Ferienland Schweiz

Michael Bötschi (l.) und Robin Engel vor dem berühmten Wasserfall des Saut-du-Doubs, direkt an der französischen Grenze im Neuenburger Hinterland. Bild: REN

Kantons-Challenge mit Robin & Michael, Teil 6: Neuenburg

Michael Bötschi

Zwei Reiseprofis haben während der Pandemie aus einer Schnapsidee eine spannende Tour durch alle Schweizer Kantone gestartet. Für die Travelnews-Leserschaft teilen sie ihre Erfahrungen und Eindrücke.

Heute wagten wir in dieser Kantons-Challenge zum ersten Mal den Sprung über den Röstigraben. Robin hat für diese Premiere den Kanton Neuenburg ausgewählt. Wie immer galt es vorab kurz zu überschlagen, wer dort was schon kennt. Den «Creux du Van» beispielsweise haben wir beide schon besucht. Dass der eine mit dem Motorrad praktisch an die Felskannte hinaufgefahren ist und der andere mühsam hochwanderte, ist dabei nur eine Randnotiz. Wer für welches Klischee zuständig ist, dürfte den meisten, die uns kennen, jedoch nicht sehr schwerfallen. Obwohl hiermit eines der Neuenburger Aushängeschilder wegfiel, schien Robin trotzdem keine Mühe zu haben, ein tagesfüllendes Kantons-Programm für uns zusammenzustellen. Auf dass wir im fernen Westen nicht verhungern müssen, repetierten wir also am Vorabend nochmals all unser Französisch-Vokabular aus der Schule und machten uns dann frühmorgens auf in den schönen Kanton Neuenburg. Allons à Neuchâtel!

Roche-de-Moron

Biegt man Eingangs La Chaux-de-Fonds Richtung Nordwesten ab und folgt dem Strassenverlauf rund eine Viertelstunde, kommt man in die Gemeinde Les Planchettes, genauer gesagt zum Roche-de-Moron. Vor dem gleichnamigen Restaurant befindet sich ein Aussichtspunkt mit spektakulärer Sicht auf den Doubs. Der fantastische Anblick des sich durch das grün bewaldete Felsental schlängelnden Flusses, erinnerte uns unweigerlich an den Saguenay-Fjord in Québec. Wer am Montag und Dienstag anreist, sollte aber an Verpflegung denken. Das Restaurant Roche-de-Moron hat an diesen Tagen nämlich geschlossen.

Les Brenets (Bootsfahrt auf dem Doubs)

Natürlich aber wollten wir den Doubs, welcher die Schweiz von Frankreich trennt, nicht nur aus der Ferne bestaunen. So fuhren wir nach Les Brenets und machten eine kleine Bootstour. Nach einer kurzen Mittagspause im kleinen Hafen von Les Brenets, bestiegen wir das Boot und fuhren zum Saut-du-Doubs. Die Schifffahrt dorthin bei strahlend blauem Himmel, war schlichtweg traumhaft. Der grüne Fluss und die weissen Kreidefelsen auf beiden Seiten ergeben einen wunderschönen Kontrast. Fürs perfekte Bild fehlte eigentlich nur noch Winnetou, wie er mit seinem Kanu über den Fluss paddelt. Dieser erschien aber leider nicht, dafür zeigte sich uns eine Familie von Gämsen in der Felswand nur wenige Meter über dem Wasser. Wieder bekommt mich ein leises Gefühl von Fernweh nach Kanada.

Malerisch: Eine Schifffahrt auf dem Doubs, welcher hier die Grenze zu Frankreich bildet. Bild: REN

Les Brenets (Saut du Doubs)

Die 15 Gehminuten von der Anlegestelle zum Wasserfall sind schnell und einfach bewältigt. Sie führen vorbei an einigen kleinen Ruinen, welche früher mit Mühlrädern besetzt waren. Der Wasserfall selbst ist dann zwar sehr schön anzusehen, allerdings sind mir in meinem Leben auch schon spektakulärere Exemplare begegnet. Die beste Sicht auf den Fall geniesst man im Übrigen von der französischen Seite aus, welche man einfach über eine kleine Fussgängerbrücke erreichen kann.

