Ferienland Schweiz

Mystisch: In den alten Gassen von Visperterminen. Bild: Jürg Krattiger

Ein Kommen und Gehen in Visperterminen

Walo Mühlheim

Auf der Suche nach einer besseren Zukunft zog es zwischen 1850 und 1914 Tausende Walliser nach Übersee. Doch was vertrieb diese Leute aus der Heimat? Auf diese Fragen finden die Besucherinnen und Besucher des Wandertheaters «cho und ga» in Visperterminen Antworten.

Migration ist eines der grossen Themen der Vergangenheit, der Gegenwart und mit Sicherheit auch der nächsten Zukunft. Das Wallis ist ein Migrationsland. Beispiele dafür gibt es viele: Die Wanderungen der Walser, die Auswanderung nach Übersee in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die Italiener, die zur Zeit des Tunnelbaus ins Wallis kamen, die schweizerische Binnenwanderung zwischen den Weltkriegen, der Zustrom von Gastarbeitern in den 60er-Jahren, die Abwanderung von hoch qualifizierten Arbeitskräften und nicht zuletzt auch die Flüchtlingsströme in der jüngsten Vergangenheit.

Mit diesen Ab- respektive Zuwanderungen haben sich der Verein z'Tärbinu, der sich seit Jahren sehr aktiv mit diesem Thema beschäftigt, und der Theaterverein Visperterminen in einem gemeinsamen Projekt auseinandergesetzt. Im Rahmen des Wandertheaters «cho und ga» ist das spannende Ergebnis zu sehen. Auf die Bühne kommen historische Elemente der Auswanderung und Einwanderung, doch auch Themen wie beispielsweise Asylanten oder die zunehmende Trockenheit finden ihren Platz in der Inszenierung.

Spiel mit der Zeitebene

«cho und ga» wird als Wandertheater im eigentlichen Sinne der Worte aufgeführt. Die Zuschauer begleiten dabei die Auswanderer (SchauspielerInnen) vom Dorf Visperterminen hinunter nach Unterstalden. Unterwegs erleben sie szenisch dargestellte Geschichten, welche die verschiedensten Themen der Migration beleuchten. Dabei spielt das Stück mit der Zeitebene; Menschen aus der Vergangenheit treffen auf Menschen aus der Gegenwart. Während des Wanderns werden authentische Geschichten sowie Musik zum Thema Migration über Lautsprecher eingespielt.

Vergangenheit und Aktualität verwoben: Wandertheater «cho und ga». Bild: Verein z’Tärbinu, Visperterminen

Mit diesem «Mit-Wandern», dem physischen Weggehen mit den DarstellerInnen Richtung Bahnhof Visp, wird Emigration für die ZuschauerInnen ein kleines Stück weit sinnlich erlebbar und insbesondere auch nachvollziehbar. Ab Visp gelangten die Auswanderungswilligen um 1900 nach Antwerpen oder Brest und schliesslich in ferne Länder. Julian Vomsattel, Präsident des Vereins z’Tärbinu, ergänzt: «Es ist Fakt, dass die dargebotenen Geschichten der Migranten keiner Fantasie entspringen, sondern auf Gesprächen, Internet-Recherchen und Biografien basieren.» Das mache das Theatererlebnis zu einer ganz besonderen Erfahrung.

Schwerer Inhalt leicht interpretiert

Missionierung, das Verstossen von körperlich und geistig eingeschränkten und vom Schicksal gebeudelten Menschen, das Unverständnis der Ansässigen, Gewalt in der Familie, dramatische Asylanten-Schicksale, Trockenheit, der Weg von Gastarbeitern aus Italien in die Schweiz, die Schwierigkeiten von Auswanderern an ihrem neuen Domzil: Die Themen verdeutlichen, dass das Wandertheater «cho und ga» gekonnt Historie und Aktualität miteinander verbindet.

Der nicht immer leichte Inhalt des Stücks kann in Gesprächen in der St. Jodern Kellerei in Unterstalden vertieft werden, die «Auswanderer» werden dort mit Speise, Trank und Musik verabschiedet.

Alter Dorfteil im Heidadorf Visperterminen. Bild: Jürg Krattiger

Erhaltung des Kulturguts

Am 11. Dezember 1988 wurde der Verein «z’Tärbinu» aus der Taufe gehoben und zählt heute rund 250 Mitglieder. Er setzt sich für die Erhaltung des Kulturguts und des Brauchtums auf dem Gemeindegebiet von Visperterminen einerseits und für die Erhaltung und Gestaltung der Naturlandschaft und des Dorfbildes andererseits ein. Vereinspräsident Julian Vomsattel: «Wir betreiben zudem das Wohnmuseum und organisieren Ausstellungen und kulturelle Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Gemeinde und anderen Dorfvereinen.» Sein Verein sei bestrebt, die Verbundenheit unter den TerbinerInnen, welche im Dorf oder aber auswärts wohnen, zu fördern.

Übrigens: Nicht zum ersten Mal wartet Visperterminen mit einem herausragenden Projekt auf. Bereits in den Jahren 2004 («Sagenhaft»), 2007 («Versehen vergehen») und 2012 («Aufbruch ins Glück») machte das Heidadorf auf sich und seine Vergangenheit aufmerksam. Mit der Inszenierung «Versehen vergehen» gewann das Walliser Bergdorf 2007 sogar den begehrten Tourismuspreis «Milestone».

Die Vorstellung des Stücks «cho und ga» (Text und Regie Hermann Anthamatten) finden am 11., 12. 13., 15., 18., 19. und am 20. 25. und 26. August statt. Tickets sind erhältlich bei www.verein-ztaerbinu.ch oder bei Heidadorf Tourismus.

Weitere Infos: www.heidadorf.ch

Visperterminen bietet einen imposanten Ausblick über die Bergwelt ins Tal. Bild: Jürg Krattiger