Destinationen

Der aus Marseille stammende Frédéric Tambon freut sich nach sieben Jahren in Südkorea auf seine zweite Direktoren-Position bei Atout France, diesmal für die Schweiz und Liechtenstein. Das Büro in Zürich hat er vor wenigen Wochen bezogen. Bild: TN

«Wir planen einen grossen Relaunch für die Destination Paris»

Jean-Claude Raemy

Frédéric Tambon ist seit Juni neuer Direktor der französischen Fremdenverkehrszentrale Atout France in Zürich. Im Interview mit travelnews.ch erklärt der Südfranzose erstmals öffentlich, was er in den kommenden Monaten vorhat.

Herr Tambon, erzählen Sie etwas über sich und über Ihren Werdegang.

Frédéric Tambon: Ich stamme ursprünglich aus Marseille und haben einen Abschluss in Ökonomie des Centre des Hautes Études Touristiques in Aix-en-Provence, sowie ein Master in Marketing der ESCP in Paris. Ich habe mich also von Beginn weg auf den Tourismus ausgerichtet. Ich habe mich früh auf Geschäftsentwicklung spezialisiert, zunächst für die französischen Überseeinseln La Réunion und Neukaledonien, später am Flughafen von Marseille. Danach habe ich Studiengänge bei Euromed Management in Marseille geleitet, bevor ich 2008 bei Atout France eintrat, zunächst als Development Manager Mediterranean Area. Im August 2010 hatte ich dann die Möglichkeit, das Büro von Atout France in Seoul zu eröffnen und bin dann sieben Jahre als Direktor in Südkorea geblieben. Im Rahmen des normalen, üblicherweise allerdings sechsjährigen Turnuswechsels wurde ich nun nach Zürich versetzt.

Was sind ihre ersten Eindrücke des Schweizer Markts im Vergleich zu Korea?

Meine Aufgabe hier ist komplett anders. Für die Koreaner bestand Frankreich praktisch nur aus Paris. Es galt, dort das Bewusstsein für andere Regionen und Attraktionen Frankreichs zu entwickeln. Ich habe auch versucht, aktiv Flugverbindungen aufzubauen; Korean Air legte dann tatsächlich mal einen Charterflug von Seoul nach Marseille auf.

Die Schweizer kennen Frankreich natürlich viel besser. Trotzdem war ich bei ersten Branchenanlässen, die ich besucht habe, über die Tiefe und Breite der Frankreich-Kenntnisse der Schweizer überrascht. Darauf lässt sich natürlich aufbauen.

Sie haben aber sicher auch festgestellt, wie heterogen der Schweizer Markt ist.

Klar. Die Romands haben eine grössere kulturelle und geographische Verbundheit zu Frankreich, dort rennt man eher offene Türen ein. Es ist trotzdem sehr wichtig, den Romandie-Markt intensiv zu bearbeiten. Die Konkurrenz unter den globalen Feriendestinationen ist gross, da darf man sich nicht ausruhen.

Die Deutschschweizer sind, so scheint es mir, noch stärker dem internationalen Konkurrenzkampf der Destinationen ausgesetzt. Für die französischen Partner, welche die Deutschschweiz mit Promotionen bearbeiten wollen, stellt sich auch das Problem, dass alles auf Deutsch gemacht werden muss. Dieser Markt erfordert also etwas mehr Arbeit. Die ist es aber Wert. Und das ist auch der Grund, weshalb unser Büro in Zürich und nicht etwa in Genf ist.

«Die Konkurrenz unter den globalen Feriendestinationen ist gross, man darf sich nie ausruhen.»

Was sind ihre nächsten Arbeitsschritte in der Schweiz?

Zuerst einmal muss ich mir hier ein Netzwerk aufbauen. Ich werde sicherlich mit dem SRV, dem Corps Touristique, den wichtigen Playern in der Tourismusbranche, aber auch mit Akteuren aus anderen Branchen wie der Finanzindustrie in Kontakt treten. Man muss schliesslich wissen, mit wem man es zu tun hat in den kommenden Jahren.

Weiter geht es natürlich um unsere Kernaufgabe, Reisen nach Frankreich zu promoten. Die Schweizer wollen Erlebnisse, Qualität und Originalität. Wir müssen zeigen, wie vielfältig Frankreich ist, und dies effizient kommunizieren.

Können Sie schon konkrete Angaben zu Projekten machen?

Zum Beispiel wollen wir eine Art «Relaunch» für Paris machen. Die Hauptstadt hat ein zusätzliches Budget für die weltweite Promotion bewilligt. Dies natürlich wegen den Rückgängen aufgrund der Attentate vergangener Jahre. Es geht aber nicht nur darum, verlorenes Geschäft zurück zu gewinnen. Paris wird in der Schweiz immer noch auf eine sehr traditionelle Weise wahrgenommen. Wir wollen das Image etwas entstauben. Es wird um Themen wie Architektur, Gastronomie, Nightlife und mehr gehen. Solche Themen werden bereits in unserem zweisprachigen Medien-Newsletter aufgenommen, den wir seit April für und mit Paris publizieren.Und 2018 haben wir eine spezielle Paris-Kampagne gemeinsamt mit dem CRT Paris-Ile-de-France, TGV Lyria und Voyages SNCF geplant.

