig später konnte Meier alles wieder zusperren: Corona-Pandemie. Danach war während über zwei Jahren nichts mehr, wie es einmal war. Die Strategie zur Auslastung der Nebensaison? Makulatur. Der Planungshorizont? Oft nicht mehr als bis zur nächsten Woche. «Wir sind mittlerweile ganz schön Krisen erprobt», sagt er und fügt lachend hinzu: «Eigentlich wäre es schön, wenn wir zur Abwechslung mal ein gewöhnliches Jahr hätten.»

Der dem Hotel angegliederte Konzertsaal verfügt über 650 Sitzplätze.

Auch 2023 reiht sich in der Kategorie «Ausnahmejahr» ein. Die Corona-Pandemie ist kaum mehr ein Thema, die Sondermassnahmen schon längst aufgehoben. Die Märkte spielen aber noch immer verrückt. Während der Pandemie waren es die heimischen Gäste, die Meier das Geschäft retteten, jetzt sind die ausländischen. Dafür fehlen die Schweizerinnen und Schweizer. Sie zieht es auch dieses Jahr wieder ins Ausland. Meier kann dies nachvollziehen, als General Manager des Radisson Blu Hotel Reussen wünschte er sich, es wäre anders. «Es wäre zu schön gewesen», sagt er und lacht.

Volles Haus im Winter

Das Problem sind dabei nicht die Wintermonate. In diesen kann sich Andermatt vor Gästen kaum mehr wehren. Über 14’000 Gäste sind dann im Skigebiet unterwegs. Die Hotels sind ausgebucht. Wer in einem der unzähligen neuen Restaurants im Dorf essen gehen will, muss Tage im Voraus reservieren. Auch der Sommer läuft mit den Wanderern und den Bikern nicht schlecht. Anderes sieht es im Frühling und Herbst aus. Meier spricht nicht von einem Problem, sondern von Herausforderungen.

Denen begegnet man am besten mit Kreativität. Denn ein Haus wie das Radisson Blu Hotel Reussen will gefüllt sein. 244 Hotelzimmer und Suiten zählt es. Dazu kommen ein Spa- und Wellness-Center, Fitnesseinrichtungen, eine Sauna, ein Dampfbad sowie ein grosser Pool. Zusätzlich verfügt das Hotel über sechs Tagungsräume und einen Konferenz- und Konzertsaal. Mice, der Geschäftsreisebereich, ist für Meier zu einem wichtigen Standbein geworden. Rund 40 Prozent macht er aus.

Blick in die Lobby-Bar.

Daneben arbeitet er mit Schweizer Profisportlern als Markenbotschaftern zusammen. Das bringt zwar nicht direkt Einnahmen, hält aber Andermatt und das Radisson Blu im Gespräch. «Als junge Destination, die sich nach wie vor im Aufbau befindet, ist dies Gold wert», sagt er.

Und wie sieht die Rechnung unter dem Strich aus? Meier sagt: «Unter den gegebenen Umständen können wir mit unserer Auslastung zufrieden sein.» Auch im Vergleich zu anderen Betrieben würde sein Haus gut abschneiden. Das heisst: Das Verhältnis zwischen Mice und Leisure, dem Freizeittourismus, beträgt 40:60 Prozent. 15 Prozent des Umsatzes wird inzwischen mit der Konzerthalle erzielt. Meier ist mit dem Haus zwar noch nicht dort, wo er mal sein möchte. Aber er ist es mittlerweile gewohnt, dass hier in Andermatt auf 1444 Metern über Meer zuweilen extreme Verhältnisse herrschen. Nicht nur wettermässig.

Frühstück im Standard Superior Room.