Ferienland Schweiz

Auf Schulreise.ch finden Lehrerinnen und Lehrer passende Exkursionen und die Möglichkeit, eine Schulreise individuell zu gestalten. Bild: TN

Die Neuerfindung der Schulreise

Gregor Waser

So einfach war die Suche nach der passenden Schulreise noch nie – mit dem neuen Portal schulreise.ch aus dem Hause Aargau Tourismus.

Wir wollen an dieser Stelle der Schweizer Lehrerschaft ja keine Fantasielosigkeit unterstellen. Doch in der Vergangenheit war es doch meist so: Herr Wehrli fuhr mit seiner 5. Klasse zuerst in die Kyburg, danach ins Winterthurer Technorama. Mit jeder neuen Klasse dasselbe Programm, Jahr für Jahr, schliesslich hat sich diese Exkursion auch bei anderen Lehrern bewährt, wie im Lehrerzimmer zu erfahren war.

Immer dasselbe Schulreisli? Das muss nicht sein. Seit diesem Frühling kehrt Innovation in die Schweizer Schulhäuser ein. Denn so einfach war die Suche nach einer neuen Schulreise-Idee noch nie. Der Klick auf das neue Portal Schulreise.ch eröffnet nämlich eine sehr breite Palette an Exkursionen und Ausflügen, die sich für Schulklassen eignen.

Die Erfinder des neuen Portal sind im Kanton Aargau auszumachen. Aargau Tourismus, beheimatet in einem für Schulreisen sehr vielseitigen Kanton, zusammen mit Discover.swiss, der Back-End-Serviceplattform, bei der die einzelnen Tourismusplayer ihren Gästen mit wenig Aufwand ein digitales Tor zu ihrer Region oder ihren Angeboten bieten können.  Und als technischer Partner stand die Digitalagentur Konoma zur Seite.

Travelnews hat mit Holger Czerwenka gesprochen, dem Direktor von Aargau Tourismus sowie mit Matthias Albrecht, Digital Designer bei Konoma.

Herr Czerwenka, wie viele Schulreisen sind auf dem neuen Portal Schulreise.ch zu finden? Und nutzen die Lehrerinnen und Lehrer das Angebot.

Holger Czerwenka

Holger Czerwenka: Im Moment sind 51 Schulreise-Angebote aus dem Kanton Aargau online geschaltet und wir haben derzeit 117 Lehrpersonen, die sich registriert haben. Seit April verzeichnen wir bereits gegen 40'000 Seitenaufrufe von total 4000 Usern.

Wie machen Sie das Portal bei Lehrpersonen bekannt?

Einerseits erfolgt dies über Social-Media-Kanäle wie Facebook und Instagram. Dann informierten wir auch den aargauischen Lehrerverband per Mailing. Zudem haben wir Flyers an die einzelnen Schulen geschickt, mit der Bitte diese in den Postfächern der Lehrer zu hinterlegen.

Haben Sie ausschliesslich die Aargauer Lehrerschaft kontaktiert? Oder gehen die Pläne über den Kanton Aargau hinaus?

Zunächst haben wir im Kanton Aargau losgelegt. Aber aus dem erhaltenen Feedback geht hervor, dass sich auch Lehrpersonen von anderen Kantonen für das Portal interessieren und registrieren. Zudem standen wir schon mit anderen Kantonen im Kontakt, die an unserem Portal interessiert sind.

Dann soll Schulreise.ch eines Tages die ganze Schweiz abdecken?

Wir haben schon die gesamte Deutschschweiz im Auge, die französisch- und italienischsprachige Schweiz aber noch nicht.

Ihr Projekt ist vom Kanton Aargau mitgetragen. Da dürfte bei einer Expansion das Thema Co-Finanzierung aufkommen.

Richtig. Das Schulreiseportal konnte auf eine Anschubfinanzierung der Neuen Regionalpolitik (NRP) zählen. Das sind rund ein Drittel der Kosten. Für den Rest kommen wir selber auf, den wir als Projektowner mit Partnern zusammen erwirtschaften müssen. Eine Einnahmequelle stellen etwa Sponsorengelder dar, hierzu haben wir Sponsorenvideos erstellt. Aus dem Grund heraus können wir das Portal anderen Kanton nicht einfach so zur Verfügung stellen, da sind wir nun dran einen Weg zu finden, etwa mit einem Lizenzmodell.

«Das Portal gibt einzelne Vorgaben, aber der User kann dann das selber weiterentwickeln und die Tour individuell anpassen.»

Fallen auch Kosten für Schulen und Lehrer?

Nein, keine, das ist uns wichtig. Doch für andere Kantone lohnt sich ein Lizenzmodell, schliesslich kommt die Wertschöpfung dann in ihren Kanton zurück, sei es bei einem Besuch einer Mosterei, eines Schlosses oder einer Schifffahrt.

Hinter dem Portal steht Discover.swiss und ein weiter Technologiepartner.

