Ferienland Schweiz

Die wirkungsvollsten Milestone-Gewinner der letzten 21 Jahre wurden am Niesen Summit ausgezeichnet. Wie es mit einem Tourismuspreis weitergeht, ist noch offen. Bild: Corinne Glanzmann

Einwurf And the Oscar goes …

Vanessa Bay

Was wäre die Filmindustrie ohne die Oscar-Verleihung? Eben. Also: Dieser Einwurf ist ein Plädoyer für eine Fortsetzung des «Milestone» – Preis wie Plattform – für Innovation, Passion und Netzwerken im Schweizer Tourismus.

Der im Jahr 2000 erstmals verliehene Milestone wird nach 22 Jahren nicht weitergeführt. So zumindest beschloss es die Schweizer Incoming-Branche. Der Niesen Summit vom 15. November 2022 sollte das Ende besiegeln. Neue Methoden der Innovationsförderung im Schweizer Tourismus seien nicht (mehr) an die Marke Milestone geknüpft. Mir geht es hier nicht um die Beibehaltung dieses Markennamens, sondern um die Fortsetzung eines Innovationspreises. Wo es Gutes gibt, gibt es Besseres. Das schliesst manchmal Wettbewerb ein. Und Wettbewerbe brauchen Gewinner. Und die bekommen einen Preis. So läuft das Spiel.

Für die Abwicklung derartiger Spiele braucht es Plattformen, und darauf sollten wir im Schweizer Tourismus nicht verzichten – umso mehr als wir in der Schweiz stark vom Tourismus leben. Natürlich kann und soll die Ausgestaltung einer solchen Plattform immer wieder erneuert werden, und dafür bietet der Aufhörbeschluss der bisherigen Trägerschaft des Milestone – bestehend aus der htr hotel revue und HotellerieSuisse sowie dem SECO und dem STV als Tourismuspartner – jetzt die Gelegenheit. Aber überhaupt keine Preisverleihung für die innovativsten Projekte und Personen/Teams mehr – das geht nicht!

Der Niesen Summit hat gezeigt, dass das Bedürfnis ungebrochen ist. So wiesen Diskussionsgruppen in Workshops darauf hin, dass Innovation kein Selbstzweck ist, sondern gemeinsam gelebte Praxis im Tourismus kennzeichnen muss. Innovation sei ein Werkzeug, um vorwärtszukommen. Man könne sich überlegen, ob man mehr die Innovation oder die Innovativen prämieren wolle, da liessen sich Ideen finden. Abhängig ist das nicht von der bisherigen Trägerschaft, sondern davon, für welche Ideen zu Preis und Plattform sich engagierte neue Trägerschaften finden lassen.

«Der nichttouristischen Öffentlichkeit soll gezeigt werden, wohin sich die Touristikbranche entwickelt.»

Ziel der Innovationsförderung muss es sein, den Blick auf jene Anstrengungen zu richten, die sich mit den zukunftsrelevantesten Herausforderungen auf neue, vielversprechende, attraktive, auch andere begeisternde und animierende Art auseinandersetzen. Innovationsförderung soll überdies besonders attraktiv sein für junge Talente, auf die wir im Schweizer Tourismus angewiesen sind. Ich denke, dass die kompetitive Seite einer Preisausschreibung im Kontext der Innovationsförderung da absolut hilfreich sein kann.

Dazu gehört aber die öffentliche – und durchaus insiderkreisübergreifende – Sichtbarmachung der Aktivitäten und Innovationen. Preis und Plattform brauchen eine gewisse Exklusivität. Diese verlangt eine professionelle PR und lebt von starken Medienpartnerschaften.

Das Wichtigste an der Medienbegleitung ist dabei der Effekt in der nichttouristischen Öffentlichkeit. Die soll explizit gezeigt und benannt bekommen, wohin sich die Touristikbranche entwickelt, wie sie das tut und wofür sie sich engagiert. Davon ist ein positiver Rückkoppelungseffekt zu erwarten, weil der die Resonanz unserer Innovationsbemühungen verstärkt und diese damit auch für unsere Branche selbst besonders lohnend macht.

«Das Dreigestirn lautet Zukunft-Innovation-Nachwuchs.»

Fürs Erste stellt sich die Frage, wer ein solches Konzept entwickeln kann. Entscheidend scheint mir dabei, dass der Set-up für eine entsprechende Arbeit und Arbeitsgruppe schon selbst der Zielsetzung des Ganzen entspricht: will sagen, selbst innovativ ist, Nachwuchstalente einbindet und ihnen Rampenlicht gibt und in die breite Öffentlichkeit ausstrahlt.

Das Leitmotiv muss – keineswegs tourismusspezifisch! – die einfache Gleichung sein: Zukunft gleich Innovation gleich Junge. Aber die Zukunft ist niemals unabhängig von Gegenwart und Vergangenheit, Innovation braucht ein Standbein im Bewährten, und Junge können – wie auch umgekehrt – von den Erfahrenen lernen. Meine einfache Gleichung will also nichts und niemanden ausschliessen, aber sie will das Dreigestirn Zukunft-Innovation-Nachwuchs als Leitstern für die Arbeit an «Milestone 2.0» festlegen.

Dabei ist es wichtig, in Form und Denken grosszügig und offen zu bleiben. Allzu enge Regeln laufen der Sache zuwider: Junge heisst nicht, jünger als x Jahre; Innovation heisst nicht, war noch nie da; Lösungsansatz heisst nicht, keine weiteren Probleme mehr. Preis und Plattform sind lediglich ein – aber ein wichtiges – Instrument in unseren Bemühungen um die Sicherung der Zukunft des Schweizer Tourismus. Aber man darf dieses Instrument nicht mit völlig überzogenen Erwartungen überfrachten. Man kann nicht von jedem Projekt oder von jedem verliehenen Preis oder von allen Preisträgern einen nachweisbaren Fortschritt verlangen. Aber man muss überzeugt sein, dass derartige Engagements die Sache wert sind und deshalb auch wertgeschätzt gehören – mit all der öffentlichen Sichtbarkeit, die wir uns leisten können. Auch wenn wir damit noch immer leicht unter der Reichweite der Oscar-Verleihung bleiben werden.

Le prix est mort. Vive le prix!