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Klare Ansage auf einer Mauer des Olympiastadions auf dem Montjuic: Barcelonas Einwohner wollen weniger Touristen. Bild: Caligrafias Urbanas

Barcelona macht ernst im Kampf gegen Touristenmassen

Im Tourismus-Strategieplan 2020 ergreift die katalonische Metropole Massnahmen, dank welchen die Stadt wieder mehr den eigenen Einwohnern gehören soll.

Anfangs Jahr meldete Barcelona, dass ab März 2017 bis auf Weiteres keine neuen Hotels im Stadtzentrum mehr eröffnet werden dürfen – selbst wenn ein bestehendes Hotel schliessen sollte. Dies, weil aufgrund der Touristenmassen die Immobilien- und Mietpreise in der Stadt in den letzten Jahren massiv gewachsen sind. Das uferlose Wachstum des Bettenangebots, nota bene dank AirBnB, spielte dabei eine Rolle, aber auch Immobilien-Eigentümer, welche oft alteingesessene lokale Unternehmen verscheuchten, um für besser bezahlende Unternehmen im Tourismusbereich Platz zu schaffen.

Vorgestern hat nun Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau im Kampf gegen die Touristenmassen nochmals eine Schippe draufgelegt. Im «Strategischen Tourismusplan 2020» wird eine ganze Reihe von Massnahmen festgelegt, deren Ziel es klar ist, das Tourismuswachstum einzudämmen und die Stadt für die Lokalbevölkerung wieder angenehmer zu machen.

32 Millionen Touristen bei 1,6 Millionen Einwohnern

Vorauszuschicken ist hierbei, dass Barcelona rund 1,6 Millionen Einwohner zählt und mit Paris und Athen zu den am dichtesten besiedelten Grossstädten Europas zählt. Allein im vergangenen Jahr wurden aber 32 Millionen Touristen gezählt. Die engen Gassen der Altstadt sind chronisch verstopft, billige Touristen-Shops und –Attraktionen haben im Zentrum lokale Geschäfte verdrängt und die Kleinkriminalität ist mit den Touristenmassen gewachsen; dazu kommt die bereits erwähnte Teuerung, welche den Erwerb oder die Miete von Wohnungen im Stadtzentrum für die Bevölkerung praktisch unerschwinglich macht. Obwohl der Tourismus inzwischen 14% zur Wirtschaftsleistung der Stadt Barcelona beiträgt, ist das Mass bei den Einwohnern Barcelonas längst voll.

Der Strategische Plan 2020 sieht nun vor, die Anbieter  touristischer Angebote an eine kurze Leine zu binden. Im Visier sind alternative Unterkunftsmöglichkeiten im Stile von AirBnB. Unter anderem wird die Eigentumssteuer auf Ferienwohnungen sehr hoch sein; dazu werden keine Lizenzen für neue Touristen-Appartements ausgegeben. Im Non-Hotel-Bereich versucht die Regierung, mehr Regulierung zu schaffen, damit Privatvermietung, Bed & Breakfast und dergleichen nicht weiterhin einen Wildwuchs erfahren. Geplant ist etwa, dass vorgeschrieben wird, wie viele Zimmer und für welche Zeitdauer vermietet werden darf.

Eine zweite Säule in diesem Kampf ist, Barcelona weniger attraktiv für Tagestouristen zu machen. So müssen Touristenbusse, welche beim Montjuic-Brunnen parken, künftig statt 4 Euro neu 34 Euro bezahlen. An den Strandpromenaden soll die Anzahl Segways und sonstiger Fortbewegungsmittel limitiert werden, dazu sollen gewisse Zonen zu reinen Fussgängerzonen umfunktioniert werden. Nicht zuletzt soll der Wildwuchs an Restaurant- und Bar-Terrassen durch Regulierung so eingedämmt werden, dass die Trottoirs und Fussgängerzonen wieder besser passierbar sind.

Notwendige Massnahmen?

Barcelona zieht die Massnahmen also trotz Protesten der Tourismusindustrie durch. Die Lokalkultur wird geschützt gegen eine Industrie, welche auf stetes Wachstum und damit auch auf Verdrängung der Lokalbevölkerung angewiesen ist. Oder anders formuliert: Ein ewiges touristisches Wachstum ist nicht möglich und die städtischen Behörden sind damit konfrontiert, mit aus Sicht der Wirtschaft unpopulären Massnahmen für Lebensqualität sorgen zu müssen. Tourismus wird zwar als wichtiger Wirtschaftsfaktor anerkannt, aber weil die Lokalbevölkerung nur sehr bedingt oder in kleinen Teilen von dieser Geldmaschine profitiert, sind Massnahmen nötig.

Andere Städte wie Amsterdam haben auch bereits damit angefangen, die Lokalbevölkerung gegenüber den touristischen Einkünften zu priorisieren. Eine aus Sicht der Reisebranche sicherlich schwierige, aber auch notwendige Entwicklung.

(JCR)