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Die TCS-App und deren Modul «Travel Safety» löst Warn- und Hilfemeldungen aus für Reisende, die sich in Gefahrensituationen befinden. Bild: TCS/Fotolia

«Reisende erhalten im Krisengebiet eine Push-Nachricht»

Gregor Waser

Der TCS kann jetzt mit der App «Travel Safety» bei Erdbeben, Waldbränden, Terror und Streiks noch schneller reagieren. Philippe Klaus, Leiter Personen-Assistance, erläutert im Interview die Hintergründe und das neue Tool.

Philippe Klaus, Leiter Personen-Assistance beim TCS.

Herr Klaus, Sie haben die TCS-App mit dem Frame «Travel Safety» ausgebaut – mit welcher Absicht?

Philippe Klaus: Wir verzeichnen einen starken Zuwachs von ausserordentlichen Ereignissen, seien es Naturkatastrophen, Terroranschläge, medizinische Krisen, Streiks oder Unruhen. In den letzten drei Jahren haben wir den Prozess eingeleitet, dies stärker zu monitoren und den Reisenden besser zu informieren und zu betreuen. Wir möchten als TCS an der Seite unserer Mitglieder sein – und nicht mehr nur auf den Anruf eines Hilfesuchenden warten, sondern schon vorher Reisende mit Informationen versorgen, um möglichen Zwischenfällen vorzubeugen.

Nimmt die Anzahl Ereignisse effektiv zu oder ist das nur eine subjektive Wahrnehmung?

2017 verzeichneten wir 17 ausserordentliche Ereignisse. Im laufenden Jahr stehen wir derzeit bereits bei 14 Ereignissen und werden bis Ende Jahr wohl deutlich über dem Vorjahr liegen. Wir leben in einer globalen Welt. Alle Erdteile werden zu Reisedestination. Zudem verschieben sich politische Machtverhältnisse schneller. Wir stellen viele Wetterextreme fest. Und weiter spielt die Informationsgesellschaft, die in Echtzeit alles erfährt, auch eine Rolle. Vor 20 Jahren hätte es länger gedauert, aktuelle Informationen aus Lombok zu erhalten.

Was kann die neue App?

Das neue Modul bietet Informationen, Hilfe und Ratschläge beim Eintritt potentiell gefährlicher Ereignisse auf Reisen. Mittels der App und einer Internetverbindung vor Ort können Personen im Ausland geortet werden und individuelle, verlässliche Informationen erhalten. Die App ist in Zusammenarbeit mit Securaxis entstanden. Das Genfer Start-up ist im humanitären Bereich tätig und unterstützt NGOs und deren Mitarbeitende in Krisengebieten. Wir konnten das Tool auf unsere Bedürfnisse ummünzen.

«Wir können etwa feststellen, wer sich im Umkreis von 30 Kilometern zum Epizentrum aufhält»

Welche Herausforderung stellt sich dabei für den TCS?

Wir wissen a priori nicht, wo unsere Versicherten unterwegs sind. Wichtig ist, dass die App eine Lokalisierung bietet beim Auftritt eines Ereignisses. So können wir etwa feststellen, wer sich im Umkreis von 30 Kilometern um das Epizentrum in Lombok befindet. Diese Leuten kann man per Push-Nachricht warnen und ihnen wichtige Informationen zukommen lassen, wie sie sich zu verhalten haben. Zudem verfügen wir neu über einen Aktivmodus. Wer diesen nutzt, sendet alle zwei Minuten aktiv seine Positionsdaten. Und wir können gegebenenfalls feststellen, ob wir aktiv werden müssen.

Kann die App auch ohne Roaming benutzt werden?

Wir stellen fest, dass immer mehr Reisende die Roaming-Funktion auch im Ausland benutzen, um ihre Services auch unterwegs zu nutzen. Gleichzeitig senken die Telekomanbieter die Gebühren. Aber auch wenn das Roaming ausgeschaltet ist, kann man die App nutzen. Wir können bei verfügbarem WLAN – etwa wenn sich Reisende im Hotel aufhalten – die Positionsdaten übermitteln. Wenn der Reisende, auch ohne Roaming, sich nun einem Krisenpunkt nähert, kann eine Warnung vom TCS via SMS empfangen werden. Ab Herbst reagiert die App dank GPS-Daten und kann automatisch eine Push-Nachricht auslösen.

Die App ist mit einem «Info Feed» versehen – mit welchem Zweck?

Das ist ein zweites Modul, das laufend objektive Informationen zu kritischen Ereignissen bietet, sowie nationale und internationale Themen rund um Mobilität, Reisen und Gesundheit. Hier denken wir auch an Angehörige, wenn deren Familienmitglieder in kritischen Regionen unterwegs sind, so sind sie nicht vom Infofluss abgeschnitten. Hier erfährt man – journalistisch aufbereitet –, was wo passiert. Für die Produktion von gesundheitlichen Informationen arbeiten wir eng mit dem Notfallzentrum des Inselspital Bern zusammen. «Travel Safety» wiederum ist ein Assistance-Tool für die Leute, die betroffen sind.

Wie verhält es sich mit dem Datenschutz? Sie können Reisende nun so ja weltweit lokalisieren.

Die Personendaten werden vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben, gemäss den rechtlichen Bestimmungen in der Schweiz. Nach drei Monaten werden die Daten anonymisiert.

Mit wievielen Nutzern rechnen sie?

Heute zählt der ETI-Schutzbrief 630‘000 ETI-Schutzbriefinhaber, total verfügt der TCS über 1,5 Millionen Mitglieder. Davon haben derzeit rund 10 Prozent die App heruntergeladen. Die Anzahl aktiver Nutzer liegt derzeit im hohen vierstelligen Bereich. Wir hoffen auf eine baldige noch breitere Nutzung. Je mehr Leute die App nutzen, desto einfacher wird es für uns, Hilfe zu koordinieren.