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Unregelmässigkeiten bei der statistischen Zuteilung von Besuchern mit Visum? Oder künstliche Verschönerung schlechter Zahlen? Bild: Fotolia

Die USA haben sich verzählt

Offenbar stimmen die offiziell erhobenen Einreisezahlen von ausländischen Besuchern nicht – sie müssten höher liegen. Die Probleme des US-Tourismus löst dies allerdings nicht.

Der US-Tourismus durchlebt schwere Zeiten: Der globale Marktanteil am touristischen Aufkommen von 13,9 Prozent im Jahr 2015 auf 11,9 Prozent im Jahr 2017 zurückgegangen. Dies in einer Periode, wo die globale Reisetätigkeit um 7,9 Prozent gestiegen ist. Über die Gründe wurde regelmässig diskutiert und spekuliert, und im öffentlichen Diskurs ist gerne vom «Trump Slump» die Rede, also von einer Teil- oder gar Hauptschuld des umstrittenen US-Präsidenten an der Misere.

Und jetzt das: Das National Travel and Tourism Office (NTTO), eine Administrationseinheit im US-Wirtschaftsministerium, lässt auf seiner Webseite wissen, dass die Einreisezahlen internationaler Besucher, ausgenommen von Kanada und Mexiko, für 2016 und 2017 falsch angegeben wurden. Die anhand des Einreiseformulars I-94 erhobenen Besucherzahlen würden dieses Jahr nochmals überprüft; das NTTO geht davon aus, dass zu wenige Einreisen gezählt wurden, weil zahlreiche Einreisende mit Visum fälschlicherweise als US-Bürger identifiziert und folglich falsch zugeteilt wurden.

Das NTTO will nun mit dem Heimatschutzministerium (Department of Homeland Security, DHS) und der Grenzschutzbehörde (Customs & Border Protection, CBP) die Gründe für diese Fehlzählung analysieren. Näheres wurde nicht bekannt gegeben – und der Zeitpunkt dieser Ankündigung, nach zwei Jahren mit rückläufigen Zahlen, ist zumindest überraschend. Bis auf Weiteres werden keine weiteren/neuen Einreisezahlen kommuniziert.

Die Zahlen aus visumsbefreiten Quellmärkten wie etwa der Schweiz dürften nicht tangiert sein. Das NTTO spricht zwar von «signifikanten Fehlzählungen» - bei rund 7 Millionen I-94-Formularen von 2015 fehlt ein klar zuweisbares Herkunftsland, für 2016 bei rund 3,1 Millionen, was rund 8,5 bzw. 5,3 Prozent der gesamten erhobenen Zahlen ausmacht. Dennoch dürfte sich auch eine leichte Verbesserung der internationalen Einreisezahl-Statistiken kaum positiv auf den Marktanteilsschwund der USA auswirken.

Tori Barnes, Senior Vice President for Government Relations bei der U.S. Travel Association, äussert sich auf der Webseite des US-Tourismusverbands folgendermassen: «Internationale Einreisen sind eine wichtige Komponente der US-Wirtschaft. Deshalb sind wir auf korrekte Zahlen diesbezüglich angewiesen und begrüssen die Initiative des Wirtschaftsdepartements, diese Zahlen zu berichtigen. Aber selbst wenn die offiziellen Daten stärkere Besucherzahlen für die USA für 2017 zeigen als ursprünglich angegeben, ändert dies nichts am Umstand, dass die USA Marktanteil verlieren, während die internationale Reisetätigkeit global jährlich zunimmt.»

(JCR)