Ferienland Schweiz

Während auf der einen Seite der Vollmond noch strahlt, geht auf der anderen die Sonne nach der Nachtwanderung am Ziel auf der Rigi-Kulm auf. Bild: NWI

Vollmond-Wandern ist der neue Ausgang

Nina Wild

Jeweils über die Sommermonate gibt es einmal pro Monat eine geführte Vollmond-Wanderung auf die Rigi. Travelnews war kürzlich auf dieser Nachtwanderung dabei - und begeistert von diesem speziellen Zauber.

Um 22.36 Uhr fährt mein Zug von Frauenfeld in Richtung Zürich. Es fühlt sich an, wie nach langer Durststrecke wieder mal in den Ausgang zu gehen. Aber anstatt mich hübsch angezogen ins Nachtleben zu stürzen, geht es nach Vitznau im Kanton Luzern. Dieser Moment, mich spätabends auf eine Wanderung zu begeben, ist an Absurdität nicht zu übertreffen. «Das ist Mal etwas anderes», sagen meine beiden Freundinnen und ich uns - und stürzen uns in das Abenteuer.

Auf dem Parkplatz der Luftseilbahn Vitznau-Hinterbergen, die übrigens als Selbstbedienungs-Seilbahn funktioniert, ist der Treffpunkt mit dem Wanderguide und dem Rest der Gruppe um 1.15 Uhr. Es ist stockdunkel. Inklusive dem Führer und seiner Begleitperson sind wir 17 Personen. Die ersten 300 Höhenmeter sparen wir uns. In kompletter Dunkelheit geht es mit der Luftseilbahn hinauf zur Station. Wir haben während der wackeligen Fahrt einen wunderbaren Blick auf die beleuchteten Gebäude rund um den See.

Oben angekommen, geht es bei strahlendem Vollmondschein in gemütlichem Tempo und montierter Stirnlampe in Richtung Rigi Kulm. Dreieinhalb Stunden Fussmarsch durch die Stille der Nacht stehen uns noch bevor. Es ist ruhig. Und immer wieder blickt der Vollmond hinter den Wolken hervor. Die Stimmung ist mystisch. Und es ist verrückt, wie anders die Welt in der Dunkelheit aussieht.

Der Himmel brennt

«Der Sonnenaufgang ist um 5.30 Uhr und die Aussichten sehen super aus. Der Nebel wird sich dann schon noch verziehen», ist sich unser Guide sicher. Wir erreichen die Aussichtsplattform Rigi-Kulm bereits eine Viertelstunde früher. Zeit für ein wohlverdientes Gipfel-Bier. Der Himmel hat sich bereits orange gefärbt. Nur noch wenige Minuten, bis der Tag anbricht. Als sich die Sonne langsam über den Bergkamm bewegt, eröffnet sich uns ein einmaliger Anblick. Zur Rechten der noch immer strahlende, volle Mond - und zur Linken die aufgehende Sonne. Die Landschaft bedeckt mit einem Nebelmeer. Nur die Bergspitzen ragen heraus.

An das Schlafengehen ist nach diesem Spektakel aber noch lange nicht zu denken. Das Abenteuer geht noch weiter. Es geht erneut ein paar Höhenmeter hinunter bis zur Alpwirtschaft Chäserenholz. Frisch gebackener Zopf, hausgemachter Käse, eine Auswahl an Fleischspezialitäten und warme Eier, selbstgemachter Joghurt und Konfitüre sowie heisser Kaffee erwarten uns bei diesem wunderbaren Brunch. Müde aber glücklich schlagen wir uns die Bäuche voll und füllen die Energiereserven, die wir auf den 800 Höhenmeter und ohne eine Sekunde Schlaf in dieser Nacht, verbraucht haben.

Zum Rigi-Vollmond-Wander-Erlebnis gehört auch eine Fahrt mit dem roten Zug von Staffel zurück zum Ausgangsort Vitznau. Der Nebel hat sich verzogen und der Vierwaldstädtersee zeigt sich in seinem strahlendsten blau. Nach einer durchgezechten Nacht kommen wir rund acht Stunden später im Tal an. Wir haben die Nacht zum Tag gemacht - aber anders als sonst, haben wir am nächsten Tag keinen Kater.