Der Doubs - hier von Roche-de-Moron aus betrachtet - mäandert durch das Juragebirge. Bild: REN

Le Locle

Le Locle und seine Nachbarstadt La Chaux-de-Fonds gehören zum Unesco-Weltkulturerbe. Wer hier auf schöne altertümliche Häuser und eine nette kleine, mittelalterliche Altstadt hofft, wird allerdings bitter enttäuscht. Es ist in erster Linie die Geschichte der beiden Uhrenstädte, welche hier geschützt wird. Ein bekanntes Wahrzeichen des Kantons lässt sich allerdings trotzdem finden. Es handelt sich um das 1918 erbaute Rathaus der Stadt, das Hotel de Ville. Wer noch etwas mehr Zeit hat, findet an einem heissen Tag Abkühlung in der unterirdischen Mühle – «Moulins souterrains du Col-des-Roches» – südlich von Le Locle.

Eindrücklich: Das Stadthaus von Le Locle. Bild: REN

La Brévine

Das «Sibirien der Schweiz», so nennt sich La Brévine. Tatsächlich hält dieses Tal seit 1987 den Schweizer Frostrekord. Damals wurden hier satte -41,8 Grad gemessen. Von dieser Temperatur wich das Thermometer an diesem Tag jedoch gut 65 Grad ab. Während das flache Hochtal im Sommer hauptsächlich von den Bauern der Region beackert wird, gilt es im Winter als Mekka für Langläufer und Winterwanderer.

Der kälteste Ort der Schweiz: La Brévine im Neuenburger Hinterland. Bild: REN

Neuenburg

Über das Val-de-Travers mit seiner Absinth-Strasse und der reichhaltigen Geschichte der bis in die 00er Jahre in der Schweiz verbotenen «Grünen Fee» fuhren wir zurück in Richtung Stadt Neuenburg. Natürlich unterliessen wir es nicht, den berühmten Creux du Van trotzdem noch eines kleinen Blickes zu würdigen. Dies allerdings aus oben genannten Gründen nur von einem kleinen Parkplatz neben der Strasse aus. Es war ein langer Tag und es zog uns nun doch langsam aber sicher zum Feierabendbier in die Hauptstadt. Neuenburg überraschte uns mit einigen coolen Restaurants & Bars direkt am See. Auch die für meinen Geschmack etwas zu moderne Altstadt hält einige nette Plätze bereit. Auf den Besuch im Schloss – einem der Wahrzeichen der Stadt – haben wir verzichtet. Schliesslich können wir ja nicht immer nur den Kirchen, Schlössern und Burgen nachjagen.

Toller See, wunderbare Promenade und eine rundum angenehme Stadt: Neuchâtel weiss zu gefallen. Bild: REN

Fazit

Für die Bootsfahrt auf dem Doubs gibt es die vollen zehn Punkte. Auch wenn wir noch nicht mal in der Hälfte der Challenge angekommen sind, dürfte diese Gegend seinen Platz in meiner persönlichen Highlight-Box auf sicher haben. Aufgrund der Vielzahl von Attraktionen in diesem Kanton, würde ich für meinen nächsten Aufenthalt wohl zwei bis drei Tage aufbringen wollen. Für einen Tagesausflug mit rund zwei Stunden Anfahrtszeit ist Neuenburg dann halt doch zu vielfältig. Wer sich aber nur auf ein oder zwei Highlights konzentrieren möchte, kann dies durchaus in einem Tag schaffen. Ich persönlich aber bin nach diesem Ausflug in erster Linie dankbar dafür, meine erste Assoziation mit Neuenburg – das Gesicht von Gilbert Gress – endlich beiseitelegen zu können und durch ein paar wunderschöne neue Bilder ersetzen zu dürfen.