Wie sind denn die Zahlen in Paris aktuell?

Im aktuellen Jahr sind die Besucherzahlen von Franzosen um 6 Prozent, von internationalen Besuchern gar um 16 Prozent gewachsen. Paris kommt zurück. Wobei es regionale Unterschiede gibt: Bei den Besuchern aus Asien liegt Paris gar 30 Prozent über dem Vorjahr.

Nizza wurde auch von einem Terrorakt getroffen. Wird dort auch etwas unternommen?

Natürlich. Nizza hat ebenso wie Paris die Budgets für die Tourismus-Promotion erhöht. Wir werden natürlich auch Nizza und die ganze Region Côte d’Azur ins beste Licht zu rücken wissen.

«Es wäre schön, wieder eine Flugverbindung von Zürich nach Marseille haben zu können.»

Das sind allerdings Städte und Regionen, welche im Schweizer Markt eigentlich ohnehin gut laufen. Was ist mit anderen Regionen?

Diese sind selbstverständlich auch im Fokus. Wir arbeiten bereits an den Marketingplänen für gewisse Überseegebiete – vor allem Neukaledonien zeigt grosses Interesse am Schweizer Markt – sowie mit diversen der neu gebildeten französischen Regionen. Dort beispielsweise mit den Regionen Burgund-Franche-Comté, Okzitanien oder Auvergne-Rhône-Alpes. Und mit Korsika sowieso.

Was ist mit ihrer eigenen Heimat Marseille?

Die Provence ist natürlich touristisch ein wichtiges Gebiet. Hier sehe ich meine primäre Aufgabe darin, wieder für eine direkte Fluganbindung zwischen Zürich und Marseille zu sorgen. Ich stehe da bereits in Kontakt mit dem Flughafen Marseille und einigen Fluggesellschaften. Ich denke, da ist Potenzial vorhanden, zumal die Konkurrenz durch den Zug nicht so stark ist wie in Genf, wo der Easyjet-Flug nach Marseille meines Wissens nicht so gut ausgelastet ist.

Die Provence generell ist ja beliebt, wobei dort auch ganz interessante Projekte entstehen, etwa das Kunstzentrum Luma in Arles. Das Mega-Projekt soll Arles ab 2018 zum neuen Bilbao machen, etwa mit einem von Frank Gehry erbauten Turm. Finanziert wird dieses Projekt übrigens weitgehend von Maja Hoffmann, aus der Schweizer Chemiedynastie Hoffmann-Laroche.

Gibt es noch andere wichtige Events 2018, die es zu promoten gilt?

Natürlich, etwa den Ryder Cup in Paris. Dieses Golfturnier ist das weltweit medial am drittbesten abgedeckte Sportereignis. Es findet in St. Quentin gleich ausserhalb von Paris statt. Für uns wird es darum gehen, auf die über 700 Golfplätze in Frankreich aufmerksam zu machen. Frankreich wird bis jetzt noch viel zu wenig als «Golfer-Ziel» wahrgenommen.

Welche Events stehen noch in diesem Jahr, in der Schweiz, an?

Im September stellt sich das Département Lozère in Lausanne vor, im November die Bretagne in Genf. In Zürich sind wir am 3. Oktober am Zürich Film Festival mit einem Event zugegen. An dieser «Soirée France» zielen wir primär auf MICE-Kunden und arbeiten hierfür mit den Partnern Dijon, Monaco, Deauville, Strassburg, La Baule und TGV-Lyria.

«Alle unsere Aktivitäten müssen digital begleitet sein.»

Noch eine Frage zur Umsetzung: Sie haben ja viel Erfahrung im Digitalbereich. Was bedeutet dies für Ihre Arbeit in der Schweiz?

Alle unsere Aktivitäten müssen digital begleitet sein. Bei Promotionen auf Plakaten oder sonst wo müssen die Direktbuchungsmöglichkeiten, also Links, klar ersichtlich sein. Wir wollen unsere Präsenz in den Sozialen Medien aufbauen und dabei vermehrt mit Bloggern und Influencern arbeiten. Mir ist klar, dass gerade die Schweizer Reisebranche im Vergleich etwa zu Korea noch sehr «traditionell» aufgestellt ist, dagegen ist auch nichts einzuwenden. Wir werden uns aber mehrheitlich auf B2C-Aktivitäten konzentrieren. Frankreich-Reisen werden nun mal recht wenig im Reisebüro verkauft. Was nicht heisst, dass wir mit den entsprechenden Partnern nicht auch diverse B2B-Events auf die Beine stellen werden.

Abschliessend noch eine persönliche Frage: Wie werden Sie ihre private Zeit in der Schweiz nutzen?

Da ich nun eine Wohnung in Zürich habe, brauche ich mich darum nicht mehr zu kümmern… Ich bin sportlich und mir gefällt, wie viele Sportarten hier ausgeübt werden. Ich werde sicherlich sehr oft Wanderungen in die Berge unternehmen. Gute Tipps sind willkommen!