Destinationen

Sri Lanka macht vorwärts

Nach Bürgerkrieg und Tsunami blüht Sri Lanka wieder auf – und wird zur Trend-Destination.

Sri Lanka ist ein ideales Reiseland: Die Insel im Südosten Indiens ist anderthalb Mal so gross wie die Schweiz und damit einigermassen überschaubar. Sie hat eine reiche Geschichte, die einem an diversen Schauplätzen plastisch vor Augen geführt wird. Kulturtourismus ist hier ebenso möglich wie Gesundheitsferien, zum Beispiel in einem Ayurveda-Resort. Und zum Baden laden 1000 Kilometer prachtvolle Strände.

Doch Sri Lanka hat eine schwierige Vergangenheit: Ab Anfang der 1980er-Jahre schwelte ein blutiger Konflikt zwischen der singhalesischen, buddhistischen Mehrheitsbevölkerung und den – einst aus Indien eingewanderten – hinduistischen Tamilen, welche versuchten, im Norden und Osten der Insel einen eigenen Staat zu errichten. Es gab auf beiden Seiten Attentate, Morde und Gräueltaten; die Armee und die separatistischen Tamil Tigers lieferten sich eigentliche Schlachten. Ende 2008, Anfang 2009 machte die Regierung dem Bürgerkrieg mit einer massiven militärischen Intervention ein Ende.

Neue Normalität

Inzwischen, fast neun Jahre später, ist von diesen Wirren nichts mehr zu spüren. In der Hafenstadt Trincomalee an der Ostküste zum Beispiel, einst von den Tamil Tigers beherrscht, leben diverse Ethnien friedlich zusammen: tamilische Hindus, singhalesische Buddhisten, Christen, Muslime. Die neue Normalität in der 100‘000-Einwohner-Stadt wird einem beim Besuch des farbenprächtigen hinduistischen Tempels Tirukoneswaram bewusst. Die Kultstätte thront auf einem Felsen hoch über dem portugiesischen Fort, das als Armeebasis dient. Wer zum Tempel will, muss diese durchqueren, was ohne jede Kontrolle vonstattengeht: Die sri-lankische Armee scheint sich sehr sicher zu sein, dass hier keine Probleme mehr aufflammen.

Während des Bürgerkriegs waren die tamilischen Siedlungsgebiete im Norden und Osten Sri Lankas für Reisende gesperrt. Am 26. Dezember 2004 ereignete sich zudem eine Naturkatastrophe biblischen Ausmasses: Der Tsunami verwüstete die Ostküste. Nun sind die Wunden vernarbt, und an der Küste mit ihren kilometerlangen, weitgehend noch menschenleeren Stränden sind die ersten Hotelanlagen entstanden: In der Bucht von Passekudah, 100 km südlich von Trincomalee, zum Beispiel das Uga Bay Resort, oder 30 km nördlich von Trincomalee das noch exklusivere Uga Jungle Beach Resort.

Einblicke in die Geschichte

Im Hochland zwischen der Hauptstadt Colombo an der West- und den Tamilengebieten an der Ostküste bieten sich tiefe Einblicke in die Geschichte der Insel: das Ruinenfeld von Anuradhapura, der ersten Hauptstadt Sri Lankas, gegründet um 400 v. Chr. gegründet. Oder der Felsen von Sigiriya, eine Bergfestung 80 km südöstlich von Anuradhapura . Die Hauptstadt des zweitältesten Reiches, Polonnaruwa, ist ebenfalls einen grossen Umweg wert. Und das gilt natürlich auch für Kandy, die Hauptstadt des letzten singhalesischen Königreiches, das erst 1815 von den Briten erobert wurde.

Bei den alten Hauptstädten kann man ebenfalls stilvoll nächtigen: Im Resort Jetwing Vil Uyana bei Sigiriya zum Beispiel in Villen und Pfahlbauten, die sich um künstliche Seen gruppieren. Oder im Ulagalla Resort bei Anuradhapura, das mitten in Reisfeldern und dem Dschungel liegt, 23,5 Hektar gross ist, aber nur 20 Villen für maximal 60 Gäste umfasst.

Um 200 Prozent zugelegt hätten die Sri Lanka-Buchungen dieses Jahr im Vergleich zum letzten, sagt Stephan Roemer, der Inhaber und Geschäftsführer des Asien-Spezialisten Tourasia in Wallisellen ZH. Auch bei Manta-Reisen in Zürich, auf die Region des Indischen Ozeans spezialisiert, spürt man diesen Trend, wie Geschäftsleiter Andreas Zgraggen bestätigt, ebenso bei Knecht-Reisen in Windisch. Doch der Boom hat seine Schattenseiten, wie die Spezialisten bestätigen: „Sri Lanka ist für uns eine schwierige Destination“, sagt Christoph Huckele, bei Knecht für das Marketing zuständig. Vor allem werfe die fehlende Zuverlässigkeit von lokalen Partnern manchmal Probleme auf.

Stephan Roemer von Tourasia führt das „noch etwas mangelnde Verständnis für das Erbringen von Dienstleistungen“ darauf zurück, dass sich der Tourismus wegen des Kriegs „in den letzten 25 Jahren nicht entwickeln konnte“, und dass deshalb auch das Ausbildungsniveau der Menschen, die in der Reisebranche tätig sind, wie auch das Hotel-Angebot nicht mit den Anforderungen Schritt gehalten haben. Jetzt mache Sri Lanka allerdings vorwärts, sowohl bei den Dienstleistungen als auch der Infrastruktur, beteuert Roemer. Doch auch das spürt man: Vielerorts wird an den Strassen gebaut; man kommt im ebenso dichten wie abenteuerlichen Verkehr oft nur langsam voran.

Wenn man die Gelassenheit aufbringt, um solche lokalen Gegebenheiten zu akzeptieren, ist Sri Lanka allerdings, wie gesagt, ein ideales Reiseland.

(-GEL)