Ja, das ist neben Discover.swiss die Firma Konoma. Sie haben möglich gemacht, dass man die einzelnen POIs, Points of Interest, mit einem Label versehen haben, so dass man sie entsprechend den einzelnen Touren zuordnen, filtern und wieder auffinden kann.

Dann sind dies auf Schulreise.ch also komplett flexible Angebote?

Ja, die Touren sind modular gestaltbar. Der Sinn und Zweck unseres Portals ist, dass Lehrerinnen und Lehrer eine Inspirations- und Planungsplattform zur Verfügung haben. Das Portal gibt einzelne Vorgaben, aber der User kann dann das selber weiterentwickeln und die Tour individuell anpassen. Hinzu kommt ein Community-Gedanke: die zusammengestellten Routen können anderen dann auch wieder wählen.

Was passiert im Moment der Buchung?

Wir vermitteln zum jetzigen Zeitpunkt erst die Kontakte zu den Leistungsträgern, sei es zu einer Badeanstalt, einem Museum, einer Schifffahrt, einem Bauernhof. Da sind dann die Kontaktdaten der jeweiligen POIs hinterlegt und die Lehrperson ruft dann dort an oder macht ein Email. Inspiration und Planung stehen auf Schulreise.ch vorerst im Zentrum, die Buchbarkeit könnte eines Tages dazukommen.

Wie war denn das eigentlich früher, als wir noch zur Schule gingen?

Da hat der Lehrer einfach jene Schulreise durchgeführt, die er schon die letzten gemacht hat – oder jenen Ausflug in Betracht gezogen, von dem man im Lehrerzimmer hört oder anhand eines Prospektes in irgendeiner Kiste.

Wie kommt es dazu, dass diese Projekt aus dem Kanton Aargau stammt? Und nicht aus typischen Tourismuskantonen wie Graubünden oder Bern?

Schulreisen haben für den Kanton Aargau schon immer eine grosse Rolle gespielt, unser Angebot ist sehr vielseitig, von Museen über Schlösser, Bäder, Burgen, Flüssen und Themen wie dem Legionärspfad der Römer. Dieses Potpourri erlaubt tolle Schulreisen. Insofern waren wir wohl schon immer ein Kanton, der sich sehr gut für Schulreisen eignet, zudem liegen wir ja ziemlich zentral und gut erreichbar. Und unsere Hoffnung ist natürlich, dass die Jugendlichen, die heute ein positives Erlebnis in unserem Kanton haben, später dann wieder zurückkehren.


Herr Albrecht, welche Rolle spielen Discover.swiss und Konoma beim Projekt Schulreise.ch?

Matthias Albrecht: Konoma ist direkte Ansprechpartnerin und Entwicklungspartnerin von Konzept und Design bis zur technischen Umsetzung für Aargau Tourismus. Discover.swiss ist die Schnittstelle zu den POI- und Routendaten und ermöglicht uns einen einfachen Zugang zum digitalen Ökosystem im Schweizer Tourismus.

Matthias Albrecht

Wie muss man sich die technische Umsetzung vorstellen?

Aus der ersten Idee hat Konoma gemeinsam mit Aargau Tourismus ein erstes Grobkonzept erarbeitet. Dieses haben wir bereits früh mittels einfachem Klick-Prototyp getestet, Schritt für Schritt verfeinert und weiterentwickelt. Während der technischen Realisierung konnten wir durch einen engen und regelmässigen Austausch zu Dritt schnell potenzielle Lösungswege besprechen und umsetzen. So konnten wir eine effiziente und trotzdem flexible Umsetzung sicherstellen, welche die maximale Funktionalität für Aargau Tourismus und deren Nutzenden bietet.

«Was bisher über mehrere Tools verteilt und mit viel Aufwand verbunden war, bietet schulreise.ch als fertige Vorschläge.»

Welches war die besondere Herausforderung?

Dass wir uns bei der Vielfalt an möglichen Funktionalitäten und Ideen, die während der Zusammenarbeit entstanden sind, auf das Minimum Viable Product (MVP) fokussieren. Wir entwickeln nutzerzentrierte Lösungen und mussten so gut wie möglich unsere Euphorie für dieses coole Projekt in den Griff bekommen (lacht).

Was macht aus Usersicht Schulreise.ch nutzerfreundlich?

Lehrpersonen haben endlich eine zentrale Plattform für die Inspiration und Planung von Schulreisen. Was bisher über mehrere Tools verteilt und mit viel Aufwand verbunden war, bietet schulreise.ch als fertige Vorschläge. Durch die Validierung mit potenziellen Nutzenden in der Anfangsphase konnten wir früh sicherstellen, dass wir nur Funktionalitäten umsetzen, welche den Lehrpersonen einen Mehrwert bieten und sie in der Planung unterstützen. Die kommenden Funktionen werden auf Basis von Feedbacks weiterentwickelt, um die Nutzenden noch stärker im ganzen Prozess zu unterstützen.